Gelsenkirchen. . Noch vor wenigen Jahren galten für viele Job-Branchen in Gelsenkirchen feste Bekleidungsvorschriften. Doch das ändert sich nun. . .

Noch vor wenigen Jahren galten in vielen Branchen feste Kleidervorschriften: Bewerber für den Polizeidienst durften keine sichtbaren Tattoos am Körper tragen, männliche Bankmitarbeiter sich nicht mit Ohrringen schmücken.

In Zeiten von wachsendem Fachkräftemangel und gesellschaftlichen Veränderungen werden die starren Regeln nun gelockert. Arzthelferinnen mit pinken Haaren oder Kita-Erzieherinnen mit Nasen-Piercing gehören längst zum Alltag. Kleidung und Körperschmuck sind Privatsache, es kommt mehr auf die Leistung als auf die Äußerlichkeiten an. Die WAZ hat sich in Gelsenkirchen umgehört, was sich dadurch geändert hat.

Vorgabe: Menschen auf Augenhöhe begegnen

Eine feste Kleiderordnung gibt es bei der Stadt beispielsweise nicht. „Aber eine Erwartungshaltung, insbesondere im Publikumsverkehr“, erklärt Stadtsprecher Oliver Schäfer. Es werde vorausgesetzt, dass die Angestellten sich dem Anlass entsprechend kleiden. Im Sommer spräche aber nichts gegen eine kurze Hose, denn „es ist wichtig, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen“. Bei der Sparkasse gelten hingegen noch strengere Regeln: „Krawatte und Anzug und ein gepflegtes Erscheinungsbild sind angesagt“, sagt Sparkassen-Sprecher Udo Kramer. Aber auch er beobachtet eine Lockerung zugunsten aktueller Trends. „Die Mode lässt hier schon eine große Bandbreite zu.“

Kleidervorschriften werden neu erarbeitet

Bei der Volksbank Ruhr Mitte werden sich die Kleidervorschriften in Kürze kräftig ändern, erzählt Vorstands-Sprecher Peter Bottermann. Details seien noch nicht spruchreif. Aber: „Ich habe in diesem Zusammenhang Begriffe gelernt, die ich vorher gar nicht kannte“. „Peeptoes“ etwa. Oder die Tatsache, dass Kurze-Hosen-Anzüge 2019 auch für Männer in Mode kommen. „Der Anstoß dafür, die starren Kleiderregeln zu überarbeiten, kam aus den Reihen unserer Mitarbeiter – und mit ihnen zusammen wird auch das neue Bekleidungskonzept erarbeitet“, so Bottermann. So viel sei verraten: Kurze Männer-Hosen werden auch in Zukunft nicht zum Bekleidungskonzept der Bank gehören.

Vertrauen auf das Gefühl der Mitarbeiter

Beim Modehaus Schmitz hingegen sind sie nicht ausgeschlossen. „Wir machen unseren Mitarbeitern keine Vorschriften. Da wir ein Modehaus sind, arbeiten bei uns nur mode-affine Menschen, die entsprechend gut und modisch gekleidet sind. Da vertrauen wir einfach auf ihr Gefühl“, betont Roman Meichsner-Schmitz, der gemeinsam mit seiner Schwester Gunda Schröder das Modehaus in Gelsenkirchen führt.

Rein rechtlich dürfen Chefs ihren Angestellten sehr genau vorschreiben, was sie bei der Arbeit tragen dürfen. „Es kommt auf den Beruf an“, erklärt Anwalt Arndt Kempgens. „Bei Hooter’s gelten andere Regeln als in einer Kanzlei.“ Zwar dürfe sich durch das Outfit grundsätzlich niemand gedemütigt fühlen, aber „wenn es einen sachlichen Grund hat, hat der Chef die Möglichkeit, Vorgaben zu machen“.

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Der „Casual Friday“ (englisch für lässiger Freitag) wird bereits seit den 1950er-Jahren von amerikanischen Unternehmen praktiziert. Angestellte dürfen kurz vor dem Wochenende in zwangloser Kleidung kommen. In Deutschland gibt es die Bewegung auch. Die legere Kleidung soll die Motivation stärken und Hierarchien auflockern. Ein Jogginganzug ist tabu, „Peeptoes“ (Pumps mit Loch vorne im Zehenbereich) sind erlaubt.