Gelsenkirchen-Schalke. . Comedian Johannes Schröder glänzt Zynismus auf der Kaue-Bühne. Sein Publikum bezieht er gekonnt mit ein, er leistet sich aber auch flachere Gags.

Die Schulglocke klingelt. „Herr Schröder“, Deutschlehrer, betritt die Bühne. Der Comedian schafft die Atmosphäre einer Schulstunde und verspricht den Gästen: „Wenn ihr gut mitmacht, machen wir fünf Minuten eher Schluss“.

Sein Publikum hat er schnell im Griff. Das geht soweit, dass er ihm zur Einstimmung „Urwaldgeräusche“ abringt – der Sound einer Affenbande füllt den Saal der „Kaue“. Einlagen dieser Qualität gibt es im Verlauf immer mal wieder. Dazwischen aber auch feine Zynismen, die Erlebtes aus dem Lehreralltag und Alltägliches wie die deutsche Grammatik aufs Korn nehmen.

Wenn das Kreiskrankenhaus ein rundes ist

Der „Beamte mit Frustrationshintergrund“, der vom Klassenzimmer auf die Bühne wechselte, spielt mit Klischees. Erzählt vom Schüler Justin-Maddox. Allein der Name vermittelt den Gästen ein Bild, das Humorvolles erwarten lässt. Doch sei der Junge nicht dumm gewesen. Vielleicht etwas naiv. „Für den ist ein Kreiskrankenhaus rund.“ Auf die Frage nach einem Tier aus der Heimat habe der Schüler geantwortet: „Der Rindenmulch.“ Aber: „Ein lieber Junge. Da kann man nichts sagen.“

Der Kmapf mit den Artikeln im Deutschen

Immer wieder bezieht Johannes Schröder die Besucher mit ein, lässt sie sich vorstellen. Manchmal reicht schon der Name für einen Gag. Schließlich sitzt in der ersten Reihe ein „Kevin“. Dann ist ein anderer Gast dran. Der berichtet von seinen polnischen Wurzeln. Der Comedian kontert: „Was ist schwieriger zu knacken, die deutsche Grammatik oder deutsche Autos?“

Der Lehrer widmet sich wieder dem Schulstoff. Genauer, den Artikeln. Die seien schwierig zu lernen. „Es gibt im Deutschen keinen Bezug zwischen Artikeln und dem, was oder wen sie bezeichnen. Wobei, natürlich heißt es die Einparkhilfe und die Entscheidungsschwäche.“ Als einige Damen daran Anstoß nehmen erinnert er: „Leute, das ist Grammatik, das habe ich mir nicht ausgedacht.“ Jetzt geht es um Begriffe, deren Wortsinn bei genauerer Ansicht widersprüchlich ist. „Hallenfreibad – W-Lan-Kabel – vorläufiges Endergebnis.“

In den letzten Reihen sitzt der schwarze Block

Ganz nebenbei gibt es auch noch einen kleinen psychologischen Selbsttest für alle Anwesenden. So sage der Platz, den man im Bus wähle, viel über den Schüler aus. „In den letzten vier Reihen sitzt der Schwarze Block – alles pädagogische Härtefälle.“ Zu dem haben sich gerade die meisten Gäste bekannt. „Mit jeder Reihe nach vorne sinkt die Schulhoflebenserwartung. In der Mitte sitzen schon Kinder mit seltsamen Verhaltensweisen, die vielleicht ein Buch lesen.“ Und ganz vorn? „Da sind die, die im darwinistischen Treibsand ins Straucheln geraten, die sich mit dem Busfahrer unterhalten. Das sind unsere Hochbegabten.“

„Herr Schröder“ agiert in einem Spannungsfeld zwischen flachen Gags, dem Spiel mit Klischees und einer pointierten Behandlung von Unterrichtsstoff. Sein Gelsenkirchener Publikum erreicht er damit auf jeden Fall. Das feiert ihn schon nach wenigen Minuten.

Studierter Deutschlehrer erklärt „World of Lehrkraft“

>> Johannes Schröder ist studierter Deutschlehrer. Nach zwölf Jahren im Schuldienst ist der Wahlkölner aktuell mit seinem ersten Soloprogramm „World of Lehrkraft – Ein Trauma geht in Erfüllung“ auf Tour durch Deutschland.

>> Das Ziel, als Comedian auf der Bühne zu stehen, zog „Herrn Schröder“ 2014 zunächst nach Kanada, wo er in Comedy-Clubs erste Erfahrungen sammelte und lernte. Zurück in der deutschen Heimat gewann er ab 2015 mehrere Comedy-Preise.