Gelsenkirchen. . Umweltschützer, aber auch die Stadt sind skeptisch in Bezug auf das laut einer Studie geringe Risiko von Fahrverboten für Gelsenkirchen.
Die jüngst veröffentlichte Studie der Universität Duisburg Essen, wonach das Risiko eines Fahrverbots für Diesel-Fahrzeuge im Ruhrgebiet als „gering“ eingestuft wird, ist beim Landesumweltamt (Lanuv), dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit Skepsis und bei der Stadtverwaltung mit Zurückhaltung aufgenommen worden.
Grund zur Entwarnung sehen alle drei Parteien nicht. Fahrverbote sind für sie noch nicht vom Tisch, zumal jetzt am Dienstag Umweltministerin Barbara Hendricks zum Rapport in Brüssel einbestellt worden ist und danach wenig Chancen sah, dass die EU-Kommission von einer Klage gegen Deutschland absieht. Nach Einschätzung von Hendricks reichen der EU die Bemühungen des Bundes, schädlichen Stickstoffdioxid-Emissionen (NO2) unter den vorgegeben Grenzwert zu halten, nicht aus (Bericht dazu im überregionalen Teil).
Lanuv: „Studie ist nicht grob falsch, aber widersinnig“
Birgit Kaiser de Garcia, Sprecherin des Lanuv, stufte die Studie zwar nicht als „grob falsch, aber als widersinnig“ ein. Grund: Es werde die falsche Botschaft gesendet. Ähnlich äußerte sich Arne Fellermann, Verkehrsexperte des BUND. Beide betonten, dass die Grenzwerte von der EU verbindlich festgesetzt werden, Verstöße nach Brüssel gemeldet werden – da spielt es keine Rolle, ob die rote Linie mehr oder weniger stark überschritten worden ist. Kritik entzündete sich aus Sicht des Landesumweltamtes daran, dass der Studie noch keine validierten Daten – die kommen erst im März heraus – zu Grunde liegen, sondern nur vorläufige Messwerte. Und die seien dann „wohl gemittelt worden für die Studie“, so Kaiser de Garcia.
Städte kommen um Einschränkungen nicht herum
Zweifel haben die Experten auch daran, dass die Richter bei ihrer Urteilsfindung – bei 15 Städten, darunter Gelsenkirchen, ist eine Klage der Deutschen Umwelthilfe wegen der NO2-Überschreitungen anhängig – der Höhe der Überschreitung einen größeren Stellenwert beimessen. „Überschreitung ist Überschreitung“, sagen sie mit Blick auf die Grenzwerte, die seit 2010 bindend sind und die, nach etlichen Fristverlängerungen seitens der EU und zahlreichen Maßnahmen zur Emissionsreduzierung in Städten und Gemeinden nicht vollumfänglich eingehalten worden sind. Arne Fellermann folgert daraus: „Die Städte werden um Einschränkungen und Verbote nicht drumherumkommen.“
„Fahrverbote sind nicht vom Tisch“, heißt es deshalb im Gelsenkirchener Rathaus. Pressesprecher Martin Schulmann sagte, dass „je deutlicher die Messwerte den Grenzwert überschreiten, desto schwieriger ist es, geeignete Maßnahmen zu finden, die zu deren Einhaltung führen.“
Umsetzung von Fahrverboten schwer zu überprüfen
Erschwerend kommt hinzu, dass mit der Sperrung der Uferstraße als eine alternative Nord-Süd-Verbindung die Emissionen an der ohnehin stark frequentierten Kurt-Schumacher-Straße sehr wahrscheinlich wieder ansteigen dürften.
Für die Stadt stellt sich bei einem möglichen Fahrverbot für Diesel-Pkw nicht so sehr die Frage, wie schnell man Sperrungen und Verbotsschilder aufstellen kann, sondern wie die Umsetzung und Überprüfung erfolgen soll. Die Überwachung des laufenden Verkehrs obliegt der Polizei. Dauerhafte Einsätze in dieser Sache erscheinen da schon allein wegen vieler anderer Aufgaben und der Personalstärke kaum umsetzbar. „Und es gibt ja noch keine blaue Plakette, wie soll man da Fahrzeuge erkennen, die einen Bereich nicht befahren dürfen“, so Schulmann weiter. Ungeklärt sei auch, was mit Bussen des ÖPNV und Hybrid-Fahrzeugen geschehe – auch die stießen schließlich Stickoxide aus.
Grundsatzurteil fällt am 22. Februar
>> An der Messstation des Lanuv an der Kurt-Schumacher-Straße wurden in den letzten fünf Jahren diese Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid (in Mikrogramm pro Kubikmeter Luft) gemessen: 53 µg/m³, 51 µg/m³, 50 µg/m³, 48 µg/m³ und 46 µg/m³ (vorläufiger Wert 2017 laut Studie). Erlaubt sind aber lediglich 40 µg/m³.
>> Am 22. Februar fällt das Bundesverwaltungsgericht sein Urteil zur Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen die Stadt Düsseldorf – das wird als Grundsatzurteil für das weitere Vorgehen beim Thema NO2-Belastung angesehen.