Gelsenkirchen-Resse. . In Resse wurde Oskar Hillebrandt geboren, nun ist er auf den Bühnen der Welt zu Hause – als Heldenbariton.

Ohne seine Mutter gäbe es ihn nicht, keine Frage. Für Oskar Hillebrandt gilt dies aber gleich in doppelter Hinsicht: Hätte sie nicht wieder und wieder an die Türen großer Sänger geklopft und für ihren talentierten Sohn um eine Chance zum Vorsingen gebeten, hätte der womöglich nie eine internationale Karriere als Heldenbariton gemacht. In diesem Jahr feiert Hillebrandt (75) sein 50-jähriges Bühnenjubiläum – und blickt zurück auf seine bodenständige Kindheit in Resse, die ihn noch immer prägt.

Starrummel, affektiertes Getue, gar „Hinterfotzigkeit“: All das ist Hillebrandt zuwider. „Ich mag’s lieber, wenn die Leute geradeaus und ehrlich sind, eben wie im Ruhrgebiet“, sagt der Kammersänger. Vor eineinhalb Jahren war er zuletzt in seiner alten Heimat, „wo ich noch viele Freunde habe und an Klassentreffen der einstigen Ewaldschule teilnehme.“

Geboren wurde Hillebrandt 1943 in Schopfheim, in Resse aber wuchsen er und seine drei Brüder Heinz-Otto, Wolfgang und Eckbert auf. Das Elternhaus stand an der Ewaldstraße 7, wo der Opa ein Uhrmachergeschäft führte. Die Fortsetzung des Familienhandwerks schien vorgezeichnet.

Als Junge lauschte er ergriffen den Opern im Radio

An der Ewaldstraße 7 stand Hillebrandts Elternhaus, wo der Opa ein Uhrmachergeschäft führte.   
An der Ewaldstraße 7 stand Hillebrandts Elternhaus, wo der Opa ein Uhrmachergeschäft führte.   © Archiv Hillebrandt

Doch die eindrucksvollen Stimmen von Josef Metternich und Richard Tauber, denen der damals Zehnjährige vor dem Radio lauschte, wirkten wie ein Funke: „Ich hatte nur einen Wunsch: einmal auch so singen zu können“, erinnert sich der Künstler, wie er, in Tränen aufgelöst, Rudolf Schocks „Mimi“ im Finale von „La Bohème“ lauschte.

„Als das Gelsenkirchener Stadttheater 1956 Kinder für ,Carmen’ suchte, fuhr ich per Straßenbahn mit meiner Mutter voller Ehrfurcht zum Vorsingen“, so Hillebrandt. Chordirektor Julius Asbeck lehnte es jedoch ab, den Jungen zu engagieren, weil dieser bereits baritonal sang. „Ich brauchte damals auf der Rückfahrt viel Trost.“

Noch heute verfolgt er die Entwicklung von S 04

Ein Foto aus dem Familienalbum zeigt Oskar Hillebrandt (l.) mit seinen drei Brüdern und Eltern in Resse.   
Ein Foto aus dem Familienalbum zeigt Oskar Hillebrandt (l.) mit seinen drei Brüdern und Eltern in Resse.   © Archiv Hillebrandt

So sang er im Erler Kinderchor weiter, im Resser Kirchenchor, dem Männergesangverein und dem gemischten Chor von Resse sowie dem Männergesangverein Herten. Hinter zugezogener Gardine sang er bei offenem Fenster und hoffte darauf, entdeckt zu werden. „Die Leute blieben auf der Straße stehen und lauschten. Entdeckt wurde ich aber nicht“, erzählt der Wahl-Rosenheimer schmunzelnd.

Erst 1957, als er die Lehre zum Goldschmied begann, nahm sein Traum Gestalt an. Seine Mutter initiierte ein Vorsingen beim Gelsenkirchener Heldenbariton Fritz Zoellner. Nur weil sie hartnäckig blieb, durfte der 14-Jährige „Ännchen von Tharau“ vortragen – und siegte: Zoellner war bereit, mit ihm zu arbeiten. Über Rudolf Schock, dessen Ehefrau Hillebrandts Mutter Briefe schrieb, erhielt der junge Mann Unterricht beim Kammersänger Rudolf Watzke; 1965 wurde er gar für das Bayreuther Jugendfestspieltreffen ausgewählt.

Sein Gesangsstudium absolvierte er an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln bei Josef Metternich, einem Idol seiner Kindheit. – Mittlerweile ist er auf den Bühnen der Welt zu Hause. Nach Resse kommt er aber immer gerne. Und dass er dem S 04 die Daumen rückt, ist Ehrensache. „Das streift man nicht so einfach ab!“

>> INFO-BOX: Sonder-Konzert zum 50-jährigen Bühnenjubiläum in Erl

Oskar Hillebrandt ist Dozent beim Internationalen Musikseminar in Wien, Coach und Mentor der Tiroler Festspiele. Er unterrichtet Belcanto-Gesang in seiner eigenen Masterclass und lebt mit Familie in Rosenheim.

Zum Bühnenjubiläum findet am 22. Juni im Festspielhaus Erl ein Sonderkonzert statt. Info: www.oskar-hillebrandt.com