Gelsenkirchen. . Nach dem überraschenden Tod von Friedrich Wilhelm Gatenbröcker führen die Erben und Gesellschafter Christian Leben und Tim Tröster die Bäckerei.
Der Schock nach dem Tod ihres Chefs haben die Mitarbeiter der Großbäckerei Gatenbröcker längst nicht überwunden. Friedrich Wilhelm Gatenbröcker (58) starb in der Nacht zum 2. Juli an einem plötzlichen Herzstillstand. Gatenbröcker wurde am vergangenen Freitag im engsten Kreis beigesetzt. Damit verlieren die 750 Angestellten des Betriebes einen Macher der alten Schule, einen, bei dem das „Wort immer mehr Gewicht hatte als jeder moderner Schriftverkehr“.
Der das sagt, heißt Christian Leben, ist 38 Jahre alt, Wirtschaftsrechtler und neben Tim Tröster (33, gelernter Verwaltungsfachwirt) geschäftsführender Gesellschafter des Gelsenkirchener Traditionshauses.
Für die Nachfolger war Friedrich Wilhelm Gatenbröcker mehr als nur ein Vorgesetzter, „er war ein väterlicher Freund“. Trösters Vater war mit dem Unternehmer eng befreundet, trug Tim in Kinderjahren auf dem Arm herum. Und Christian Leben verdiente sich seine Brötchen sprichwörtlich noch vor Banklehre und Studium hinter dem Tresen als Verkäufer.
65 Filialen in neun Städten
Vor diesem Hintergrund sehen die Erben sich verpflichtet, den familiären Betrieb „ganz im Sinne“ ihres unternehmerischen Ziehvaters weiterzuführen – die Entscheidung Gatenbröckers, beide in sein Testament aufzunehmen, fiel vor etwa fünf Jahren. Dritter im Bund der Nachfolger ist Bäckermeister und Produktionsleiter Ingo Stimmel (32).
„Wir bleiben bei unserer handwerklichen Produktion“, sagt Christian Leben. Aufgebackene Tiefkühlware bleibt damit tabu für die mittelständische Kette mit 65 Filialen in neun Städten – Gelsenkirchen, Herne (Wanne), Bochum, Gladbeck, Marl, Essen, Recklinghausen, Oer-Erkenschwick und Herten. Ähnliches gilt für die umkämpfte Vorkassenzone – Bäckereien integriert in Supermärkte. Statt wie andere Mitbewerber auf mehr Fläche und damit auf Expansion, setzen die Gelsenkirchener lieber auf eine höhere Konzentration – auf Café-Betrieb und -Ambiente sowie die frischen Backwaren in ihren Filialen. Reduktion: Nicht vorgesehen. Christian Leben drückt es reviertypisch so aus: „Wir wollen hier um den Pudding bleiben - also so bleiben wie wir sind.“
Investitionen in moderne Autos und Maschinen
Das schließt Investitionen natürlich nicht aus. Vergangenes Jahr berichtete Firmenschef Friedrich Wilhelm Gatenbröcker im Zuge der Diesel-Problematik noch, dass er seinen Fuhrpark modernisiert hat: Fünf Serviceautos, 14 Lkw, 600 000 Euro Investitionskosten für Autos mit emissionsarmer Euro 5- und Euro-6-Norm. Zurzeit testet das Unternehmen „E-Autos und solche, mit sparsameren Gas-Antrieb“. Zudem wurden jüngst noch neun neue Backöfen gekauft – auch eine Investition, die schnell die 100 000 Euro-Marke überschreitet.
Das Unternehmen Gatenbröcker schultert keinerlei finanzielle Belastungen – heute eher die Ausnahme als die Regel. Doch auch wenn der Firmensitz an der Weststraße noch den urigen 60er-und 70er-Zeitgeist versprüht – ein neues Firmengebäude kommt für Christian Leben nicht in Frage. Er hält es mit dem Mantra seines Vorgängers, den vor anderthalb Jahren verstorbenen Franz-Josef Brune, ebenfalls ein enger Vertrauter Gatenbröckers. Brune pflegte zu immer sagen: „ In Baracken sind sie groß geworden, in Palästen untergegangen.“ Friedrich Wilhelm Gatenbröcker würde dieses Leitmotiv bestimmt gefallen.
>> Expansionskurs in 1960er-Jahren eingeschlagen
Friedrich Wilhelm Gatenbröcker wuchs in Heßler auf. Seine Vorfahren betrieben dort eine handwerklich geprägte Backstube an der Kanzlerstraße. Sein Vater Friedrich senior baute den Betrieb aus und legte in den 1960er-Jahren den Grundstock für die heutige Großbäckerei.
1978 wurden Produktion und der Firmensitz an die Weststraße verlegt. Friedrich Wilhelm Gatenbröcker setzte den Expansionskurs nach dem ebenfalls frühen Tod des Vaters fort. Heute hat das Unternehmen 750 Mitarbeiter in 65 Filialen. Die WAZ zeigt kein Bild des Verstorbenen. Seine Lebensgefährtin lehnte die Bitte nach einem Foto ab.