Gelsenkirchen. . Der Cirque Bouffon feierte im ausverkauften Zelt vor dem Gelsenkirchener Musiktheater Uraufführung. Die Show „Lafolia“ wurde begeistert gefeiert.

Eine hübsche Frau klimpert versonnen auf dem Klavier vor sich hin, als sich plötzlich eine dritte Hand aus dem Holz schält und winkt. Wow! Das Innere des Pianos, es scheint zu leben. Zumindest in der völlig verrückten Welt des „Cirque Bouffon“, der am Mittwochabend im ausverkauften Zelt vorm Musiktheater im Revier die umjubelte Uraufführung seiner neuen Kreation feierte.

Die Musik bildet den roten Faden durch das neue Programm, hier gespielt von Agnes Pelé und Oleg Nehls.
Die Musik bildet den roten Faden durch das neue Programm, hier gespielt von Agnes Pelé und Oleg Nehls. © Heinrich Jung

Der Name ist Programm: „Lafolia“ heißt es, und das meint soviel wie „Verrücktheit“ oder „Wahnsinn“. Passt, und ganz besonders auf diese neue Show. Ein wenig weniger poetisch, mystisch und sinnlich ist sie als die früheren, dafür ein bisschen artistischer, frecher, frischer. Sehenswert ist sie auf jeden Fall. „Lafolia“ lädt ein zu einer Reise voller Überraschungen, bei der auch kleine Dinge ganz groß raus kommen. Ein Muss für alle Freunde des etwas anderen Zirkus-Spektakels, das ohne Tiere auskommt, dafür aber mit viel Fantasie, Witz und Körperkunst.

Die Musik fungiert als roter Faden

Den roten Faden durch die abgedrehte Show der 12 Artisten aus sechs Nationen knüpft die Musik. Sie begleitet live die muntere Truppe, in der jeder einfach alles zu können scheint, treibt sie voran, umschmeichelt sie. Den prägenden, ganz einmaligen Klang schrieb auch diesmal der ukrainische Kontrabassist Sergej Sweschinskij als musikalischer Leiter dem Ensemble perfekt auf den Leib. Sein Sound von melancholischer Weltmusik, balladesk, jazzig und auch mal rockig, prägt den Cirque Bouffon.

Körper schweben scheinbar schwerelos durch den Raum.
Körper schweben scheinbar schwerelos durch den Raum. © Heinrich Jung

Die einzelnen Elemente fügte auch diesmal Zirkusgründer und -direktor Fréderic Zipperlin kunstvoll zu einem funkelnden Kaleidoskop zusammen. Und auch diesmal sitzen die 400 Besucher ganz nah dran am Geschehen. Die kreisrunde Manege ist ebenso Spielort die wie das ganze charmant ausgestattete Zelt, durch das die Musiker wandern, und die nachtblaue Chapiteau-Kuppel.

Fitness-Persiflage im goldigen Dress

Ein leicht abgerocktes Klavier dominiert die Mini-Bühne im ersten Teil, im zweiten haben es die Artisten unter die Decke gezogen. Sarah El Shamy weiß es kunstvoll zu spielen, während Clownin Olivia Weinstein mit Löwenmähne aus dem Inneren des Instruments klettert. Zusammen mit Clown Joel Brown verbindet sie mit witzigen Einlagen die einzelnen Szenen zu einem fließenden Ganzen. Herrlich ihre Fitness-Persiflage im goldigen Dress, wunderbar des Komikers Tanz mit Kleiderbügeln und Krückstöcken. Das Große liegt hier oft im Einfachen.

Witzige Showeinlage mit Artisten und Metronomen.
Witzige Showeinlage mit Artisten und Metronomen. © Heinrich Jung

Artistische Höchstleistungen und Körperkunst vom Feinsten fügten sich mühelos ein in diesen abgedrehten Reigen. Roxana Küwen ließ die Zehen einzeln zauberhaft tanzen und jonglierte am Seil mit weißen Bällen. Anna Abrams verknotete sich hoch unter der Kuppel am Seil und ließ sich so atemberaubend schnell durch die Luft schwingen, als wollte sie durch die Decke gehen.

Ein Publikum in Euphorie

Marie Le Core führt in sicherer Balance einen Spitzentanz auf Weingläsern und Sektkelchen auf, während bei Florent Lestage die Kegel durch die Luft kreisen. Agnes Pelé singt sirenengleich zum Klang ihrer Geige. Die Pianistin spielt natürlich nicht nur Klavier, sie sorgt auch für die Percussion. Oleg Nehls ist irgendwie immer präsent mit dem schmelzenden Sound seines Akkordeons.

Geschicktes Spiel mit Zehen und Bällen: Artistin Roxana Küwen.
Geschicktes Spiel mit Zehen und Bällen: Artistin Roxana Küwen. © Heinrich Jung

Und ganz am Ende einer fast dreistündigen Show lassen die Artisten das Klavier langsam wieder zu Boden. Die Clownin öffnet vorsichtig den Deckel und klettert zurück ins hölzerne Instrument. Die Musik ist aus, das Spiel vorbei.

Für das euphorisierte Publikum noch nicht ganz. Das feiert noch lange begeistert das singende und musizierende Ensemble, den Rhythmus der Musik stehend mitklatschend.

Weitere Auftritte folgen

>>Info: Der Cirque Bouffon bleibt bis zum 28. April in der Stadt. Vorstellungen auf dem Theatervorplatz am Kennedyplatz 1 gibt es mittwochs bis freitags 19.30 Uhr, samstags 14.30 und 19.30 Uhr, sonntags 14.30 und 17.30 Uhr.

Komfortsitze kosten ab 34 Euro, Tribünenplätze ab 24 Euro, Kinder (5-14 Jahre) zahlen 15 Euro. Das Zelt ist beheizt. Karten gibt’s an der Theaterkasse und an der Abendkasse.