Gelsenkirchen. . Der Kabarettist und Comedian gastierte mit seiner aktuellen Show „Besser . . . ist besser“ am Sonntag in der ausverkauften Gelsenkirchener Kaue.

Es heißt immer, die Auftritte von Ingo Appelt seien nichts für Feingeister. Stimmt überhaupt nicht! Wer sagt denn, dass ein Gourmet, der mit intellektuellem Humor gesegnet ist, nichts wegstecken kann. Okay, zimperlich sollte nicht sein, wer zum Appelt geht. Der sagt auch mal „Ficken“. Wie gewagt!

Auch Verfechter und Verfechterinnen der politischen Korrektheit sollten dem Kabarettisten fern bleiben; lieber sollten sie mit Sahra Wagenknecht essen gehen, am liebsten beim Italiener oder der Italienerin. Denn Appelt pfeift – wie alle ernst zu nehmenden Profis seines Fachs – auf diese rein deutsche Krankheit. Der sagt auch mal „Neger“. Da hört sich doch alles auf.

Mit einem silbernen Cruzifix auf der Brust

Quatsch, da fängt es gerade mal an. Als Ingo Appelt, ganz in Schwarz gekleidet, mit einem silbernen Cruzifix auf der Brust, einem kleinen Bäuchlein und einem eher unvorteilhaften Hosenschritt die Bühne betritt, hat er das Publikum sofort auf seiner Seite. Die meisten sind um die 50 und gerecht in Männer und Frauen geteilt. Appelt ist auch 50.

Comedian Ingo Appelt.
Comedian Ingo Appelt.

Was folgt, sind zwei Stunden Schimpfe und Wahrheiten. Und auch Sticheleien gegen das Publikum. „Das ist ja eine Stimmung wie im Willy-Brandt-Haus“, spielt er ironisch auf die mangelnde Begeisterung angesichts der Abstimmung der SPD-Mitglieder zur Großen Koalition an. Und dann fragt er: „Wer ist SPD-Mitglied?“ Einer meldet sich. Er selbst beichtet, seit 30 Jahren Mitglied dieser „Volkspartei“ zu sein; eingetreten sei er in seiner Zeit in Franken, wo er aufgewachsen ist. „In Bayern konnte ich mit dem Mitgliederausweis hinter der Frontscheibe auf dem Behindertenparkplatz stehen.“ Auch ein Grund, vielleicht der beste.

Mit seinem Programm „Besser ... ist besser!“ tourt der gebürtige Essener seit drei Jahren durch Deutschland. Drei Jahre mit dem gleichen Programm – das ist viel für einen Kabarettisten. Doch dient es nur als Basis; Appelt ist sehr flexibel, streut aktuelle Ereignisse in die Show ein. Zur traurigen Debatte um die Essener Tafel meint er: „Im reichen Deutschland dürfte es überhaupt keine Tafeln geben.“ Schlichte, unlustige Feststellung. Applaus.

Appelt ist gut gelaunt stocksauer

Manches ist nicht ganz aktuell, hallt aber nach. Zum „Ziegenficker“-Gag von Jan Böhmermann, der den türkischen Präsidenten Erdogan erniedrigen sollte, meint Appelt. „Da war ich auch sauer. Dass der mir nicht eingefallen ist.“ Erdogan und Trump sind natürlich dankbare Ziele für einen Komiker – die beiden sind Elfmeter ohne Torwart. Angela Merkel auch. In Beobachtung ihres Besuchs im Weißen Haus, als Donald der Angie den zweiten Handschlag verwehrte, weiß Appelt: „Trump war sauer, dass Adolf Hitler immer nur seine hässliche Sekretärin schickt.“ Die Arme, dabei gibt sie sich doch wirklich Mühe.

Frauenquote, Nazis, absurd große Autos, Facebook, regionale Eigenarten (freundliche Sachsen, depressive Bayern), Flüchtlinge – Appelt lässt nichts aus. Seinem messerscharfen Blick entgeht nichts, was aus der Kurve rutscht. Einen Flüchtling hätte er auch gern. „Der könnte mir die Küche putzen.“ Lass das ja nicht die Claudia Roth hören.

Appelt wettert, grunzt und räsoniert. Er ist gut gelaunt stocksauer. Sauersein ist der Hochschulabschluss eines guten Kabarettisten. Appelt hat ihn Summa cum laude. Von vielen Comedy-Fans als zu berserkerhaft geschmäht, machte sein Auftritt in der Kaue klar: Der Mann ist besser als sein Ruf; eine Axt kann ganz schön witzig sein.