Gelsenkirchen-Bismarck. . Das Musikprobenzentrum Consol 4 ist mittlerweile 18 Jahre alt. 53 Bands können in 40 schallgeschützten Proberäumen rund um die Uhr laut werden.
„Wenn wir hier nicht reingezogen wären, wäre der Förderturm abgerissen worden, sagt Kery Felske und meint damit Consol 4, das Musikprobenzentrum, das sich seit 2005 in dem ehemaligen Zechenbauwerk an der Bismarckstraße befindet. In der sogenannten Rocklobby, einem Aufenthaltsraum für die Musiker, hängt ein großes Wandbild, das an die Zeiten des Woodstock-Festivals erinnert. Überdimensional ist auch die Treibscheibe, die bereits von außen durch die Glasscheiben sichtbar ist. Während der Bergbauzeit hatte die Treibscheibe noch als Lastenzug für Material fungiert, jetzt dient sie lediglich als Zierde. „Naja nicht ganz“, lacht Felske und fährt fort, während sie mit der flachen Hand gegen das Metallrad schlägt. „Die eignet sich auch super als Percussioninstrument.“ Auch ein altes Piano von 1899 aus dem Grillo Gymnasium hat mittlerweile seinen Platz in der Rocklobby gefunden.
Die Suche nach einer neuen Unterkunft
„Das Gebäude ist fast einzigartig mit seiner Industriekultur“, schwärmt die 53-Jährige. Doch zum Anfang. 1993 wurde die Zeche Consolidation als Steinkohlen-Bergwerk in Bismarck stillgelegt, Ende 1996 wurde der Standort schließlich ganz aufgegeben. Das Maschinenhaus von Schacht 4 stand nach der Schließung längere Zeit leer. Währenddessen war die junge Gelsenkirchener Rockmusikszene mit überregionaler Bedeutung auf der Suche nach einer neuen Unterkunft. Ziel der Szene, die damals zur „Interessengemeinschaft kulturschaffender Musiker/innen GE e.V.“ zusammen fand, war es, Ersatz für die Proberäume zu schaffen, die beim Umbau des Arminbunkers in der Innenstadt weggefallen waren. Dieser wurde im Laufe der Zeit in ein Wohnhaus umgebaut. In den folgenden Jahren entwickelte der Verein in Kooperation mit dem Kulturreferat der Stadt Gelsenkirchen das Konzept für das Musikprobenzentrum Consol4. 2000 wurde dann mit dem Baubeginn die Idee in die Tat umgesetzt. Durch den Einsatz von Stahl, Beton und Glas wurde das Gebäude, das mittlerweile unter Denkmalschutz steht, komplett umgebaut.
Sechs Etagen wurden neu eingezogen
40 Proberäume wurden mit eigener Lüftung und Schallisolierung ausgestattet, was ungestörtes Proben möglich macht. „Das ist schon Luxus. Lüftungen hatte wir im Arminbunker nicht. Darunter hatten besonders die Instrumente zu leiden“, sagt Felske. In das neue Haus wurden sechs Etagen gezogen. Zusätzlich wurden behindertengereche Toiletten installiert, eine Dusche, eine Rampe für Rollstuhlfahrer zur Lobby und ein Fahrstuhl. Nur eins hat Kery Felske zu bemängeln: „Gastro fehlt hier. Zum einen für die Bands, die sich hier eigentlich nur zum Musikmachen aufhalten und zum anderen, um auch Laufpublikum herzuholen.“
Die Proberäume sind sehr beliebt
Das Haus sei von Anfang an belegt gewesen und noch immer gibt es Anfragen. Mit 34 Bands startete das Musikprobenzentrum. 53 Bands, darunter an die 200 Musiker, haben sich hier auf industriehistorischem Boden derzeit eingemietet. Zunächst waren es lediglich Einzelbelegungen der Proberäume, mittlerweile teilen sich teilweise zwei oder drei Bands einen Proberaum. „Uns ist es wichtig Leuten eine Chance zu geben, Musik zu machen“, so die Gelsenkirchenerin. Dabei sind die Bands altersmäßig, nach der Herkunft und musikalisch bunt gemischt. Die Kosten für die Bandmitglieder? „125 Euro Grundmiete im Monat fallen für einen Probenraum an , 35 Euro zahlt jede Band für die Energiekosten“, so Felske.
IkM ist wichtiges Standbein der freien Kulturszene
Der Verein Interessengemeinschaft kulturschaffender Musiker und Musikerinnen in Gelsenkirchen e.V. (IkM-GE e.V.) hat sich als ein wichtiges Standbein der freien Kulturszene in Gelsenkirchen etabliert. Hauptaufgabe des gemeinnützigen Vereins, der 1997 nach der Schließung des Arminbunkers gegründet wurde, ist die Förderung der Musikkultur durch Konzerte, Workshops und der Betrieb des Musikprobenzentrums Consol4.
Musikern, Ton- und Lichttechniker im Verein
Der Verein setzt sich aus Musikern, Ton- und Lichttechnikern zusammen. Kery Felske ist seit 2008 Vorsitzende der IkM und selbst als Sängerin an mehreren Bandprojekten beteiligt. Der zweite Vorsitzende Michael Tohn, Geschäftsführer Christof Großheim, zwei Helfer auf Minijob-Basis und ehrenamtliche Licht- und Tontechniker sorgen zudem dafür, dass alles rund läuft und Konzerte und andere Kulturangebote durchgeführt werden können. Die meisten Veranstaltungen bieten Rockmusik in all ihren Variationen, aber auch Stilrichtungen wie Jazz, Elektro und Folk werden immer wieder präsentiert.
„Unsere Veranstaltungen dienen dazu, dass ein musikalischer Austausch zwischen den Bands stattfindet, dass die Bands ihr Können auf der Bühne präsentieren können und auch das externe Menschen mitbekommen, was wir hier machen“, sagt Kery Felske. So statten auch immer wieder Künstler aus anderen Ländern dem Musikprobenzentrum einen Besuch ab. Gerade der „Vernetzungsaspekt“ würde dabei eine wichtige Rolle spielen.
>> Kultur-Ort Consol: Die Veranstaltungsformate
103-Bluebox-Show: Zu den Veranstaltungsformaten zählt die „103-Bluebox-Show“, wo sich Kreative aus dem Kulturbereich jeden ersten Dienstag im Monat auf einer offenen Bühne präsentieren können. Alle Kunstformen wie Musik, Comedy, Schauspiel, Lyrik oder bildende Kunst sind dabei gern gesehen.
Bismarcker Rocktage: Seit 2008 gibt es die jährlich stattfindenen Bismarcker Rocktage mit zwei Bühnen auf dem Kulturgebiet Consol. Openair präsentieren sich dann an die 30 Bands aus der Umgebung über drei Festivaltage hinweg. In diesem Jahr finden die Bismarcker Rocktage vom 10.-12. August statt.
Musikmaschine: Die „MusikMaschine“ ermöglicht lokalen und externen Musikern gemeinsam Konzerte in der Rocklobby zu spielen.
Easyjam: Die Reihe „Easyjam“ versteht sich als Unplugged-Konzept, wobei verstärkt akustische Musik geboten wird. „Das ist besonders interessant, weil Bands, die normalerweise mit viel Strom spielen, sich mal von einer ganz anderen Seite präsentieren können“, sagt Kery Felske.
Darkzene: Darkpark war eine ehemalige Veranstaltung für die Darkszene, die mehrere Jahre stattgefunden hat. Nun soll ein ähnliches Format wieder aufgenommen werden. „Weil die Szene immer noch aktiv ist, wollen wir in Gelsenkirchen damit ein Angebot schaffen“, so Felske.
Rise of the Underground: Alle drei Monate gibt es eine Konzertreihe der jungen Metalszene, die diese erfolgreich in Eigenverantwortung organisiert. Der Eintritt beträgt jeweils 10 Euro. Die nächste Veranstaltung in der Rocklobby gibt’s wohl im Mai.
Workshops: Regelmäßig werden auch Gitarren-, Piano- und Gesangs-Workshops, auch unter der Leitung von international renommierten Musikern, angeboten. Je nach Bedarf können die Workshops variieren.
Wöchentliche IkM-Treffen: Die IKM-GE e.V. trifft sich fast jeden Mittwoch gegen 19 Uhr in der Rock-Lobby auf Consol 4. IkM-Mitglieder, Musiker und andere Interessierte, die gerne an der Sitzung teilnehmen möchten, sind dazu herzlich eingeladen.