Gelsenkirchen-Hassel. . Jenny Banczyk und Nikola Feldmann wollen Familie und Karriere: Sie teilen sich die Geschäftsführung der Uniper Wärme GmbH per Jobsharing-Modell.

Voll durchstarten mit einer halben Stelle, gar Führungsverantwortung übernehmen: Das passt für viele Arbeitgeber nicht zusammen. So wird der Teilzeitjob nach der Elternzeit oft genug zur Karrierefalle. Doch es geht auch anders: Jenny Banczyk (34) und Nikola Feldmann (39) teilen sich über ein Jobsharing-Modell seit September 2018 die Geschäftsführung der Uniper Wärme GmbH mit rund 100 Mitarbeitern. Weil sie eben beides wollen: Kinder UND Karriere.

Warten auf ein Angebot, das womöglich nie kommen würde, das mochten sie nicht. Sie schufen sich selbst ihre Chance. „Wir teilten uns auf unsere Initiative hin schon seit 2016 eine Stelle im Produktmanagement des Strom- und Gashandels bei Uniper und wussten, wie gut wir miteinander harmonieren. Uns war aber auch klar, dass wir die gemeinsame Bewerbung um die Nachfolge von Geschäftsführer Fritz Henjes bei Uniper Wärme offensiv anzugehen hatten“, erzählt Nikola Feldmann.

Nötig sind Vertrauen und Flexibilität

Jenny Banczyk (34), dreifache Mutter, reist drei bis viermal pro Woche aus Velbert an, um in Hassel die Uniper Wärme GmbH zu leiten.
Jenny Banczyk (34), dreifache Mutter, reist drei bis viermal pro Woche aus Velbert an, um in Hassel die Uniper Wärme GmbH zu leiten. © Frank Oppitz

„Die Personalabteilung stand uns und unserem Modell absolut offen und fair gegenüber“, so Jenny Banczyk. „Es gab zwar Bedenken, ob die Abstimmung zwischen zwei 60-Prozent-Geschäftsführerinnen wirklich funktionieren würde. Aber wir haben betont, dass wir als Mathematikerinnen das gleiche analytische Denken haben und dadurch zu gleichen Ergebnissen kommen. Und dass wir nicht als zwei, sondern als eine Person behandelt werden möchten. Am Ende hat es dann geklappt.“

Feste Arbeitstage mit flexibler Handhabung

Konkret: Die Gelsenkirchenerin Nikola Feldmann arbeitet montags, dienstags und donnerstags, während die drei Kinder (9, 4, 1) in Schule und Kindergarten betreut sind. Jenny Banczyk, Mutter von drei Kindergartenkindern (5, 4, 1), reist dienstags, mittwochs und freitags aus Velbert an -- so jedenfalls die Theorie. „Tatsächlich tauschen wir Arbeitstage auch, wenn wichtige Termine in der Familie anstehen oder beruflich spezielle Präsenz gefordert ist“, sagt Jenny Banczyk. „So konnte ich ein Theaterstück im Kindergarten besuchen. So etwas ist mir sehr wichtig.“

Nicola Feldmann, dreifache Mutter, lebt mit ihrer Familie im Stadtnorden. Die Uniper-Wärme-Geschäftsführerin lernte ihre Co-Geschäftsführerin Jenny Banczyk im Unternehmen kennen. Schon seit 2016 teilten sie sich eine Stelle.
Nicola Feldmann, dreifache Mutter, lebt mit ihrer Familie im Stadtnorden. Die Uniper-Wärme-Geschäftsführerin lernte ihre Co-Geschäftsführerin Jenny Banczyk im Unternehmen kennen. Schon seit 2016 teilten sie sich eine Stelle. © Frank Oppitz

Und die Partner? „Unsere Männer ziehen mit. Von Unterstützung mag ich nicht sprechen, weil das suggerieren würde, dass ich die volle Verantwortung hätte. Wir teilen uns alles gerecht auf, vom Abholen der Kinder über Arztbesuche bis zur Hausaufgabenbetreuung und Hausarbeit“, sagt Nikola Feldmann, deren Mann ebenfalls eine 60-Prozent-Stelle hat. Wenn ein Kind krank wird, springt die Oma ein.

„Ohne meine Mutter würden wir es nicht hinbekommen. Sie wohnt sonntags bis mittwochs mit im Haus und ist uns eine Riesenunterstützung“, erzählt Jenny Banczyk. Ihr Mann hat gerade einen neuen 100-Prozent-Job angetreten, ihn aber auf die Arbeitstage seiner Frau abgestimmt.

Tägliches telefonieren sichert optimale Abstimmung

Voraussetzung für einen reibungslosen Ablauf sind absolutes Vertrauen und große Flexibilität. „Wir telefonieren mehrfach am Tag miteinander und bringen uns auf den neuesten Stand. So müssen wir nicht zu Hause jede Mail lesen und können mit Kopf und Herz bei unseren Familien sein“, so die Velberterin. Mitarbeiter wissen: An Entscheidungen der einen Geschäftsführerin fühlt sich auch die andere gebunden. „So werden wir nicht gegeneinander ausgespielt.“

Rivalitätsgefühle, Profilierungsbedürfnisse? „Gibt es bei uns überhaupt nicht und könnten wir uns nicht leisten“, betont Jenny Banczyk. „Wir haben uns dieses Modell hart erkämpft, es ist so wertvoll, dass wir es durch solche Sachen nie riskieren würden. Außerdem verstehen wir uns auch sehr gut.“ Was manchmal auf der Strecke bleibt, ist Zeit für sie selbst. „Zum Sport zu gehen, in Ruhe ein Buch zu lesen, das ist eigentlich nicht drin. Wenn die Kinder im Bett sind, checke ich noch mal die Mails und bereite mich auf den nächsten Tag vor. Aber das ist in Ordnung so. Ich bin einfach glücklich, dass ich beides habe: Familie UND einen erfüllenden, anspruchsvollen Job“, sagt Nikola Feldmann. Und ihre Co-Geschäftsführerin nickt.

>>>Info: Einzartiges Jogsharing-Modell im Konzern

Das Jobsharing-Modell von Nikola Feldmann und Jenny Banczyk ist bei der Uniper Wärme GmbH mit ihren 100 Mitarbeitern einzigartig.

Im Konzern mit seinen rund 12.000 Beschäftigten gibt es insgesamt drei Jobsharing-Stellen, eine davon betrifft eine höhere Hierarchie-Ebene.

Die Uniper Wärme GmbH mit Sitz an der Bergmannsglückstraße 40 plant, baut und betreibt (Fern-)Wärme-Anlagen für Kunden im Ruhrgebiet.