Gelsenkirchen. . Herbert Knebel und sein Affentheater geben in der Emscher-Lippe-Halle Vollgas – und liefern einen wilden Ritt durch die Musikgeschichte .
Es ist ihr letzter Abend mit dieser Show, und sie geben alles. Schonen niemanden, nicht sich selbst, nicht die Helden der Musikgeschichte.
„Rocken bis qualmt“ hat sich Herbert Knebel vorgenommen, und das passt von Anfang an: „Leben noch welche in dem Terrarium?“ fragt Uwe Lyko, der Mann hinter Prinz-Heinrich-Mütze und Hornbrille, und die Fans in der proppenvollen und schwülen Emscher-Lippe-Halle sind in Form, wissen, was sie vom „Affentheater“ erwarten können. „Wat immer getz kommt, et wird extrem“ hat er versprochen, und sich dabei in der Mottenkiste bei Status Quos „Whatever you want“ angelehnt.
„Der Familie Popolski“ ist auch mit an Bord
Apropos angelehnt, zur Verstärkung „vonne Düsseldorfer Mission“ hat die Band Unterstützung von „der Familie Popolski“ bekommen, begeistert begrüßt werden die Bläser „Henczek und Jenczek“, die später auch den Background übernehmen.
Dann lässt Knebel überzeugend hüftsteif in der Performance sein Motiv schlechthin aus der Zeit der „alleinstehenden Schallplatten“ aufblitzen: Er war schließlich der Siedlungsking, „dat Wild Thing“, Hommage an die Troggs.
Auch den Abstecher in die psychedelische Ära lässt er nicht aus, bis ihn der „Trainer“ (Detlef Hinze am Schlagzeug) beim „Solieren“ unterbricht. Aber schließlich steckt auch Knebel ein Solo wie in Deep Purples „Child in time“ „nich mehr weg wie so noch vor, na, vier Wochen“.
Ozzy, der Mann mit der Grazie einer Seekuh
Mehr fürs Knie überlässt er seinem „Mitmusikanten über Jahre, „Otzi“, Ozzy Ostermann (Georg Göbel, Gitarre) die Bühne, der nicht nur mit wilden, überzeugenden Gitarrenriffs brilliert, sondern nun auch „mitte Grazie einer jungen Seekuh“ ‘ne „Mischung aus Ausdruckstanz und Hammerwerfen“ zeigen kann. Alles zu Chuck Berrys „Jonny be good“.
Aber weiter zu „andere gescheiterte Existenzen“, schließlich, so gesteht Knebel, war „mein Papa Gitarrist von den Clowns“, „Papa was a Rolling Stone“, auch die Temptations werden gewürdigt. Er springt, er hetzt, knotet den gerissenen roten Faden immer wieder neu, schert sich nicht um die chronologische Geradlinigkeit, denn irgendwie ist hier bestimmt alles Rock ‘n’ Roll.
Knebel und Konsorten rocken durch die Zeit
Und Herbert Knebel macht sich seine Gedanken an das Morgen, „wie et allet mal wird“, später in „Sankt Franziskus“, vielleicht mit den Blumen im Haar auf nach „San Francisco“ wie weiland Scott McKenzie im VW Bulli und Flower-Power- und Peace-Aufklebern.
Keine Pause für die Pumpe, noch eben die Disco-Welle der 70er geritten. Rod Stewart lässt mit „If you think I’m sexy“ grüßen, während der „Trainer“ mit Bontempi-Klängen am Keyboard und Bassist Martin „Alfi“ Breuer „Daddy Cool“ von Boney M anreißen.
Es wird Zeit für den Frührentner, Gattin Guste (“dat is Liebe, aber nich immer blind“) läuft sich zu Hause schon warm, und dann, prompt „auf’m Heimweg zu schnell“, und Ozzy knickt das Knie wie Angus Young von AC/DC.
Knebel kriegt die Kurve über Jonny Cash (“Ring of Fire“), aber weil Guste schon die Kerze ans Fenster gestellt hat (CCR, „Put a candle in the window“), kommt „Rauch ausse Wohnung“, und die Unentwegten wissen nach drei dröhnenden Saitengriffen: Hier ist „Smoke on the Water“, sie rocken, bis es qualmt.
Und wer fragt, ob der Knebel die alle nachahmen darf: Der darf. Unnachahmlich.