Gelsenkirchen. . Bürger*innen brauchen wir in GE nicht, sagen Verwaltung und Politik. Seit 2000 achte man auf gendergerechte Sprache. Mit einer Änderung zum 1. 1.
Hannover führt jetzt als erste Stadt in Deutschland das Gendersternchen ein: die geschlechtsneutrale Anrede der „Bürger*innen“ etwa in offizielle Anschreiben und Stellenanzeigen. Pünktlich zu dieser Premiere wurde in Deutschland das „Gendersternchen“ zum Anglizismus des Jahres 2018 erklärt. Brauchen wir das Sternchen auch in Gelsenkirchen? Nein, sind sich Stadtverwaltung, Politik und Bürger überwiegend einig.
Sprache hat Frauen und Männer abzubilden
„Wir haben ja schon seit dem November 2000 die gendergerechte Sprache in der Verwaltung in Gebrauch“, erklärt Stadtsprecher Martin Schulmann. Auf Initiative der städtischen Gleichstellungsstelle habe sich Gelsenkirchen damals bereits mit dem ersten Frauenförderplan zu einer geschlechtergerechten Verwaltungssprache verpflichtet.
Bei Geschlechter werden genannt
„In der festen demokratischen Überzeugung, dass die geschriebene Sprache Frauen und Männer gleichermaßen abzubilden hat, wurde das kommunale Schriftwesen entsprechend angepasst.“ Heißt konkret: Die verallgemeinernd verwendete männliche Form ( zum Beispiel ,,der Bürger“, „der Bewerber“) wurde durch die Schrägstrich Variante („Bürgerinnen und Bürger“, „Bewerberinnen und Bewerber“) ersetzt.
Änderung des Personenstandsgesetzes
Seit dem 1. Januar 2019 muss der Gesetzgeber laut Bundesverfassungsgericht außerdem neben männlich und weiblich „einen weiteren, positiven Geschlechtseintrag schaffen“. Schulmann: „Mit der Änderung des neuen Personenstandsgesetzes wird seit dem 1. Januar in den kommunalen Stellenausschreibungen der Stadt Gelsenkirchen neben der männlichen und die weibliche Form auch das dritte Geschlecht in Form von divers mitaufgeführt.“ Konkret sieht das so aus: (m/w/d).
Das kleine „d“ wird leicht überlesen
Überwiegend einverstanden mit der Regelung in Gelsenkirchen sind Vertreter der hiesigen Parteien. „Meiner Meinung nach brauchen wir das Gendersternchen hier in der Stadt nicht. Wir tragen der Tatsache Rechnung, dass alle Geschlechter berücksichtigt werden, übrigens auch bei uns in der Partei. Das ist mir wichtig. Das Sternchen liest sich außerdem nicht gut“, sagt Sascha Kurth, Fraktionsgeschäftsführer der Gelsenkirchener CDU.
Auch Markus Töns, für die Gelsenkirchener SPD im Bundestag, hält das Gendersternchen nicht für das geeignete Mittel, um Gleichbehandlung zu erreichen. „Ich glaube, da müssen wir zuerst mal an anderen Stellschrauben drehen. Frauen müssen das gleiche Gehalt bekommen wie Männer in der gleichen Position. Es sind immer noch viel mehr Frauen von Altersarmut betroffen, als Männer. Hier müssen wir etwas verändern. Das Gendersternchen gehört da eher zu den kleineren Problemen. Es ist auch beim Reden überhaupt nicht griffig.“
Etwas anders sieht das Adrianna Gorczyk von den Grünen. „Ein Mensch, der sich weder als Mann, noch als Frau fühlt, wird bei der Gelsenkirchener Regelung definitiv benachteiligt. Das kleine „d“ in Klammern wird leicht überlesen, die weibliche bzw. männliche Form ist dominant. Das Gendersternchen würde für Gleichberechtigung sorgen.“
Was halten Sie vom Gendersternchen?
„Ich halte die doppelte Ansprache für unsinnig und lege keinen Wert darauf. Für mich klingt die zweifache Ansprache oft sehr veraltet und nicht wirklich zeitgemäß. Die Unterscheidung zwischen Frauen und Männern bei der Ansprache brauche ich nicht.“ Nes Eroglu, 47
„Das männliche und weibliche Geschlecht zu nutzen ist mittlerweile normal, auch wenn ich die sprachliche Form nicht schön finde. Das Gendersternchen gibt ein seltsames Schriftbild ab. Da mich die dritte Geschlechtsform nicht betrifft, habe ich mich nicht damit beschäftigt.“
Torsten Gutkowsky, 48
„Ansprachen wie Bürgerinnen und Bürger sind mir nicht wichtig. Ebenso sehe ich das bei der Ansprache mit Sternchen. Ich selbst weiß, dass ich eine Frau bin und jeder, der mich anspricht weiß, dass ich eine Frau bin. Ich finde eine neutrale oder männliche Form völlig ok.“ Cordula Reimann, 56
„Ich arbeite für die staatliche Lehrerfortbildung – da ist alles durchgegendert. Das hat sich mit der Zeit eingebürgert. Ich nutze beruflich am liebsten die Sternchenform. Persönlich fühle ich mich so emanzipiert, dass man mich geschlechtsneutral ansprechen kann.“
Dörte Kubessa, 50