Gelsenkirchen. . Aufregend für Autor und Gefängnis-Betrieb: Sebastian Fitzek las vor Strafgefangenen aus seinem aktuellen Krimi. Und stieß auf kundiges Publikum.

Schlüssel rasseln, Türen fallen schwer ins Schloss, der Blick fällt auf vergitterte Fenster, schemenhaft sind Insassen zu erkennen. Von denen hat so mancher seinen ganz eigenen Gruselkrimi erlebt. Am Donnerstag aber spazierte ein Gast durch die Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen, der sogar komplette Psychokrimis erlebt hat, allerdings nur in seinem Kopf: Bestseller-AutorSebastian Fitzek besuchte am Nachmittag die JVA, um passenderweise aus seinem aktuellen Buch „Der Insasse“ zu lesen.

Krimikönig (47) zum ersten Mal im Gefängnis

Gebannt lauschen die Gefangenen in der JVA  dem Thriller-Autor Sebastian Fitzek, der aus „Der Insasse“ las.
Gebannt lauschen die Gefangenen in der JVA dem Thriller-Autor Sebastian Fitzek, der aus „Der Insasse“ las. © Michael Korte

Der 47-jährige Krimikönig, Spezialist für grässliche, brutale Morde, besuchte zum ersten Mal ein Gefängnis. Komisches Gefühl für den literarischen Serienkiller? Der sympathische, freundliche Erfinder fieser Gräuel-Taten lächelt. „Nein, ich kann diese Welt ja zum Glück völlig gefahrlos betreten. Das ist wie im Buch. Auch da kommt man ja problemlos wieder raus.“

Nicht so seine Zuhörer. Die werden gerade unter Begleitschutz vieler uniformierter Justizangestellter in den Kirchenraum gebracht. Der Erfolgsautor war eigentlich als Gast des Festivals „Mord am Hellweg“ in der Stadt. Am Abend las er vor rund 800 Zuhörern im seit Wochen ausverkauften Hans-Sachs-Haus. Die Einladung ins Gefängnis nahm er da gerne an.

Zumal er im Gespräch auf dem Weg in die Kapelle verrät: „Meine Mutter war Lehrerin in der JVA Tegel und hat dort richtig gerne gearbeitet.“ Auch Sebastian Fitzek macht der Besuch im „Knast“ sichtlich Freude. Erst recht, als er spürt, wie genau die Gefangenen, Männer vor allem, ihm zuhören und wie genau sie seine Bücher kennen. Eine halbe Stunde lang liest Fitzek aus dem Buch, in dessen Mittelpunkt ein brutaler Kindermörder steht. Die restliche Zeit bietet er an, auf Fragen zu antworten. Und da kommen unglaublich viele.

Sebastian Fitzek plaudert aus dem Nähkästchen

Autor Sebastian Fitzek  im Gespräch mit JVA-Leiterin Elisabeth Nubbemeyer, die dem berühmten Gast die Gefangenenbücherei vorstellte. Hier gibt es jetzt Menge Fitzek-Bücher zur Ausleihe.
Autor Sebastian Fitzek im Gespräch mit JVA-Leiterin Elisabeth Nubbemeyer, die dem berühmten Gast die Gefangenenbücherei vorstellte. Hier gibt es jetzt Menge Fitzek-Bücher zur Ausleihe. © Michael Korte

„Wie recherchieren Sie?“, „Haben Sie schon am Anfang die ganze Geschichte im Kopf?“ oder „Dürfen Sie Einfluss nehmen auf die Verfilmungen?“ Der Thriller-Autor mit Kenntnis übelster Foltermethoden staunt über seine kundige Zuhörerschaft. Er plaudert, schnell und viel, erzählt aus seiner Schreibwerkstatt, aus dem Nähkästchen („Jede literarische Lüge muss einen wahren Kern haben.“).

Am Ende stehen die Insassen ebenso Schlange für Autogramme wie die Justizangestellten. „Eine tolle Veranstaltung“, fand hinterher auch der 21-Jährige echte Insasse: „Zu Beginn meiner Haftzeit habe ich viel Fernsehen geschaut, das wurde schnell langweilig. Jetzt lese ich viel, das ist wie Hafturlaub.“ Meint auch sein Sitznachbar. Der 32-Jährige sagt: „Wir haben Mist gebaut und sind zu Recht hier, aber das Leben hier kann ganz schön anstrengend sein. Bücher seien da wie eine Brücke ins Leben.

Lesung vor ausverkauftem Hans-Sachs-Haus

Krimi am Abend: Das Foyer im Hans-Sachs-Haus war brechend voll, als Herbert Knorr, Kopf des Erfolgsfestivals „Mord am Hellweg“, die Fitzek-Fans begrüßte: „Die schlechte Nachricht: Fitzek musste ins Gefängnis. Die gute: Sie haben ihn wieder raus gelassen.“

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Das Podium, blutrot ausgeleuchtet, nutzte der Autor mit Entertainer-Qualitäten auch hier nicht nur zum Vorlesen, sondern auch zum Dampfplaudern. Das Publikum, es hing an seinen Lippen. Zu den grausamen Zeilen gab es jede Menge Dönekes zum Lächeln und Lachen. Zum Beispiel die Erinnerung an die erste Lesung vor fünf Zuhörern. „Drei davon gehörten zur Buchhandlung.“ Die Lesung, ermöglicht durch Kooperation mit der Stadtbücherei, sorgte für einen Run auf den Büchertisch der Buchhandlung Junius. Am Ende signierte Fitzek mit großer Geduld.

>>> Das Krimi-Festival geht zu Ende

  • Das Krimi-Festival „Mord am Hellweg“ geht an diesem Wochenende zu Ende. Europas größtes internationales Krimi-Festival wird maßgeblich von einem Gelsenkirchener organisiert. Herbert Knorr kündigte den Zuhörern die letzten Lesungen an: „Allein an diesem Wochenende erwarten wir über 4000 Zuhörer.“
  • Der aktuelle Psycho-Thriller von Sebastian Fitzek „Der Insasse“ ist im Buchhandel für 22,99 Euro erhältlich.

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