Gelsenkirchen. . Stadt sieht keine Verbindung zur Terrormiliz. Bürger wirbt für ein Verbot. 200 Autos tragen die Buchstaben GE-IS. 480 haben GE-IL als Merkmal.

Das Auto ist für viele ein Statussymbol. Was aber tun, wenn für einen schnellen Sportportwagen oder einen coolen Oldtimer das Geld fehlt? Dann bleiben immer noch 520 mal 110 Millimeter Platz für ein ganz persönliches Statement – und zwar auf dem Nummernschild.

Die Lautmalerei am Auto hat bundesweit viele Stilblüten hervorgebracht: Legendär ist die Kombination „BO-EY“ (steht für den Ausruf „Boah, Ey!“) aus Bochum – eine Reminiszenz an das Kfz-Schild eines getunten Golf GTI aus dem Film „Manta, Manta“. Aufdringlich auch: die Kombinationen S-AU oder S-EX in Stuttgart, BÖ-SE in Börde oder KI-LL in Kiel. Und eindeutig zweideutig: BIT-CH in Bitburg oder G-AY in Gera.

Was aber ist mit GE-IS-911? Nach Meinung von WAZ-Leser Knut Frank ist allein schon das Kürzel IS „problematisch“, es steht nach seinem Dafürhalten für die Terror-Miliz Islamischer Staat. In Kombination mit den Anschlägen von New York (11.9.2001) ist es für den Gelsenkirchener geradezu „unerträglich“. Wobei man hier zur Erklärung hinzufügen muss, dass die Amerikaner üblicherweise erst den Monat und danach den Tag im Datum erwähnen. Frank jedenfalls hat ein so beschildertes Fahrzeug vor sich gehabt und bei Verwaltungschef Frank Baranowski nachgefragt: „Sollte dieses Kennzeichen nicht einfach aus unserer Stadt verschwinden, Herr Oberbürgermeister?“

In seiner Antwort, die der Redaktion vorliegt, räumt Baranowski ein, dass er das eine oder andere Kennzeichen als „Geschmacksache“ wahrnehme, zugleich erklärt das Stadtoberhaupt aber auch, dass die geltenden Regelungen und Verbote (siehe Info-Box) dazu führen, dass das monierte Kennzeichen „zugeteilt werden muss“.

Außerdem „lässt sich der Wunsch nach dem Kennzeichen GE-IS 911 plausibel nachvollziehen. Er liegt weit ab von dem, was Sie damit in Verbindung bringen.“ Gemeint sein dürfte damit ein Bekenntnis zu oder eine Verherrlichung dieser salafistischen Terror-Organisation.

„IS“-Verbot in Frankenberg

An dieser Stelle gehen die Positionen auseinander. Knut Frank sieht in der „fragwürdigen Buchstabenkombination“ augenscheinlich einen Zusammenhang – zum einen mit der Terrormiliz IS und mit der Attacke auf „unsere demokratische Grundordnung“ durch die Anschläge am 11. September 2001 – daher hat der Gelsenkirchener seine Mail auch mit dem Hinweis versehen, dass die nordhessische Stadt Frankenberg das Kürzel IS im Auto-Kennzeichen verboten hat.

Die Anschläge in New York wurden allerdings von Al-Qaida verübt. Der IS trat erst 2013 in Erscheinung.

Nichtsdestotrotz hat die Verwaltung beim Halter nach den Beweggründen, die zu dem Wunschkennzeichen führten, nachgeforscht. „Viele Menschen erstellen sich ihr Nummernschild nach Daten oder Namenskürzeln enger Verwandter – das ist auch hier der Fall“, erklärte dazu Stadtsprecher Oliver Schäfer.

Der Sprecher erinnerte außerdem daran, dass mit dem Datum 9. November eine Vielzahl historischer Ereignisse in Verbindung gebracht werden können: etwa der Höhepunkt der Nazi-Pogrome oder der Mauerfall – ein verachtenswerter und ein erfreulicher Moment der Geschichte. Oliver Schäfer mahnte daher an, nicht alles mit negativer Aussagekraft zu deuten und gelassener mit vermeintlich versteckten Botschaften umzugehen, sonst gingen „die Verbote ins Uferlose“.

Laut Stadt fahren im Übrigen 200 Autos mit dem Kürzel GE-IS und 480 Fahrzeuge mit der Kombination GE-IL durch die Stadt. Potenzielle IS-Anhänger und Sexualstraftäter?

>>>Info: Richtschnur für Verbote sind die „guten Sitten“

Laut § 8 Absatz 1 der Zulassungsverordnung des Bundes ist ein Kennzeichen durch die Zulassungsbehörden nur zuzuteilen, wenn die Kombination der Nummer sowie der Mix aus Zeichen und Nummer nicht gegen die guten Sitten verstößt.Nicht zugelassen sind die Kürzel KZ, SS, SA, HJ und in NRW dazu noch NS.

Die Verwaltung des Kennzeichenbestandes erfolgt unter Berücksichtigung der Kennzeichenkapazitäten durch die örtlichen Zulassungsbehörden. Diese haben nach Angaben des Verkehrsministeriums NRW allerdings „jederzeit die Möglichkeit, unerwünschte Kennzeichen nicht auszugeben“.