Gelsenkirchen. „Patrioten NRW“ und „Besorgte Mütter“ planen eine Demonstration in GE. Das Aktionsbündnis 16.9 macht dagegen mobil. Die Polizei bereitet sich vor
Die Ausschreitungen in Chemnitz bei Demonstrationen rechter Gruppen in Folge der Tötung eines 35-jährigen Deutschen ziehen weite Kreise. Auch in Gelsenkirchen formiert sich neuer Protest gegen Ausländer und die Flüchtlingspolitik der Regierung; parallel machen demokratische Gegendemonstranten mobil.
Der Hintergrund: Die „Patrioten in NRW“ haben nach Auskunft des Gelsenkirchener Polizeisprechers Thomas Nowaczyk eine Kundgebung „Besorgter Mütter“ für Sonntag, 16. September, angekündigt. Dem wollen eine ganze Reihe von Parteien, Initiativen, und Organisationen etwas entgegen setzen: DGB-Jugend, das Aktionsbündnis 16.9 (unter anderem mit den Falken), Die Linke, MLPD, SPD, Die Partei sowie die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-BdA) – zusammengefasst unter dem Motto: Gelsenkirchen stellt sich quer.
Wie viele Demonstranten kommen, ist unbekannt
Ort und Uhrzeit der einzelnen Demonstrationen waren der Polizei nach eigenem Bekunden noch nicht bekannt, nach den Kooperationsgesprächen am Montag und Dienstag kommender Woche sollen weitere Informationen folgen. Es könnte sein, dass sich einige Gruppen zurückziehen, Ort und Zeit sich ändern. Auch wie viele Demonstranten erwartet werden, ist noch unbekannt.
Auf der Homepage der Patrioten wird ihr Protest für den Zeitraum von 14 bis 16 Uhr auf dem Heinrich-König-Platz angekündigt. Das Aktionsbündnis 16.9 verbreitet unter anderem über Facebook, dass ihre Gegendemo an gleicher Stelle von 13 bis 16 Uhr stattfindet.
Im April gab es vier Gegendemos
Dieses Mal sollen alle im Boot sein, wenn es darum geht, Gesicht gegen Rechts zu zeigen. Annika Eismann vom Falken-Unterbezirk – bei dem „No Nazis“ quasi zum Programm gehört – sagte am Freitag auf WAZ-Nachfrage, diese Gegendemo solle nicht so laufen, wie die im April, als die Partei „Die Rechte“ in Gelsenkirchen aufmarschierte. Seinerzeit gab es gleich vier Gegenkundgebungen. Eismann: „Natürlich ist unser Anspruch, dass wir am 16. September mehr sind als die, um denen klar zu machen, dass wir sowas hier nicht wollen.“
Aus diesem Grund wollen diesmal also alle Seite an Seite stehen. Immerhin, so Annika Eismann, sei den Falken zugetragen worden, dass die rechten Gruppen mit 500 plus X Leuten in Gelsenkirchen auflaufen wollen. Das Aktionsbündnis 16.9. wirbt mit einem Flyer für die Teilnahme an der Gegenkundgebung auf dem Heinrich-König-Platz.
Keine rechte Hetze in Gelsenkirchen
Neue Sammlung rechter Strömungen
„Unter dem Deckmantel des besorgten Bürgers sammeln sich rechte Strömungen, die noch vor einigen Jahren µstreng voneinander getrennt waren“, sagt Extremismusforscher Alexander Häusler (FH Düsseldorf).
Dass NPD-Politiker, Hooligans, Rechtspopulisten und verunsicherte Bürger gemeinsam demonstrierten, beobachte er mit Sorge. Denn es bestehe die Gefahr, „dass auch gewaltaffinen Strömungen Vorschub geleistet wird.“
„Wir wollen in Gelsenkirchen keine rechte Hetze. Wir wollen Probleme lösen und füreinander einstehen. Wir wollen ein buntes, tolerantes und friedliches Gelsenkirchen!“ heißt es darin unter anderem. Und: „Nur mit Unterstützung aller BürgerInnen aus Gelsenkirchen können wir uns den Rechten in den Weg stellen und ein Zeichen gegen Rassismus setzen.“
Geplant sind Statements von Frauen wie Bürgermeisterin Martina Rudowitz, der Gleichstellungsbeauftragten Dagmar Eckart oder der Vorsitzenden des Integrationsrates, Melek Topaloglu. Angekündigt ist auch eine Grußbotschaft von Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde
Experten in Sorge
Zum Hintergrund: Sie stellen sich als besorgte Eltern dar, nennen sich „Mütter gegen Gewalt“ und inszenieren sich als Vorkämpfer für den Schutz von Frauenrechten und Kindern: In mehreren Städten des nördlichen Ruhrgebiets tauchten bereits Gruppierungen auf, die Straftaten von Flüchtlingen nutzen, um gegen Zuwanderung mobil zu machen. Auf eine Bottroper Großveranstaltung im März folgten Kundgebungen in Duisburg-Neumühl und Essen-Steele mit rund 150 Teilnehmern im Mai. Experten sehen Verbindungen der neuen Gruppen ins rechte Milieu und warnen vor einem neuen Netzwerk von Populisten und Extremen in der Region.