Gelsenkirchen. . Tote Hummeln unter Linden lassen Bürger rätseln: Ist der Nektar vielleicht giftig? Ein Experte klärt auf - und erklärt, wie wir helfen können.

Es scheint mysteriös: Wer im Park oder im Wald spazieren geht, der findet nicht selten unter blühenden Bäumen jetzt im Juli und auch im August eine Vielzahl an toten oder verendenden Hummeln – etwa unter Linden. Der Stadtgarten ist ein solcher Schauplatz. Was ist es, was den fleißigen Insekten den Garaus macht? Ist der Nektar der betörend duftenden Blüten vielleicht giftig für die Hummeln?

„Nein“, sagt Lothar Langer, der Vorsitzende des Imkervereins Gelsenkirchen. Es ist ein vom Menschen gemachtes Problem, das auch und gerade Ballungsräume betrifft. „Die nützlichen Tiere verhungern schlichtweg“, sagt der Experte. Denn Hummeln legen, anders als Bienen, kaum Nahrungsvorräte an.

Kaum geeignete Futterpflanzen

Da wird es für sie vor allem in Gegenden, die von der modernen Landwirtschaft geprägt sind, schnell eng. Denn hier finden sie kaum noch geeignete Futterpflanzen. In Städten potenziert sich das Problem. Wildwiesen mit einem breitem Pflanzenspektrum seien hier Mangelware, so Langer weiter. „Und auch in den Gärten vieler Bürger wachsen oft Arten von Blumen, Sträuchern und Bäumen, die in erster Linie schön anzusehen sind, aber der heimischen Insektenwelt wenig zu bieten haben.“ Sprich: Pollen und Nektar.

Erschwert wird die Situation der fleißigen Bestäuber durch lang anhaltende Trockenheit. Fehlt Pflanzen Wasser, so geht auch ihre Nektarproduktion zur Neige.

„Die Hummeln retten sich also schon halb verhungert zu den duftenden Linden – und treffen dort auch noch auf eine starke Konkurrenz von anderen Hummeln und Bienen.“ Die Folge: Die Nektar- und Pollensammler sterben völlig entkräftet. Für sie kommt die Rettung schlicht zu spät.

Pflanzen reichlich wässern

Lothar Langer appelliert daher an jeden Hobbygärtner und Bürger, der im Freien ein paar Pflanzen stehen hat, Obst, Gemüse und Blumen reichlich zu wässern in dieser heißen Jahreszeit.

Gerade in Ballungsräumen derzeit kein seltenes Bild: eine tote Hummel.
Gerade in Ballungsräumen derzeit kein seltenes Bild: eine tote Hummel. © kari

Bei Gelsendienste, unter anderem auch mit der Grünpflege betraut, kennt man das Phänomen des Hummelsterbens. Vor zwei Jahren startete der städtische Eigenbetrieb die Aktion Wildwiese, legte in Parks aber auch an vielen Grünstraßen solche naturähnlichen Rückzugsgebiete für Pflanzen und Tiere an – allerdings auch, um dem eher steril-monochromen Stadtgrün ein paar hübsche bunte Tupfer zu verpassen.

Trockenes Wetter bremst Wachstum

Eine Aktion, die gut ankam bei Tier und Mensch. „In diesem Jahr aber“, sagt Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne, „ist üppige Blütenpracht auf den Wildwiesen wohl eher Mangelware.“ Das trockene Wetter bremse das Wachstum der Aussaat, zudem habe das Wermutkraut auf den vorgesehen Flächen die Oberhand gewonnen. Eine Futterquelle weniger für die Hummeln.

>> Nektar von Linden ist ungiftig

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Lange hielt sich die Ansicht, dass insbesondere der Nektar von Silberlinden giftig sei. Denn unter den Bäumen fand man mehr tote Hummeln als unter anderen Pflanzen. Das führte in der Vergangenheit zu massiven Maßnahmen, darunter große Abholzungen. 1993 konnte man in den Westfälischen Nachrichten lesen, Bielefeld sei nun frei von Silberlinden. Forschungen bewiesen jedoch das Gegenteil. Zuletzt fanden Wissenschaftler Hinweise auf Koffein im Lindennektar. Ungiftig zwar, aber es könnte Hummeln bei der Futtersuche zu Blüten leiten, die weniger ergiebig sind als erhofft. Bei sich verknappender Nahrung im Hochsommer könnte das zum tödlichen Problem werden.