Blasenkrebs war das Thema des WAZ-Medizinforums mit drei Urologen im Bergmannsheil. Blut im Urin: Das soll man nicht auf die leichte Schulter nehmen, so ihr Rat, dann zum Arzt zu gehen
Hinter Dr. Stephan Miller ist ein Bild an die Wand projiziert. Es zeigt den Pool gleich neben der Kokerei Zollverein. Darin und rundherum sind viele Menschen zu sehen. Sie alle erhöhen ihr Risiko, an Krebs zu erkranken. Die einen dadurch, dass sie sich regelmäßig die Haare färben. Die anderen, weil sie Kleidung aus Fernost tragen, die mit giftigen Chemikalien gefärbt sein kann. Denn tatsächlich steigert beides das Risiko, an Blasenkrebs zu erkranken.
Und genau der stand am Mittwoch im Mittelpunkt des WAZ Medizinforums im Bergmannsheil in Buer mit dem Titel „Blut im Urin - Was nun?”. Als Referenten waren Dr. Stephan Miller, Chefarzt der Urologischen Klinik im Bergmannsheil, und Uwe Forner, Oberarzt der Klinik, geladen. Aber auch der niedergelassene Urologe Thomas Peiler stand den knapp einhundert Gästen Rede und Antwort. Entsprechend der Reihenfolge für den Patienten machte der Urologe auch im Vortrag den Anfang, erklärte zu nächst Symptome und Diagnosemöglichkeiten.
Die Risikogruppen
„Etwa drei Prozent aller bösartigen Tumore in Deutschland sind Blasentumore”, erklärte Peiler, der erläuterte, dass drei Viertel der Patienten männlich sind. Allerdings, die Zahl der Frauen, die an Blasenkrebs erkranken, steige. Denn sie seien immer mehr den ähnlichen Risiken wie Männern ausgesetzt. „Ein Risikofaktor ist die chronische Harnblaseninfektion”, so Peiler. Vor allem aber ist das Rauchen eine große Gefahr. So seien 30 bis 70 Prozent der Erkrankungen auf Nikotinkonsum zurück zu führen. Und spezielle Berufsgruppen sind gefährdet. „Der Blasenkrebs ist seit 1937 als Berufskrankheit anerkannt. Besonders betroffen sind Mitarbeiter der Farbindustrie, der Gummi-Industrie, der Kohleindustrie, Textilfärbung aber auch Friseure.” Wobei wir wieder bei den Farben wären.
Die Diagnose
Wenn nun Blut im Urin festgestellt ist, gibt es mehrere Diognosemöglichkeiten. Auf die Urinuntersuchung folgt standardgemäß das Ultraschall. Weitere Möglichkeiten eröffnen das Röntgen der Harnwege, die Blasenspiegelung und die Gewebeentnahme, die häufig bereits im Krankenhaus geschieht. Denn oft ist diese Diagnose bereits die Therapie. „Die Tumorabtragung geschieht unter Vollnarkose oder Spinalanästhesie. Mit einer mit Hochfrequenzstrom betriebenen Schlinge wird endoskopisch das Tumorgewebe vollständig abgetragen und über den Harngang entfernt”, erklärte Uwe Forner. Nach einer solchen Operation verbleibt noch 36 bis 48 Stunden ein Katheter in der Blase. Nach einer Urinkontrolle auf eine eventuelle Entzündung kann der Patient nach Hause. Eine zentrale Botschaft der Urologen: Keine Angst vor der Blasenspiegelung und keine Angst vor dem Blasenkatheter.
Allerdings, fünf Jahre lang muss der Patient alle drei Monate zur Blasenspiegelung. Da Blasentumore häufig wiederkehren, wird lokal ein Medikament eingesetzt. „Es gibt Einspritzmedikamente, aber daneben haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, abgetötete Tuberkuloseerreger einzuspritzen”, so Forner. Diese lösen eine Entzündung aus, die ihrerseits körpereigene Killerzellen aktiviert. Und jene sagen auch den Krebszellen den Kampf an.
Die große Operation
Je tiefer der Tumor in der Blase verwachsen ist, desto geringer ist die Chance, eine Heilung der Blase zu erzielen. Bei fortgeschrittenen Fällen muss sie entfernt werden. „Das ist die einzige Chance, mit einem blauen Auge davonzukommen”, mahnte Dr. Stephan Miller. „Alles, was der Krebs berührt haben kann, muss raus.” Das betreffe nicht nur die Blase, sondern beim Mann auch die Prostata und bei der Frau teilweise die inneren Genitalien. Die Lebensqualität der Patienten nach einem solchen Eingriff hat sich in den vergangenen Jahren enorm verbessert. Hier ist nicht mehr nur das Stoma, ein künstlicher Blasenausgang in der Bauchhaut, die einzige Möglichkeit.
Es kann auch eine Ersatzblase gebildet werden, die nach dem Eingriff wie gewohnt funktioniert und über den Schließmuskel kontrolliert werden kann. „Diese formen wir aus einem Stück von Darm. Meistens ist dies der Dünndarm, der ist einfacher zu formen und nimmt uns das nicht so übel.”
Die Vorbeugung
Auch wenn der Blasenkrebs kompliziert ist, so hat er doch gute Heilungschancen, das war die Botschaft aller drei Ärzte am Mittwoch. Wichtig ist es, die persönlichen Risiken zu minimieren. „Man sollte mindestens zwei Liter trinken”, riet Dr. Miller. Nur so werden die durch die Niere abgebauten Gifte verdünnt und belasten die Blasenschleimhaut weniger. Und als letzten Rat gab er den Besuchern mit auf den Weg: „Es hilft auch, häufiger zur Toilette zu gehen. Nicht nur zweimal am Tag.”