Gelsenkirchen-Buer. . Nach dem Bericht über das Schicksal der Frühchen Gabriel und Raffael in Gelsenkirchen: Malte Suttmeyer spendet Gedenkstein, Harun Dalgic pflegt Ruhestätte.

Zu früh geboren, von den Eltern einfach im Krankenhaus zurückgelassen, nach dem Tod dann noch vom Krankenhaus vergessen. . . „Das hat mein Herz bewegt. Als ich das gelesen habe, habe ich fast geweint“, sagt Harun Dalgic. Der 28-Jährige aus Essen fasste einen Entschluss: „Ich werde mich um die Grabpflege kümmern.“

Verein Ruhe-Steine

Der Verein Ruhe-Steine e.V. setzt sich dafür ein, dass niemand, nur weil er arm gestorben ist, namenlos bestattet wird. Auf dem behördlichen Bestattungsfeld auf dem Hauptfriedhof hat jedes Urnengrab Lebensdaten.

Der Verein ist für jede Spende dankbar. „Unbedacht Verstorbene“, Bank im Bistum E, IBAN: DE29 3606 0295 0011 2830 39

Jetzt steht der junge Mann mit Andreas Mäsing, Geschäftsführer der Friedhofsgärtner Gelsenkirchen eG (FGG), und Pfarrerin Zuzanna Hanussek vor dem kleinen Doppelgrab, der letzten Ruhestätte von Gabriel und Raffael, den vergessenen Zwillingen. „Ich bin mit Papa und Mama aufgewachsen“, sagt er. Und egal, welche Streiche er einst ausgeheckt habe, sie hätten ihn trotzdem immer lieb gehabt. „Von Eltern allein gelassen zu werden, das ist wohl das Schlimmste, was einem Kind passieren kann.“

Mitgefühl zeigte auch Steinmetz Malte Suttmeyer. Den Stein für dieses Kindergrab mache ich dir, sagte er zu Andreas Mäsing. Und diesen Stein verlegen Dalgic, Hanussek und Mäsing nun. Die Pfarrerin hat zwei kleine Blumensträuße dabei, der ehrenamtliche Grabpfleger trägt drei Kerzen.

„Die dritte Kerze stelle ich für uns alle auf“, sagt Gärtner Mäsing. „Ich möchte, dass wir vielmehr aufeinander achten, dass wir als Gemeinschaft aufgerüttelt werden, wenn da kleine Kinder sterben.“ Er sorgt sich um den gesellschaftlichen Kitt, wie er die Achtsamkeit der Gemeinschaft füreinander – und für die Nächsten nennt. „Ohne diesen Kitt geht die Gemeinschaft kaputt und wir verlieren das, was uns ausmacht als Menschen.“ Zuzanna Hanussek wird nimmermüde, für die Würde des Einzelnen auch beim letzten Gang zu kämpfen. Beisetzungen, sagt sie, „gehören zu unserer Kultur“. Sie stand bei der Bestattung der weißen Särge vor zwei winzigen Toten ohne Namen. Sie nannte die Jungen Gabriel und Raffael.

Sönke Thomas, Verwaltungschef des Marienhospitals in Ückendorf.
Sönke Thomas, Verwaltungschef des Marienhospitals in Ückendorf. © Martin Möller

Zur Erinnerung: Gabriel kam am 25. Juni im Marienhospital in Ückendorf zur Welt, Raffael am 28. Juni. Beide lebten nach der Geburt noch für kurze Zeit, aber sie waren zu schwach. Die Eltern waren unauffindbar abgetaucht, hatten falsche Angaben zur Person und zum Wohnort gemacht. Eigentlich hätten die Kinder spätestens zehn Tage nach ihrem Ableben bestattet werden müssen – aber im Marienhospital vergaß man sie. Erst drei Wochen später wurde das Ordnungsamt informiert.

Die WAZ berichtete über die tragische Verkettung. Sönke Thomas, Verwaltungschef des Marienhospitals, teilte in einer schriftlichen Stellungnahme mit, „dass in diesem Fall klare Vorgaben und Verfahrensanweisungen durch einen individuellen Fehler nicht eingehalten wurden – wir bedauern diesen Fehler sehr“.