Gelsenkirchen. Der neue Parlamentarische Staatssekretär für Wirtschaft und Energie, Oliver Wittke (CDU), im Gespräch mit dieser Zeitung über kommende Aufgaben.
Höhen und Tiefen hat der Gelsenkirchener CDU-Politiker Oliver Wittke erlebt, er war hier Oberbürgermeister, später sogar Minister für Bauen und Verkehr des Landes NRW. Bei der Bundestagswahl 2017 verlor er das direkte Wahlkreis-Duell mit Markus Töns (SPD), zog aber über die Landesliste als Abgeordneter in den Deutschen Bundestag ein. Nun, nach der Regierungsbildung, folgt erneut ein Karriere-Sprung: Mit dem neuen Parlamentarischen Staatssekretär für Wirtschaft und Energie sprach Redakteur Nikos Kimerlis über seine neue Aufgabe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Sie persönlich angerufen und über ihre Berufung informiert – wie überrascht waren Sie und Ihre Familie?
Oliver Wittke: Nachdem am vergangenen Freitag ein Anruf der Kanzlerin am Sonntag angekündigt war, war die Richtung klar. Da blieb also auch Zeit, die Familie auf Kommendes vorzubereiten. Dass Angela Merkel aber ohne dazwischengeschaltete Sekretärin direkt am Rohr war, überraschte schon ein wenig.
Was macht ein Parlamentarischer Staatssekretär, über welche Befugnisse bzw. Mittel verfügt er und wie viele Mitarbeiter stehen Ihnen zur Verfügung?
Wittke: Der parlamentarische Staatssekretär unterstützt den Minister in fachlicher und politischer Hinsicht und vertritt ihn in Bundestag und Bundesrat. Peter Altmaier hat darüber hinaus verfügt, dass seine parlamentarischen Staatssekretäre alle Vorlagen mitzeichnen. Das ist für das Wirtschaftsministerium neu und eine Stärkung gegenüber der Fachverwaltung. Mein Büroleiter aus dem Bundestagsbüro wird mit ins Ministerium wechseln. Daneben sind mir ein weiterer Referent, zwei Sekretärinnen und ein Fahrer persönlich zugeordnet. Insgesamt hat das Wirtschaftsministerium rund 1900 Mitarbeiter.
„Ich stehe parat, wenn es um Gelsenkirchen geht“
Was sind die Themen, die Sie im neuen Amt vorantreiben und zum Abschluss bringen wollen?
Wittke: Ich will mich vor allem um die Themen Industrie- und Strukturpolitik kümmern. Für Gelsenkirchen und das Ruhrgebiet besonders wichtige Themen. Darüber hinaus wird es eine Regierungskommission „Gleichwertige Lebensbedingungen“ geben, in die mich gern einbringen würde.
Was können Sie in Ihrem Amt für Gelsenkirchen und das Ruhrgebiet tun, was wollen sie tun?
Wittke: Sowohl das Ruhrgebiet wie auch die Heimat von Minister Altmaier, das Saarland, sind im Strukturwandel vorangekommen. Es bleiben aber Defizite. Eine zu geringe Selbstständigenquote, viele Langzeitarbeitslose und nicht zuletzt überschuldete Städte. Da kann ich sicher für Gelsenkirchen einiges bewegen.
Berlin – Ruhrgebiet, speziell die Achse Gelsenkirchen – Berlin: Welche Reibungspunkte sehen Sie in der Zusammenarbeit?
Wittke: Ich stehe immer parat, wenn es darum geht, Gelsenkirchener Belange in Berlin zu vertreten. Und da gibt es jetzt sicher noch mehr Möglichkeiten als zuvor. Im Übrigen nicht nur im Zusammenspiel mit der Stadtverwaltung, sondern auch mit Unternehmen.
Wie lange geben Sie persönlich der neuen Koalition, wird sie über die volle Regierungszeit halten?
Wittke: Natürlich wird diese Koalition die verbleibenden dreieinhalb Jahre bestehen. Im Koalitionsvertrag sind ja viele Gemeinsamkeiten festgehalten. Und mein Eindruck ist, dass es auch zwischen den handelnden Personen funktioniert.
„Wir werden die AfD inhaltlich stellen“
Welche Themen könnten Ihrer Meinung nach die Koalition auseinandertreiben und vorzeitig beenden?
Wittke: Wenn jede Seite der jeweils anderen ermöglicht, das Gesicht zu wahren, wird diese Regierung halten. Das erwarten im Übrigen auch die Wählerinnen und Wähler.
Wie kommen Sie als Vertreter einer christlich geprägten Partei damit klar, dass die Opposition nun von der AfD dominiert wird?
Wittke: Wir werden die Protestpartei AfD inhaltlich stellen. Da kommt nämlich nichts. Und was kommt ist radikal, menschenverachtend und demokratiefeindlich. Man darf die Rolle der Oppositionsführung aber auch nicht überbewerten. In der vergangenen Legislatur war Sarah Wagenknecht Oppositionsführerin. Gemerkt hat’s niemand.
Ostern in Berlin oder Gelsenkirchen? Wie haben sich jetzt die Lebensmittelpunkte durch das neue Amt vielleicht verändert?
Wittke: In Michigan! Wir besuchen mit der ganzen Familie unseren jüngsten Sohn, der gerade ein Auslandsschuljahr in den USA verbringt. Und von da aus geht‘s direkt wieder nach Berlin, wo ich mit 75 Gelsenkirchenern den Berliner Halbmarathon laufen werde. Insgesamt werde ich künftig mehr Zeit in Berlin verbringen. Mein privater Lebensmittelpunkt bleibt aber meine Heimatstadt Gelsenkirchen.
>> Arbeitsaufteilung wird nächste Woche näher besprochen
Am Mittwochabend hat der studierte Diplom-Geograf Oliver Wittke seine Ernennungsurkunde in Empfang genommen, am Donnerstag sein Büro zugewiesen bekommen und gleich darauf den ganzen Tag im Plenum des Bundestages verbracht.
„Wir müssen uns noch ein wenig zurecht ruckeln“, sagte Oliver Wittke. Nächste Woche werden im Ministerium die Arbeitsfelder näher besprochen, daraus ergeben sich die ersten Ankerpunkte, an denen die neue Regierung die Hebel ansetzen wird.