Gelsenkirchen/Herne. . Anwohner der Lagerstätte Emscherbruch gründen eine Bürger-Initiative. Die Erweiterung der Zentraldeponie soll verhindert werden - Mittwoch ist die erste Versammlung.
Der Name ist Programm: „Uns stinkt’s“ heißt eine neue Bürgerinitiative, die gegen die geplante Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch (ZDE) mobil macht. Am Mittwoch findet dazu eine erste Veranstaltung statt. Fünf Brände eines Deponie-Zwischenlagers in nur sieben Monaten waren der Auslöser für Anwohner der an der Stadtgrenze zwischen Herne und Gelsenkirchen gelegenen Deponie, aktiv zu werden. Konkret: gegen die vom Deponie-Betreiber Abfallgesellschaft Ruhr (AGR) – eine Tochter des Regionalverbandes Ruhr – geplante Erweiterung.
Lagerung hochbelasteter Stoffe
„Ich habe gedacht: Jetzt brennt dieses Monster auch noch. Als dann Asche in unseren Gärten gelandet ist, herrschte bei uns Endzeitstimmung“, sagt Inge Behring-Meinberger aus Unser Fritz. Sie sei mit der Zentraldeponie groß geworden, habe sie mit zunehmend unguten Gefühlen immer weiter wachsen sehen. „Für mich ist die Mülldeponie mittlerweile eine echte Bedrohung“, sagt die verheiratete Mutter von zwei Kindern (5, 10).
Das sehen auch andere so: Auf Initiative der Anwohner Henning T. Mettge und Bernd Keller ist schließlich die Gründung einer Bürgerinitiative beschlossen worden. Den letzten Anstoß hat ein Flugblatt gegeben, das die Linke-Ratsfrau Klaudia Scholz aus Herne nach dem fünften Brand bei Anwohnern in die Briefkästen geworfen hatte. Hans-Peter Jäkel ist einer von ihnen. „Ich bin 1989 hierher gezogen, weil es hieß: Ende 1999 ist Schluss mit der Deponie“, sagt der 67-Jährige. „Jetzt haben wir 2018 und es soll immer weiter gehen.“
Erweiterung um 4,6 Millionen Kubikmeter Müll
Hintergrund: Die AGR hat unter Verweis auf den steigenden Bedarf bei der Bezirksregierung Münster eine Erweiterung um zusätzlich 4,6 Millionen Kubikmeter beantragt. Anders als noch 2015 angekündigt zählen dazu auch 1,5 Millionen Kubikmeter hoch belastete Stoffe der sogenannten Deponieklasse III. Die Halde soll dadurch um zehn Meter wachsen. Das für die Genehmigung notwendige Planfeststellungsverfahren soll noch in diesem Jahr starten.
Die AGR schreibt sich selbst Transparenz auf die Fahnen und bietet auf ihrer Homepage Gespräche und Deponieführungen an. Henning T. Mettge nahm dieses Angebot 2017 wahr. Seine Zweifel und Sorgen habe der Besuch bei der AGR aber nicht ausräumen können, sagt der 40-Jährige.
Auch Maria Wanger ist seit den Bränden völlig verunsichert. Sie sei mit Kindern auf dem Spielplatz gewesen, als dichter Rauch von der Deponie herübergeweht sei: „Das hat mir Angst gemacht. Die Kinder spielen hier, wir leben hier, wir essen das Gemüse, das wir anbauen. Wir müssen was tun, damit diese Halde geschlossen wird.“ Die Probleme könnten nicht länger ignoriert werden.
Ständige Zunahme des Lkw-Verkehrs
Auch die ständige Zunahme der Lkw-Transporte zur Deponie stößt auf Protest – laut AGR sind es 200 Laster pro Tag. Zur Emissionsbelastung tragen auch eine Reihe anderer, überaus stark frequentierte Verkehrswege in der Nähe bei: A 42, A 2, Münsterstraße, Wiedehopfstraße und B 226.
Oliver Wittke (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hatte schon im Vorfeld der vergangenen Bundestagswahlen signalisiert, dass die Erweiterung wegen ihrer arbeitspolitischen Bedeutung kommen werde.
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Auf der Info-Veranstaltung am Mittwoch versucht die Initiative erste Antworten zu geben. Etwa auf Fragen wie: Wie hoch ist mein Risiko? Was bedeutet die Erweiterung für meine Gesundheit? Wer garantiert für meine Sicherheit? Jäkel, Mettge & Co. richten sich auf einen langen und mühsamen Weg zur Durchsetzung von Verbesserungen ein. Schrecken könne sie das aber nicht, so die Botschaft.
>> Experte referiert am Mittwoch zum Thema
„Uns stinkt’s! Ihnen auch?“ lautet am Mittwoch, 26. September, das Motto der ersten Veranstaltung der BI. Beginn ist um 19 Uhr (Einlass 18.30 Uhr) im Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde Crange-Wanne an der Unser-Fritz-Straße 26.
Referent ist Jörg Göritz. Der Vermessungsingenieur und Geologe ist laut BI langjähriges Mitglied beim Naturschutzbund (Nabu) und Experte für behördliche Verfahren. Zuletzt sei er aktiv gewesen beim Verfahren zur Deponie Brinkfortsheide in Marl.