Altstadt. . Gebärmutterhalskrebs ist dank guter Vorsorge selten geworden. Der Gelsenkirchener Chefarzt Jan-Erik Junker erklärte im Medizinforum, was hilft.
„Uns geht es um die Frau zwischen 18 und 100 Jahren“, sagt Jan-Erik Junker beim WAZ Medizinforum. Der Chefarzt der Frauenklinik an den Evangelischen Kliniken und gynäkologische Operateur führt bei diesem Forum ein in ein wichtiges Thema: Gebärmutterhalskrebs. Der hat zwar viel von seinem einstigen Schrecken verloren. Jedoch nur wegen der guten Möglichkeiten der Vorsorgeuntersuchungen.
Diese laufen in der Regel über niedergelassene Frauenärzte. Den PAP-Abstrich gebe es seit 100 Jahren. „Sein Ergebnis ist keine Diagnose. Es zeigt nur an, muss man weiter untersuchen oder nicht.“ Der Test ist medizinischer Standard und wird von der Kasse bezahlt. Der HPV-Abstrich hingegen ist eine kostenpflichtige IGEL-Leistung. Er weist Warzen-Viren nach. „Davon gibt es 150 verschiedene Typen“, so Junker. 30 davon würden durch sexuelle Kontakte übertragen, die anderen über Hautkontakt. „Der Durchseuchungsgrad ist hoch, liegt bei 80 Prozent – bei Männern und Frauen.“ Im Klartext: Acht von zehn Menschen tragen einen HP-Virus in sich. Nicht alle aber sind gleichermaßen gefährlich. Nur einige können Zellveränderungen verursachen.
„Seit einigen Jahren gibt es ein Impfangebot, das uns sehr euphorisch gemacht hat. Die Ernüchterung folgte aber.“ Denn selbst der weiter entwickelte Impfstoff deckt nur neun von 30 gefährlichen Viren ab. Dennoch sei die – für Neun- bis Zwölfjährige kostenfreie – Impfung bei jungen Mädchen ratsam. „Und natürlich auch bei Jungs“, ergänzt der Chefarzt. Schließlich seien sie Überträger. Sinnvoll sei eine Impfung auch im fortgeschrittenen Alter, wenn noch kein HPV-Virenbefall vorliege. Das Problem: „Bei erwachsenen Frauen zahlt die Kasse nicht, bei Kosten von 600 bis 800 Euro.“
Wirft ein Befund Fragen auf, geht es für die Patientin in die Dysplasiesprechstunde ins Krankenhaus. Hier wird geklärt, ob es sich vielleicht nur um eine Entzündung handelt, eine Vorstufe oder gar Krebs. Im Falle einer Vorstufe stehe die so genannte Konisation an, bei welcher ein kegelförmiger Gewebeblock aus dem Gebärmutterhals entfernt wird. Der wird pathologisch untersucht. Das Ergebnis bestimmt die therapeutischen Maßnahmen. Nur ein wirklich großer Tumor mache auch eine große Operation notwendig, so Junker.; Was sehr selten der Fall sei.
Bestrahlung klar verbessert
Meist sei bei schweren Fällen die Strahlentherapie das Mittel der Wahl, übernimmt nun Dr. Rodrigo Hepp De Los Rios, Oberarzt in der Klinik für Radiologie und Strahlentherapie. Dabei werden verschiedene Verfahren kombiniert: die externe Bestrahlung von außen, zielgenau über einen Monitor verfolgbar, eine leichte Chemotherapie und eine interne Bestrahlung. Jene „Brachytherapie“ hat sich enorm bewährt, erhöht auf lange Sicht die Überlebenschancen von Betroffenen um ein Viertel. „Das ist die radioaktive Keule. Dabei platzieren wir Applikatoren direkt im Gebärmutterhals und erzeugen eine sehr hohe radioaktive Strahlung, punktgenau wirksam und schonend.“
Die Diagnose Krebs löst bei Betroffenen und ihren Angehörigen eine Krise aus, weiß Psychoonkologin Irmgard Rehm. Dennoch gelte es gerade dann, einen klaren Kopf zurück zu gewinnen, gute Gedanken zu haben.
Wie groß die Kraft der Gedanken ist, verdeutlicht sie zu Beginn ihres Vortrags mit einem kleinen Experiment: Sie lässt die Besucherinnen an Zitronen denken, hilft mit einem Foto nach, beschreibt das Anschneiden – und prompt bestätigen die Zuhörer: im Mund vermehrt sich deutlich der Speichel. Und weil Gedanken so viel Einfluss auf den Körper haben, sei es wichtig, auch auf psychischer Ebene der Krebserkrankung zu begegnen.
Das sagt die Psychoonkologin:
Ein Tipp der Expertin: ein Notfall-Koffer. „Ein Täschchen, das so groß ist, dass fünf Dinge rein passen und so klein, dass sie es immer mit sich führen können.“ Was da rein kommt? Zunächst etwas, das man gern anschaue. „Vielleicht ein Bild von der Familie.“ Zweitens: Was man gern höre, vielleicht ein Glöckchen – und etwas, das man gern schmecke. „Ich habe einmal einem Patienten geraten, der so gern Whisky trank, sich etwas in eine Pipettenflasche abzufüllen und dann, bei Bedarf, einen Tropfen auf die Zunge zu geben.“ Utensil Nummer vier widmet sich dem Geruchssinn – Parfüm, Lavendelblüten – ganz nach Geschmack. Und zuletzt geht es darum, was man gern anfasse. Stoff, Haare vom eigenen Hund. „Wenn die Aufregung steigt, dann kann ich in mein Köfferchen fassen. Das hilft.“