Das Vinzenz-Heim wird runderneuert, die Einzelzimmerzahl erhöht. Dafür müssen betagte Mieter nebenan im Haus St. Martin weichen. Ihnen wurde zum 28. Februar 2010 der Mietvertrag gekündigt.
Die St. Augustinus Heime GmbH wird die Wohnsituation im St. Vinzenz Haus an der Kirchstraße verbessern. Bis zu 93 Senioren leben im Haus – derzeit in 21 Einzel- und 36 Doppelzimmern. Die Standards sind nicht nur nicht mehr zeitgemäß, sie entsprechen auch nicht mehr den Vorgaben. Der Gesetzgeber fordert 80 % Einzelzimmer. Die Frist läuft 2012/13 ab.
Das Pflegeheim wird daher ab 2010 komplett umgebaut und erweitert. Nach ersten Kostenschätzungen müssen in bis zu zwei Jahren Bauzeit gut 5,5 Mio € investiert werden, so St. Augustinus-Geschäftsführer Peter Weingarten. Die Baugenehmigung ist beantragt, die Ausschreibungen sollen bald erfolgen. Die Kehrseite der Medaille: Betroffen ist das benachbarte Haus St. Martin. „Wir brauchen das Gebäude dringend, um das Vinzenzhaus größer fassen zu können”, sagt Weingarten. Den Bewohnern der Seniorenwohnungen dort, alle hochbetagt, wurde daher der Mietvertrag gekündigt. Bis zum 28. Februar 2010 müssen sie ausziehen. Sieben Parteien sind betroffen. Teils nicht zum ersten Mal.
„Nachdem meine Mutter und auch andere Bewohner erst im vorigen Jahr ihre Wohnungen im ersten Stock aus den gleichen Grunden räumen mussten, kam jetzt nach einer Mieterversammlung die Kündigung”, ärgert sich Achim Kuhlmann. Seine 91 Jahre alte Mutter bewohnt eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der zweiten Etage von St. Martin und wird dort auch betreut und versorgt. Für Kuhlmann riecht die Umbaulösung „nach Kommerz”. Für ein kirchlich getragenes Haus sei das ein „unchristlicher Akt”. Zudem kritisiert er, „entsprechen die angebotenen freien Wohnungen in keinster Weise den Anforderungen an ein altersgerechtes Wohnen und sind teilweise nur mit Wohnberechtigungsschein zu beziehen.”
Der Heimträger kennt die Knackpunkte, drückt auch bereits im Kündigungsschreiben an die Mieter Ende August sein „außerordentliches” Bedauern über den Schritt aus. Allein: Weingarten sieht keine andere Lösung. „Wir haben am Platz nach Ausweichmöglichkeiten geschaut, das war aber nicht möglich. Alternativ haben wir überlegt, auf dem Kinderheimgelände von St. Josef ein neues Gebäude zu errichten. Aber das wäre nicht sinnvoll gewesen”, so der Geschäftsführer. Auch das Haus St. Monika wurde als Standort geprüft und verworfen. Hinzu kam, dass es sich dort um öffentlich geförderte Wohnungen handelt – eine Umnutzung war damit vom Tisch. So wird es nun auf den weiteren Umbau von St. Martin hinauslaufen. Das Haus an der Ringstraße bekommt laut Weingarten ein weiteres Stockwerk aufgesetzt, der Gesamtkomplex soll zwei kleinere Anbauten erhalten. „Wesentlich spielt sich der Umbau im Vinzenz-Haus im Innenraum ab”. Bei laufendem Betrieb, wohlgemerkt. Weitere Unbillen sind also zu erwarten. Auch wenn man im Heim bemüht ist, „möglichst wenige Umzüge zu machen und alles so verträglich wie möglich zu gestalten”. Dass das „alles nicht schön ist, ist allen Beteiligten klar, aber wir mussten eben abwägen”, sagt Weingarten. Keine Wahl haben die betroffenen St-Martin-Mieter. Sie können nur hoffen, dass sie den nötigen Wohnungswechsel (üb)erleben.
"Tastet uns nicht die Seniorenwohnungen an"
Es gibt und gab eine rege Bautätigkeit in Gelsenkirchener Pflege-Heimen (Johanniter-Stift, Cura, St. Hedwig, Bruder Jordan-Haus), um gesetzliche Auflagen zu erfüllen. Für den städtischen Seniorenbeauftragten Wilfried Reckert galt dabei: „Tut was ihr wollt, aber tastet uns nicht die Seniorenwohnungen an.” Davon habe die Stadt ohnehin zu wenig. Entsprechend unglücklich ist für ihn die St.-Vinzenz-Lösung.