Gelsenkirchen. Nach neuer Ausschreibung reinigt nun eine Kölner Firma den Zoom. Stölting kündigt 25 Entlassungen an und stellt Standort Gelsenkirchen infrage.
Als gelungener Coup gefeiert wurde von Seiten der Stadt und natürlich auch bei den Wirtschaftsförderern das Bekenntnis der Stölting-Gruppe für den Standort Gelsenkirchen. Im schmucken Stadtquartier Graf Bismarck, lediglich einen Steinwurf entfernt vom Zoom, entsteht gerade die neue Unternehmenszentrale. Das scheinbar enge Band könnte nun einige schwer zu flickende Risse bekommen haben. Der Grund: Die Reinigung der Erlebniswelt, zehn Jahre in Händen von Stölting, ist nach einer neuen Ausschreibung durch die Stadtwerke Gelsenkirchen an einen Mitbewerber aus Köln gegangen.
Großer Ärger mit Folgen
Wie groß der Ärger und womöglich die Folgen sind, das lässt sich den Äußerungen von Stölting-Geschäftsführer Sebastian Mosbacher entnehmen. „Wir werden durch diesen Auftragsverlust zwischen 20 und 25 langjährige Mitarbeiter aus Gelsenkirchen kündigen müssen. Dabei handelt es sich um Mitarbeiter, die wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben werden. Die Gefahr, dass die Kollegen wieder in die Langzeitarbeitslosigkeit fallen, ist groß.“
Eine weitere, weitaus folgenreichere Konsequenz, den ein einbrechender Markt in Gelsenkirchen nach sich zöge, ist, dass sich das Unternehmen nun nach eigenen Angaben Gedanken darüber machen wird, ob es nicht Standorte im Ruhrgebiet gibt, in denen das Dienstleistungsportfolio besser platziert werden könnte. „Dazu gehört auch ein Umzug unserer operativen Gesellschaften“, so Mosbacher weiter. Deutlicher geht es kaum – zumal Stölting in dem Zusammenhang nicht unerwähnt lässt, dass man sich schon des Öfteren mit den „recht hohen Gewerbesteuerhebesatz beschäftigt“ hat. Und in den vergangen Jahren mehr als 1000 Mitarbeiter aus Gelsenkirchen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gebracht habe.
Einspruch bei der Vergabekammer
Wesentliches Vergabekriterium, das bestätigt Stadtsprecher Martin Schulmann, als auch Stölting-Geschäftsführer Sebastian Mosbacher, ist der günstigste Preis gewesen. Dagegen hatte Stölting bei der Vergabekammer Einspruch eingelegt, ist aber gescheitert. Der Servicedienstleister beharrt darauf, dass „Leistungen, die zwingend notwendig sind für die Hygiene“, Bestandteil der Ausschreibung sein müssen. Entscheidend, so der Standpunkt von Stölting, müssten auch solche Punkte sein: regionale Nähe, ausgebildete Mitarbeiter, Logistik, Geräte und Maschinen. Derlei kam angeblich aber nicht zum Tragen.
Der Wegfall solcher Faktoren, so die Erfahrung von Stölting, habe dazu geführt, „dass Dumpinganbieter aus dem gesamten Bundesgebiet solche Ausschreibungskriterien nutzen, um über den Preis zu Aufträgen zu kommen. Durch Nichteinhaltung von Tarifverträgen, mangelnde Qualität durch zu hohe Leistungen, die von den Mitarbeitern gefordert werden und nicht erbracht werden können, wird versucht, Aufträge auskömmlich zu Lasten der Arbeitnehmer umzusetzen.“
Stadt: Vergabekriterien sind nicht zu beeinflussen
Starker Tobak. Stadtsprecher Martin Schulmann erwidert darauf, dass man als Verwaltung die Vergabekriterien „nicht beeinflussen kann“. Diese seien gesetzlich vorgeschrieben, der Wettbewerb knallhart und letztendlich setze sich der günstigste Anbieter durch.
Ähnlich beziehen auch die Stadtwerke Stellung durch ihre Sprecherin Janin Meyer-Simon: „Die Ausschreibung wurde nach dem Vergaberecht ausgeführt. Dies umfasst alle Regeln und Vorschriften, die das Verfahren beim Einkauf von Gütern und Leistungen vorschreibt. Laut diesen Vorschriften darf der Wettbewerb nicht auf Unternehmen beschränkt werden, die in bestimmten Regionen oder Orten ansässig sind.“ Die Stadtwerke bedauerten, dass die Ausschreibungsergebnisse nicht ausschließlich für hiesige Vertragspartner sprächen.
Harter Wettbewerb
Klar, der Wettbewerb ist hart, und jeder Unternehmer kalkuliert anders mit der spitzen Feder. Und doch erscheint es paradox, dass ein Anbieter, der beispielsweise lange Anfahrtszeiten einplanen muss, trotzdem billiger sein kann als ein anderer, dessen Mitarbeiter den Einsatzort beinahe schon fußläufig erreichen können.
Die Stadtwerke als Auftraggeber zumindest haben keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass „die Bieter die sogenannten vergabefremden Kriterien – beispielsweise Tariftreue, Mindestlohn oder aber auch soziale oder ökologische Kriterien – nicht berücksichtigt haben. Alle Bieter haben ihre Angebotskalkulationen offengelegt.“
Was gehört zu den Reinigungsaufgaben?
Nach Unternehmensangaben waren je nach Saison in der Spitze zwischen 20 und 25 Mitarbeiter bei Stölting damit beschäftigt, um Reinigungstätigkeiten innerhalb des Zoom-Geländes auszuführen. Dazu gehörte zum Beispiel das Entleeren von Papierkörben, das Säubern der Sanitäranlagen, Reinigen der Restaurants inklusive der Küchenbereiche nach speziellen Hygienevorschriften und der Kioske sowie die Sicherstellung der Ordnung und Sauberkeit auf dem gesamten Gelände.
Darüber hinaus hat Stölting in den Gehegen und im gesamten Gelände die Reinigung der Glasflächen mit zwei ausgebildeten Gebäudereinigern in definierten Rhythmen durchgeführt.
Stölting arbeitet laut eigener Darstellung für 100 Kommunen im gesamten Bundesgebiet, davon für fast alle Kommunen im Ruhrgebiet.
Warum sind eigentlich Gelsendienste mit dieser Aufgabe nicht betraut? Gemäß „unserer Betriebssatzung“, so erklärt Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne, „reinigt Gelsendienste die städtischen Dienstgebäude, unter anderem also die Verwaltungsstandorte, Schulen, Kitas und Feuerwachen.“