Gelsenkirchen. . Eis hat Hochsaison. Gefragt sind frische, leichte und gesunde Sorten. Auch ausgefallene Kombinationen sind darunter. Wir stellen einige vor.

„Ja, haben die denn einen an der Waffel“, mag sich vielleicht manch’ einer ungläubig fragen beim Blick in die Auslage der Eisdielen: Karottenkuchen steht da auf den Schildchen, die die kühlen Köstlichkeiten für heiße Tage anpreisen, Salz-Karamell oder gar Sofia Lorena.

Die Möhre als Muntermacher ist auf dem Mist – Pardon im Eislabor muss es hier heißen, wir sind ja schließlich nicht auf dem Acker – von Bärbel Dellnitz gewachsen. Im gleichnamigen Café in Buer findet diese Variante in diesem Sommer gerade sehr viele Abnehmer. Ähnlich sieht es bei der Spielart Kaktusfeige aus.

Dass zu den gefragten Sorten dieser Saison zunehmend solche gehören, die ganz unterschiedliche Geschmacksrichtungen fein abgestimmt kombinieren, davon kann auch Expertin Graziella dell’ Aquila berichten. Sie führt das gleichnamige Lokal in der Altstadt: „Süß und salzig etwa ist schon fast ein Klassiker.“ Der spontane Test zeigt, die Kombinationen harmonieren sogar ganz hervorragend miteinander.

Beide Geschäftsfrauen, Dellnitz wie Graziella, sind in Gelsenkirchen so etwas wie Institutionen in Sachen Eis – Bärbel Dellnitz feierte vor kurzem erst das 60-jährige Bestehen des Familienbetriebes, Graziella dell’ Aquila ist seit mittlerweile über 25 Jahren mit ihrem Eis eine feste Größe.

Gemein ist allen lokalen Gelsenkirchener Eismachern der Verzicht auf Geschmacksverstärker, Palmöle oder künstliche Aromastoffe. „Farbstoffe und dergleichen sind tabu in der Produktion“, sagt etwa Pietro Mercuri. Der Eiskonditor hat seinen Platz auf dem Neumarkt und der Blick ins Warenlager im Untergeschoss zeigt: Nur saisonale Produkte finden in der Produktion Verwendung – das sind zurzeit Erdbeeren, Kirschen, Himbeeren.

Ein Name wie ein Filmstar

Bei Mercuri, dessen Neffe Giammario Quirl und Löffel für die Eismaschine schwingt, ist gerade Sofia Lorena schwer angesagt. Wer jetzt stutzt: Die Namensgebung hat wohl viel damit zu tun, dass Pietro gerade frisch gebackener Papa einer kleinen Tochter geworden ist. Naja, und dass auch bei Leinwand-Weltstar Sophia Loren die Männer gleich reihenweise dahingeschmolzen sind, tat dann wohl sein Übriges. Die Mischung aus Zuppa Inglese (italienisches Biskuitdessert), Orangen-Krokant und Amarena-Kirschen nebst zweier Soßen (Schokolade / Amarena) ist aber auch zum Anbeißen.

Giammario Mercuri (l.), Eiskonditor von „Mercuri“, füllt Vanilleeis aus der Eismaschine in einen Behälter. Sein Onkel Pietro Mercuri testet den Geschmack.
Giammario Mercuri (l.), Eiskonditor von „Mercuri“, füllt Vanilleeis aus der Eismaschine in einen Behälter. Sein Onkel Pietro Mercuri testet den Geschmack. © Olaf Ziegler

Nedzad „Franco“ Kalac, er führt seit vier Jahren das Dolce Vita am Hauptbahnhof, setzt wie seine Kollegen auf Leichtigkeit und Frische. Mit extravaganten Kombinationen hat er weniger gute Erfahrungen gemacht, wesentlich bessere mit den vielfältigen Möglichkeiten von Joghurteis und Früchten: „Orange, Zitrone, Pampelmuse bis hin zu Karotten – das ist alles sehr erfrischend“, sagt der Eismacher. Und gerade bei Hitze unschlagbar, wogegen Eis mit Alkohol dann eher verpönt sei bei seiner Kundschaft.

Zustimmung bekommt er von Daniel Sanna vom „Gelato e Caffé“ in Buer. Die Sorte griechischer Joghurt (mit entsprechend echtem Naturprodukt) findet bei ihm gerade reißenden Absatz.

30 Sorten und mehr halten Gelsenkirchens Eismacher vor. Selbst veganes Eis finden all jene, die Tierprodukten in Zutaten eine Absage erteilen. Laktosefreie Mischungen sind ebenso auf dem Markt.

Ständig tüfteln die Eismacher an neuen Kreationen. Vielleicht sind hier bald auch Himbeere-Basilikum oder Banane-Petersilie zu finden. Irre Kombinationen – aber bevor sie sagen: Die haben einen an der Waffel – erst mal selber testen. Es lohnt sich.

Diane Marcelino (Dolce Vita) mit einem Joghurt-Kiwi-Becher.
Diane Marcelino (Dolce Vita) mit einem Joghurt-Kiwi-Becher. © Olaf Ziegler

>> Eislieferung per Staffellauf

Bereits 3000 v. Chr. schätzten die Chinesen das Speiseeis. Auch die alten Römer liebten die kalte Köstlichkeit. Die römischen Kaiser ließen sich sogar Gletschereis aus den Alpen per Stafettenlauf liefern.

Das Eis der Antike und des Mittelalters hat mit dem heutigen Speiseeis außer der Temperatur nicht viel gemeinsam. Es war Schnee oder gefrorenes Wasser, das man mit verschiedenen Aromaten wie Ingwer, Honig oder zerstoßenen Früchten vermischte.