Buer. Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der Ruhrkohle Aktiengesellschaft (RAG), sprach in der Matthäuskirche über das Ende des Bergbaus.
Längst abgefunden haben sich die Bürger des Reviers mit der Tatsache, dass die Kumpel nicht mehr unter Tage fahren. Doch zum Ende des Jahres wird es endgültig: Mit der Schließung der Zechen in Bottrop und Ibbenbüren endet der deutsche Steinkohlebergbau – eine geschichtliche Zäsur.
Unter dem Titel „Der Abschied vom Bergbau im Jahr 2018 – Wie geht es weiter?“ beschäftigte sich Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der Ruhrkohle Aktiengesellschaft (RAG) in der gut besuchten Matthäuskirche mit der Zukunft des Reviers. Er begrüßte das Publikum mit einem „Glück auf“. Die Besucher grüßten zurück. Dass die Politik im Jahre 2007 den Auslauf des Steinkohlebergbaus beschlossen habe, sei „aus heutiger Sicht das Beste, was den Bergleuten passieren konnte“, sagte Tönjes. Die nun anstehenden Aufgaben im Bergbau gliederten sich bis 2021 in eine „Stilllegungsphase“ und dann ab 2022 in eine „Ewigkeitsphase“.
Neue Nutzung für alte Flächen
Die dann verbleibenden rund 650 RAG-Mitarbeiter arbeiteten in den Bereichen Grubenwasserhaltung, Poldermaßnahmen und Grundwassermanagement, ebenso Bergschäden, Verfüllung von Schächten und Sicherung von Altbergbau. Tönjes unterstrich auch die Bedeutung der stillgelegten Halden für die Wasserversorgung.
Anhand diverser Beispiele aus Revierstädten erläuterte der 62-Jährige neue Nutzungsmöglichkeiten alter Flächen. So sei in Gelsenkirchen die Siedlung Schüngelberg neben der ehemaligen Zeche Hugo denkmalgerecht saniert worden. In anderen Städten geben es eine neue Nutzung durch Logistik, Gastronomie, Technologie und Dienstleistung.
Hoffnung setzte Tönjes in die hervorragende Bildungslandschaft im Ruhrgebiet. Sie komme auch der neuen hohen Spezialisierung in der Wirtschaft zugute. Weitere Impulse versprach er sich von Forschung und Lehre; im Revier gibt es 23 Universitäten. Die RAG werden sich zukünftig auch bei erneuerbaren Energien engagieren.
„Wir brauchen mehr Gründer“
Eine Bürde sah Tönjes in der vergleichsweise sehr hohen Arbeitslosigkeit im Revier. Liege die Arbeitslosigkeit im Bundesschnitt bei 5,7 Prozent, sei sie mit 9,7 Prozent im Revier eine große Last. Die hohe Zahl der Erwerbslosen sei vor allem auf den Strukturwandel zurückzuführen. „Wir brauchen mehr Gründer“, forderte Tönjes zum Schluss seiner einstündigen Rede.
Selbstverständlich ging er zu Beginn des Vortrags auch auf die Geschichte des Bergbaus im Ruhrgebiet ein: „Vor 200 Jahren ist aus einer verschlafenen Region mit dem Bergbau das Ruhrgebiet entstanden.“
Kritische Töne waren unüberhörbar
Die ersten Bergleute seien Bauern gewesen. Tönjes betonte den „liebenswerten Menschenschlag“ der Revierbewohner. Auch erinnerte er an die Gründung von Schalke 04 im Jahre 1904 durch die Kumpel von Consol.
Der Steinkohlebergbau habe die Region über eine sehr lange Zeit geprägt. 1957 habe die Kohleproduktion ihren Höhepunkt erreicht, doch schon ein Jahr später habe die Kohlekrise den „politisch flankierten Rückzug eingeleitet“.
Kritische Untertöne an die Adresse der Politik waren mitunter nicht zu überhören. „Wir haben noch Kohlenvorräte für die nächsten 380 Jahre“, sagte Tönjes. Aber die Politik habe das Ende beschlossen.
>> Zur Person: Bernd Tönjes
Bernd Tönjes wurde 1955 in Dorsten geboren. 1982 fing Tönjes nach einem Bergbaustudium als Technischer Angestellter bei der Bergbau AG Lippe an. Weitere Stationen: Fahrsteiger, Obersteiger und Grubenbetriebsführer. Von 1988 bis 1999 hatte Tönjes verschiedene Leitungspositionen bei der Ruhrkohle Westfalen AG, der Ruhrkohle Bergbau AG bzw. der Deutsche Steinkohle AG. 2000 wurde Tönjes Mitglied des Vorstandes der Deutsche Steinkohle AG. S eit 2008 ist er Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft.