Gelsenkirchen. . Die Polizei spricht von einer Verdoppelung der Straftaten. Heldenmut ist falsch am Platz und nur etwas für Profis. Was die Polizei rät.

„Tatmittel Messer“ – unter diesem Stichwort zeichnet sich nach Angaben der Polizei Gelsenkirchen eine besorgniserregende Entwicklung ab: Messer als Repressalie spielen bei Straftaten eine zunehmend größere Rolle. „Messer werden immer öfter als Tatmittel eingesetzt“, sagte Torsten Sziesze, Sprecher der Polizei. „Wir haben von 2017 auf 2018 nahezu eine Verdoppelung festgestellt.“ Das Spektrum der Taten reicht dabei von „Bedrohung über Raub und räuberische Erpressung bis hin zu Körperverletzung.

Keine absoluten Zahlen genannt

Absolute Zahlen will das Präsidium Gelsenkirchen nicht nennen. Im Februar wird Innenminister Herbert Reul (CDU) die neue Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) von Nordrhein-Westfalen vorstellen, im Anschluss daran die örtlichen Polizeibehörden die lokalen Zahlen. Erstmals wird dabei auch das Tatmittel Messer gesondert ausgewiesen. Ein Vorgriff auf städtischer Ebene ist von Seiten des Ministeriums nicht erwünscht.

Polizei ist alarmiert

Ein Indiz für die Brisanz des Themas Messerattacken könnte aber dieser Umstand sein: Allein wegen dieser Waffe wurden im Vorjahr im benachbarten Bochum 25 Mordkommissionen eingerichtet.

Die Polizei ist hier wie dort also alarmiert – am vergangenen Wochenende ist ein junger Mann auf dem Weg zum Flohmarkt an der Veltins-Arena ausgeraubt worden, und erst am Montag versuchten zwei Jugendliche einen 17-Jährigen am Busbahnhof in Buer (Goldbergplatz) auszurauben – Droh- und Druckmittel jeweils: ein Messer.

Leichte Beschaffung, Selbstschutz

Die Gründe für diese Art der Aufrüstung sind vielschichtig, ein nicht unerheblicher Faktor dürfte der Polizei nach die „einfache Beschaffung von Messern“ sein. Etwa über das Internet. Imponiergehabe spielt ebenso eine Rolle wie die Absicht, sich vor Übergriffen schützen zu wollen. Dazu kommt ein allgemeiner, übergeordneter gesellschaftlicher Trend: Der gegenseitige Respekt sinkt, die Gewaltbereitschaft, verbal wie auch körperlich, nimmt zu.

Womit sich jemand, der ein Messer bei sich trägt, auf einem gefährlich-schmalen Grat bewegt. Polizeisprecher Torsten Sziesze: „Vom Mitführen bis zum Einsatz eines Messers ist es oft nicht weit. Messer sind keine Spielzeuge, das kann ein tödliches Ende nehmen.“

Heldenmut gilt als falscher Berater

Übrigens: Es gilt ein generelles Führungsverbot von Messern, beispielsweise sogenannte von Butterfly-, Klapp- oder Springmessern. Ausnahmen sind Taschenmesser, die mit beiden Händen geöffnet werden (Schweizer Messer) müssen. Der Besitz von Messern an sich ist aber erlaubt.

Zu guter Letzt’. Was tun im Falle eines Falles? „Weglaufen und die Polizei anrufen“, rät Polizeisprecher Torsten Sziesze. Heldenmut ist hier der falsche Berater. Das sagen auch Astrid und Reinhold Grobe von der Erler Sportgemeinschaft. Er Ringer, Taekwondo- und Anti-Terror-Kämpfer, sie Selbstbehauptungstrainerin für Frauen: „Um eine Messerattacke abzuwehren, braucht es jahrelanges und regelmäßiges Training. Am besten, man nimmt die Beine in die Hand.“

Polizeiliche Kriminalstatistik

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) wird seit dem Jahr 1953 jährlich vom Bundeskriminalamt herausgegeben. Daran schließt sich die Statistik der Länder an. Basis sind die während eines Bezugsjahres bei der Polizei angezeigten Straftaten.

Anzeigenziffer und Verurteiltenziffer unterscheiden sich, weil nicht alles Angezeigte aufgeklärt, nicht alles Aufgeklärte angeklagt und nicht alles Angeklagte verurteilt wird. Auskunft gibt die PKS über Tatumstände, Tatverdächtige, Opfer und Schäden.