Gelsenkirchen. . Aktion „WAZ öffnet Pforten“: Küchenchef führt Gäste durch die Großküche und beeindruckt mit riesigen Kesseln und einigen Superlativen
„Linsensuppe geht nicht? Gibt’s nicht.“ Der Satz bringt knapp 20 grün bekäppite Menschen in weißen Plastikkitteln zum Lächeln. Sven Clasvogt, der Abteilungsleiter Verpflegung im Marienhospital, öffnet gerade einen der kleinsten Kessel dieser Großküche. Nur 60 Liter gehen da rein, „ein Jacuzzi für grüne Erbsen“ sozusagen. Der Pool steht ein paar Meter weiter, die Maxi-Ausgabe des Kochtopfes fasst 100 Liter.
Sven Clasvogt führt an diesem Morgen 16 WAZ-Leser und WAZ-Leserinnen durch die Großküche des Marienhospitals. Sein Vortrag wird von beeindruckten „Ooohs“ begleitet. Die Dimensionen, wie in den Katakomben des Ückendorfer Krankenhauses mit Essen gebastelt wird, sind für die meisten Gäste unvorstellbar.
Täglich über 1000 Mahlzeiten
Über 1000 Mahlzeiten werden täglich zubereitet. Durchschnittlich 600 Patienten, 60 Kiga-Kinder, die kleinen Patienten des Kinderhospizes und die Mitarbeiter wollen mit Essen versorgt werden. Über eine Million Euro pro Jahr investiert die St. Augustinus GmbH, der Betreiber des Krankenhauses, in Lebensmittel. „Hier werden täglich Waren im Wert von 4000 bis 4500 Euro angeliefert“, berichtet Sven Clasvogt. „Das ist nicht mehr üblich“, ergänzt der 42-jährige Chefkoch. Denn die Krankenhäuser, die nicht zum St.-Augustinus-Verbund in Gelsenkirchen gehören, ließen sich ihre Mahlzeiten aus Oberhausen anliefern. „Wir verpflegen nicht nur, wir pflegen auch – wie das Wort bereits verspricht“.
Sven Clasvogt hat sich inzwischen zu den für normale Hausköche und -köchinnen doch recht überdimensionierten Öfen vorgearbeitet. „Bis zu 40 Bleche kann ich dort gleichzeitig reinschieben“. „Und der Stromverbrauch?“, fragt Heinz-Jürgen Glinka. Entspricht dem von etwa 70 Staubsaugern, die gleichzeitig eingeschaltet werden. „Oooooh“ raunt es durch die grün-weiße Menge. Clasvogt hat sichtlich Spaß an seinen Superlativen. Ein Gericht wiege etwa ein Pfund. Macht 500 Kilogramm Mittagessen, das auf 80 Grad erhitzt werden muss. In fünf Minuten. „Oooooh“.
Zwei zusätzliche Gerichte als „Lebensversicherung“
Weiter geht’s zum „magischen Auge“. Am Ende des Fließbandes, an dem zehn Mitarbeiter die Tabletts mit Fleisch, Möhren, Joghurt und Kaffeetasse bestücken, kontrolliert Frau Fischer, ob alles richtig drapiert wurde.
„Wenn Sie sich an der Möhre den Magen verderben, kann ich sagen, von welchem Feld das Gemüse stammt“, erzählt Sven Clasvogt gerade. Nachhaltigkeit sei ein wichtiger Aspekt in der Krankenhausküche. „Wenn wir hier einen Fehler machen, kann das lebensbedrohlich für die Patienten sein“, berichtet der Küchenchef. Daher sei es wichtig, dass man jedes Lebensmittel bis zum Hersteller zurückverfolgen kann. Als „Lebensversicherung“ für das Personal bereitet die Küchen-Mannschaft jeden Tag zwei Gerichte mehr zu als die, die gebraucht werden. „Sie werden eingefroren. Können im Notfall untersucht und analysiert werden“.
Linsensuppe köchelt im „Pool“
Apropos Überfluss: Clasvogt hat nichts dagegen, wenn die Patienten mehr Essen bestellen, als eine norme Mahlzeit beinhaltet. Was ihn aber ärgert ist, wenn einer drei Joghurts ordert und zwei wieder zurückgehen lässt. „Die müssen wir wegschmeißen“, erläutert er. Weil er nicht wisse, wo die Joghurts wie lange und bei welchen Temperaturen herumgestanden haben.
An einem „Pool“ wird derweil Linsensuppe zubereitet. Wir wechseln unsere Menüs im Fünf-Wochen-Rhythmus, damit sich kein Mitarbeiter rausreden kann. Linsensuppe geht eben immer.