Gelsenkirchen. . Die Nachfrage nach einer Anlaufstelle für Opfer von Gewalttaten ist groß. Am 21. Juni gründet sich eine Selbsthilfegruppe in Horst.

Ludger Vohrmann kennt die Probleme der Menschen, die Opfer von Gewalt wurden. Die Einbruchsdelikte, (sexualisierte) Gewalt, Vergewaltigung oder gar die Beobachtung einer blutigen Tat verarbeiten und lernen müssen, mit den schlimmen Bildern im Kopf zu leben. Vohrmann arbeitet seit acht Jahren ehrenamtlich für die Opferschutz-Organisation Weißer Ring, ist stellvertretender Leiter der Außenstelle Gelsenkirchen. Und er hat im Laufe seiner Tätigkeit immer wieder Anfragen bekommen, wo es denn eine Selbsthilfe-Gruppe (SHG) für Kriminalitätsopfer gibt?

So eine Gruppe gehörte in Gelsenkirchen bislang tatsächlich zu den wenigen weißen Flecken auf der ansonsten gut gefüllten Landkarte in Sachen Selbsthilfe. Auch Christa Augustin-Sayin vom Team der Selbsthilfe-Kontaktstelle musste entsprechende Anfragen in der Vergangenheit verneinen – bis jetzt. Vohrmann, aus gesundheitlichen Gründen seit seinem 43. Lebensjahr Rentner, und die Diplom-Sozialarbeiterin/-pädagogin, steckten die Köpfe zusammen.

Opfer aus der Isolation herausholen

Das Ergebnis: Der Experte des Weißen Rings wird die erste SHG für Opfer von Kriminalität anschieben; das erste Gruppen-Treffen für interessierte Betroffene ist am Donnerstag, 21. Juni.

Soweit die gute Nachricht für Opfer von Gewalt. Gut, weil: „Alle diese Menschen haben eins gemeinsam: Angst, ganz egal, was ihnen widerfahren ist. Daher ist der Kontakt unter Opfern wichtig, um im Kreis Betroffener und in einem geschützten Raum offen über diese Ängste zu reden“, sagt Ludger Vohrmann. Ganz wichtig ist ihm dabei, Opfer aus ihrer Isolation ’raus zu holen.

Erster Kontakt nach 48 Stunden

Während bei Christa Augustin-Sayin überwiegend Einbruchsopfer nach einer Selbsthilfe-Gruppe fragten – „Diese Menschen haben ganz signifikante Sicherheitsprobleme“ – kennt Vohrmann die ganze Spannbreite der Gewalt aus Sicht der Opfer. Er selbst ist speziell für Sexualdelikte ausgebildet. Gleichwohl, so sagt er, werde beim telefonischen Erstkontakt mit Betroffenen gefragt, ob das Gespräch mit einem Mann oder einer Frau des Weißen Rings gewünscht ist.

Aus seiner ehrenamtlichen Arbeit berichtet er: „Der Erstkontakt zu Opfern, die unsere Hilfe wünschen, findet immer innerhalb der ersten 48 Stunden statt.“ Das Gelsenkirchener Team des Weißen Rings besteht aus zwei Männern und vier Frauen. Der Kontakt zu den Opfern kommt unter anderem durch die Kooperation mit der Polizei zustande. Wenn dort Anzeigen erstattet werden und dabei der Wunsch nach Hilfe durch die Opferschutz-Organisation geäußert wird, bekommt der Weiße Ring mit Einverständnis der Betroffenen deren Telefonnummern für den Erstkontakt.

Das erste Treffen findet im Juni statt

„Man muss für die Arbeit schon psychisch stark sein“, räumt Vohrmann ein. Dennoch macht ihm sein Einsatz Freude, weil er helfen kann. So, wie in der neuen Selbsthilfe-Gruppe. Da blickt er auch schon voraus, will Referenten zu bestimmten Themen einladen. Denn: „Es gibt viele Fragen von Opfern, die ich gar nicht beantworten kann und darf, weil ich kein Anwalt bin.“

>>Info: Das Auftakttreffen der neuen Selbsthilfe-Gruppe für Kriminalitätsopfer findet am Donnerstag, 21. Juni, von 16 bis 17.30 Uhr im Awo-Seniorenzentrum in Horst, Marie-Juchacz-Weg 16, statt.

Weitere Informationen gibt es bei Ludger Vohrmann 0209 590 95 42 oder mobil 0157 796 893 70. Kontaktaufnahme ist zur Selbsthilfe-Kontaktstelle an der Dickampstraße 12 möglich: 0209 913 28 10 oder per E-Mail: selbsthilfe-ge@paritaet-nrw.org