Gelsenkirchen. In vielen Städten formiert sich Protest von rechten Gruppen gegen Flüchtlinge und die Bundesregierung. Gegendemonstranten glauben: #wirsindmehr.
Nach den Ausschreitungen bei Demonstrationen rechter Gruppen in Chemnitz in Folge der Tötung eines 35-jährigen Deutschen Ende August, formiert sich in vielen deutschen Städten neuer Protest gegen Ausländer und die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung.
Am Montag zog nach monatelanger Pause erstmals wieder die rechtsextreme Pegida-Bewegung mit 55 Anhängern vor den Hauptbahnhof in Duisburg. Den selbsternannten "Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes" stellten sich 1500 Menschen unter dem Motto #wirsindmehr entgegen. Unter diesem Slogan hatten sich am Montag auch schon 65.000 Menschen beim Konzert gegen Rechts in Chemnitz zusammengefunden.
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Während die Bilder von Hitlergruß-zeigenden Menschen und Verfolgungen von Migranten auf offener Straße um die Welt gehen, sich führende Politiker über Semantik ("Hetzjagd" oder nicht?) streiten und Bundesminister uneins sind, ob es sich in Sachsen um "rechtsradikale" Ausschreitungen handelte oder vielmehr um den Protest frustrierter und besorgter "Normalbürger", rufen in vielen deutschen Städten rechte und linke Organisationen zu neuen Demonstrationen auf.
In Essen werden kommenden Donnerstag 2000 Demonstranten erwartet, die "gegen rechte Hetze" auf die Straße gehen wollen und glauben, zahlenmäßig (#wirsindmehr) den rechten Strömungen überlegen zu sein. Und auch in Gelsenkirchen rufen Organisationen und Privatperson seit Donnerstag vermehrt zum Protest auf. Grund dafür ist die Demonstrations-Ankündigung "besorgter Mütter" der "Patrioten in NRW" für den 16. September auf dem Heinrich-König-Platz. Wie viele Demonstranten erwartet werden, ist noch unbekannt. Im Frühling mobilisierten die Mütter bei einer Demonstration in Essen rund 500 Personen.
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Zur Gegendemonstration rufen unter anderem das Bündnis "Gelsenkirchen stellt sich quer", die Grünen und die Schalker Faninitiative auf.
- In der Region finden in den kommenden Wochen Konzerte, Kundgebungen und Demos gegen Rechtsextremismus statt. Hier sind die Termine.
Experten: „Mütter gegen Gewalt“ Teil eines rechten Netzwerks
Sie stellen sich als besorgte Eltern dar, nennen sich „Mütter gegen Gewalt“ und inszenieren sich als Vorkämpfer für den Schutz von Frauenrechten und Kindern: In mehreren Städten des nördlichen Ruhrgebiets tauchten breites Gruppierungen auf, die Straftaten von Flüchtlingen nutzen, um gegen Zuwanderung mobil zu machen. Auf eine Bottroper Großveranstaltung im März folgten Kundgebungen in Duisburg-Neumühl und Essen-Steele mit rund 150 Teilnehmern im Mai.
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Experten sehen Verbindungen der neuen Gruppen ins rechte Milieu und warnen vor einem neuen Netzwerk von Populisten und Extremen in der Region. „Unter dem Deckmantel des besorgten Bürgers sammeln sich rechte Strömungen, die noch vor einigen Jahren streng voneinander getrennt waren“, sagte der Extremismusforscher Alexander Häusler von der Fachhochschule Düsseldorf im Gespräch mit dieser Redaktion. Dass NPD-Politiker, Hooligans, Rechtspopulisten und verunsicherte Bürger gemeinsam demonstrierten, beobachte er mit Sorge: „Damit besteht die Gefahr, dass auch gewaltaffinen Strömungen Vorschub geleistet wird.“ (mit stew)