Gelsenkirchen. . Der Hauptausschuss befasste sich am Donnerstag mit der Zukunft der Bäder. CDU-Mann Heinberg wurde von OB Baranowski „Spaltung“ vorgeworfen.
Wer sich zum ersten Mal eine Hauptausschuss-Sitzung im Rat der Stadt angesehen hat, hat wohl keinen guten Eindruck von den dortigen Gepflogenheiten mit nach Hause genommen. So kommt es nicht oft vor – aber am Donnerstag war es, was es war: eine Schlammschlacht!
Dabei hatte alles so gut angefangen. Gutachter Christian Kuhn war gekommen, um den Auschussmitgliedern das Ergebnis der Machbarkeitsstudie zur Zukunft der Bäder zu präsentieren. Sie sieht zwei Varianten vor. (Hier erfahren Sie, wie diese Varianten aussehen.)
Baranowski spricht von sechs Bädern
Oberbürgermeister Frank Baranowski sagte anschließend: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir ein Bad bauen, das nicht öffentlich zugänglich ist.“ Er empfinde große Sympathie für die Zahl 6 – also für sechs Bäder-Standorte im Stadtgebiet. Eine Anzahl, die auch die CDU in ihrer „4+2“-Kampagne propagiert. „Dann könnte es sein“, so der OB, „dass der Konsens unter Ihnen näher ist, als viele das glauben.“ Es wäre ein gutes Signal an die Bevölkerung.
Baranowski musste aber mit ansehen, wie trotz seiner Worte immer mehr die Fetzen flogen. Wolfgang Heinberg (CDU): „Diese Studie entspricht nicht dem, was wir vereinbart haben – nämlich, dass es ein ganzes Bündel an Vorschlägen mit Preisschildern gibt.“ Das 4+2 vermisste der Fraktionsvorsitzende. In der Tat: Die Studie geht maximal von drei städtischen Bädern aus (zwei Neubauten plus Buer), da sie die Aufgabe des Bades in Horst empfiehlt.
Lohnt eine Sanierung der bestehenden Bäder?
Lukas Günther, sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, bemängelte den Stil der CDU: „Das, was Sie machen, ist gezielte Stimmungsmache. Sie schreiben in einem Facebook-Post, der Gutachter sei nicht neutral, sondern würde der SPD und der Verwaltung folgen. Wenn er das täte, wäre von der Schließung des Bades in Horst keine Rede.“ Zumindest in diesem Punkt waren sich alle einig: Das Bad in Horst muss bleiben!
Peter Tertocha (Grüne) kam auf eine mögliche Erhaltung aller jetzigen Standorte durch Sanierung zu sprechen. Das wäre auch eine diskutierte Alternative gewesen, die sich in der Studie nicht wiederfindet. Christian Kuhn erklärte: „Sanieren ist hier ebenso teuer wie neu bauen. Und dann höre ich als Fachmann einfach auf, darüber nachzudenken. Es macht keinen Sinn!“
Der Ton wurde rauer
Mit der Zeit wurde der Ton rauer. Lukas Günther warf der CDU vor, kein Konzept für die Umsetzung ihrer Vorstellung von 4+2 zu haben: „Sie wollen ein 50-Meter-Becken am Standort Zentralbad. Das ginge nur dann, wenn vorher das alte Bad abgerissen wird. Das heißt: Mindestens zweieinhalb Jahre kein Angebot für Schulschwimmen im Stadtsüden.“
Dann kam Günthers Aussage, die zum Missverständnis führte: „Ihr 4+2 lehnen wir deshalb ab!“ Was Heinberg als grundsätzliche Verweigerungshaltung zu 4+2 verstand und Günther (26) hart attackierte. Für Baranowski zu hart: „Sie sollten mit einem jungen Kollegen nicht so umgehen.“ Als Heinberg sich verteidigte und nachlegte, wurde der OB laut: „Herr Heinberg, es reicht! Es muss hier nicht noch mehr gespalten werden!“
Den CDU-Politiker nahm dies sichtlich mit. Sagte er in der Sitzung noch sachlich und ruhig „Es geht hier nicht um Spaltung, sondern um Auseinandersetzung – und die darf auch mal hart geführt werden“, äußerte er sich in einer Sitzungspause gegenüber der WAZ tief geknickt: „Ich habe da gerade zwei Minuten lang überlegt, ob ich alles hinschmeißen soll.“
>>> KOMMENTAR: Nicht nachvollziehbar <<<
Von Steffen Gaux. In dieser Hauptausschuss-Sitzung hat sich niemand mit Ruhm bekleckert. Weder die eine, noch die andere Seite. Auch Oberbürgermeister Frank Baranowski ist bei seiner Wortwahl einmal übers Ziel hinausgeschossen. Dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Heinberg „Spaltung“ vorzuwerfen, ist nicht fair. Die Debatte ist mit einer außergewöhnlichen Härte geführt worden – hart leider eher in der Emotionalität als in der Sache. Als Zuhörer war das teilweise unerträglich! Trotzdem: Viele Deutsche sorgen sich zurzeit, dass Rechtspopulisten in diesem Land eine Spaltung betreiben. Insofern ist dieser Begriff schwer belegt und hätte so nicht fallen dürfen.
Daraus zu schließen, die CDU habe sich in der Opferrolle befunden, wäre falsch. Heinberg ist zu keinem Zeitpunkt auf die einleitenden und verbindenden Worte des OBs eingegangen. Baranowski hatte deutlich seine Sympathie für sechs Bäder verdeutlicht. Sechs! Das ist das Ergebnis der Addition 4+2, einer Rechnung, die zurzeit auf vielen CDU-Plakaten im Stadtgebiet zu lesen ist. Deutlicher hätte er nicht signalisieren können, dass er an einer fraktionsübergreifenden Lösung interessiert ist. Dass der Hauptausschuss und insbesondere die CDU trotz dieses Fingerzeigs drei Stunden lang in dieser Härte debattierte, ist nicht nachvollziehbar.