Gelsenkirchen- Resse. . Auf den Bühnen der Welt ist Opernstar Oskar Hillebrandt zu Hause. Seine Heimat vermisst der „Resser Junge“ aber sehr wohl – und die Mettwürstchen.

Bayreuth, Paris, Mailand, New York: Kein Opernhaus von Rang, in dem Oskar Hillebrandt nicht auftrat. 1943 in Resse geboren, ist der Heldenbariton auf den Bühnen der Welt zu Hause. Das Ruhrgebiet aber bleibt seine Heimat – und die geht durch den Magen: Als er jetzt auf Stippvisite in Buer eintraf, machte sich der 76-Jährige erstmal auf zum Hamsterkauf beim Metzger.

30 Mettwürstchen wanderten in seinen Einkaufskorb, „denn es gibt nichts, was die Bayern so wenig können wie vernünftige Wurst!“ Er muss es wissen, lebt er doch schon seit vielen Jahren im Kreis Rosenheim.

Zehnjähriger klebte oft am Radio

Zünftige Bierknacker sind nicht das einzige, was der renommierte Opernsänger vermisst, wenn er mal wieder von Auftritt zu Auftritt jettet oder sich im beschaulichen Neubeuren erholt, wo er mit seiner Frau, der Sopranistin Kayo Hashimoto, und dem gemeinsamen Sohn Ken-Ansgar (9) lebt. „Die Menschen im Pott sind immer noch am ehrlichsten. Da sagt jeder seine Meinung, da wird nicht so rumgeschmäht wie in Wien“, fehlt ihm auch noch nach Jahrzehnten in Österreich und Bayern die bodenständige Direktheit der Ruhrgebietler.

Was Wunder, dass er die „viel zu seltenen“ Heimatbesuche besonders schätzt. Mehrmals im Jahr trifft er sich mit seinem Sohn (41), der in Mülheim lebt, und schaut bei der Gelegenheit gleich bei seinen alten Freunden in Resse vorbei, wo er an der Ewaldstraße 7 aufwuchs – und Feuer fing für die faszinierende Welt des Operngesangs.

An die Türen großer Sänger geklopft

„Als Zehnjähriger klebte ich geradezu am Radio, wenn Josef Metternich, Richard Tauber oder Rudolf Schock zu hören waren. Ich hatte nur einen Wunsch: Einmal so singen zu können.“ Dass ihm das tatsächlich gelang, hat er maßgeblich seiner Mutter zu verdanken: Sie war es, die hartnäckig an die Türen großer Sänger klopfte und für ihren talentierten Sohn immer und immer wieder um eine Chance zum Vorsingen bat.

Sänger sucht Saal für Liederabend in Resse

Der nächste Heimatbesuch kommt bestimmt: Am 3. August reist Oskar Hillebrandt zum Klassentreffen der Ahornschule in Resse an.

Um diesen Termin würde er gerne einen (Benefiz-)Liederabend in Resse geben, wo er 1958 bei Schwanewilms 15-jährig seinen ersten Auftritt absolvierte.

Dafür sucht der Opernsänger einen größeren Saal und einen Flügel. Kontakt ist möglich per Mail: KsHillebrandt@mac.com

Am Ende mit Erfolg: 1957 ließ sich der Gelsenkirchener Heldenbariton Fritz Zoellner zu einem Treffen mit dem 14-jährigen Oskar überreden und war schließlich bereit, mit ihm zu arbeiten.

Mutter verschaffte Vorsing-Termine

Oskar Hillebrandts Elternhaus an der Ewaldstraße 7 in Resse: Hier wuchs er mit seinen drei Brüdern auf. 
Oskar Hillebrandts Elternhaus an der Ewaldstraße 7 in Resse: Hier wuchs er mit seinen drei Brüdern auf.  © privat

Im gleichen Jahr begann er seine Lehre zum Goldschmied in Recklinghausen – schließlich sollte er in die Fußstapfen seines Opas treten, der an der Ewaldstraße in Resse ein Uhrmachergeschäft führte. Doch wie viel lieber wollte der junge Mann singen!

„Und so schrieb meine Mutter weiter an bekannte Opernsänger, damit ich endlich meine Chance bekäme. Sogar der Ehefrau von Rudolf Schock schickte sie Briefe, die dann tatsächlich ein Vorsingen bei ihrem Mann ermöglichte. Er vermittelte mich dann an den Kammersänger Rudolf Watzke.“ Kurz: Der Anfang war gemacht.

Auftritte mit Domingo und Caballé

Heute gibt Hillebrandt selbst Unterricht im Belcanto-Gesang in seiner eigenen Masterclass, er ist Dozent beim Internationalen Musikseminar in Wien, dazu Coach und Mentor der Tiroler Festspiele. Er sang mehr als 180 Rollen, darunter alle wichtigen Partien des von ihm verehrten Richard Wagner, arbeitete mit berühmten Dirigenten und Künstlern zusammen wie Montserrat Caballé oder Placido Domingo.

Als „Star“ fühlt er sich aber nicht. Allüren sind ihm, dem „Resser Jungen“, verhasst, der immer noch ganz selbstverständlich zu den Klassentreffen nach Gelsenkirchen reist. „Wenn ich singen darf, bin ich glücklich. Aber ich bin mir auch bewusst, wie gut es mir geht. Die Kumpels unter Tage haben mehr geschuftet und weniger verdient.“

Fußball-Herz schlägt für Königsblau

Auch als langjähriger Wahl-Bayer gehört sein Fußball-Herz den Königsblauen, „obwohl es derzeit wirklich eine Strafe ist, Schalke-Fan zu sein! Aber das kann man sich ja nicht aussuchen“, sagt er und lacht sein tiefes, ansteckendes Bariton-Lachen.

Es hält es offenbar mit dem Fußball wie zeitlebens mit seinen Gesangspartien: „Das Schwerste war mir immer gerade gut genug. Vielleicht ist das der Grund, dass ich mit 76 Jahren immer noch auf der Bühne stehe.“