Gelsenkirchen/Wattenscheid. . Von der Reformation über Arbeitskämpfe bis zum Kirchenasyl: Das Buch „Kirche in der Stadt“ widmet sich Geschichte und Geschichten.
„Kirche in der Stadt“ ist der Titel eines Buches, das zwar im Lutherjahr erschienen ist, aber sich vielmehr damit beschäftigt, was auf ihn folgte, wie sich die evangelische Kirche einbrachte in die Gesellschaft, sie prägte – und das vor Ort, im Kirchenkreis Gelsenkirchen Wattenscheid.
Das sei hier auf vorbildliche Weise geschehen, so die Verlegerin Ulrike Asche-Zeit. „Ein Lehrbeispiel dafür, wie sich evangelisches Leben in die Stadtgesellschaft einbringen kann. Ich habe selbst viel über Gelsenkirchen gelernt, bin über das Buch zur Gelsenkirchenerin geworden.“ – „Ich bin auch auf dem Weg dahin“, erwiderte Superintendent Heiner Montanus, der in seiner Begrüßung der Gäste zur Buchvorstellung auf den Inhalt einging. So sei etwa 1996 die erste Superintendentin in Westfalen aus dem Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid gekommen. „Da waren wir Gelsenkirchener auch mal die Ersten.“
Kirchenasyl in der Hasseler Lukaskirche
Tatsächlich erinnert das Buch an Unvergessenes und wirft zudem einen anderen Blick auf die Stadt, einen selbstbewussten, einen, der es erlaubt, auch mal stolz zu sein auf das Engagement ihrer Einwohner. So wird, in einem der letzten Kapitel, noch einmal an das Kirchenasyl in der Hasseler Lukaskirche erinnert. Wer das miterlebte, weiß wohl noch, dass das spannend war wie ein Krimi und gleichsam eine neue Gemeinschaft entstehen ließ. Wer nicht dabei war, kann nun davon lesen. So wie von dem langen Kampf der „Hugoraner“ um den Fortbestand ihres Pütts. Im Jahr 1997 besetzten die Bergleute 33 Tage lang die Apostelkirche in Buer und rückten das evangelische Gotteshaus in den Mittelpunkt ihres Arbeitskampfes.
Ausschlaggebend für das Buchprojekt
Das Buch aber blickt auch zurück zu den Anfängen des Protestantismus in der Stadt. Und es verschließt nicht die Augen vor dunkleren Kapiteln der Geschichte. So bereichert Stefan Goch, Leiter des „Instituts für Stadtgeschichte“, das rund 220 Seiten starke Werk unter der Überschrift „Das protestantisch-nationale Lager und die Zerstörung der Weimarer Republik“. Für Sozialpfarrer Dieter Heisig, einen der Initiatoren des Buchprojektes, ein wichtiges Thema. „Eine Zeit, der wir uns stellen müssen.“ Sie sei auch ausschlaggebend für das Buchprojekt gewesen.
Uta C. Schmidt ist Herausgeberin und Autorin
So sei 2014 bei dem 50. Jubiläum des Industrie- und Sozialpfarramtes eine rege Diskussion entstanden mit Zeitzeugen. „Da war so viel Interessantes und Spannendes, das durfte man doch nicht verloren gehen lassen.“ Wunschkandidatin des Kirchenkreises war die Historikerin und Kunsthistorikerin Uta C. Schmidt, die Herausgeberin und Autorin ist. Sie erklärte den Gästen, welch Überraschungen sie bei der Recherche erlebte. „Es hat mich elektrisiert, dass einer der berühmtesten Barock-Altare in Wattenscheid steht.“ Damit erklärt sich auch ein Teil des Untertitels „Wattenscheider Barock und Gelsenkirchener Appell“. Ein Spiel mit dem Klischee vom „Gelsenkirchener Barock“ und gleichsam ein Verweis auf die Bedeutung evangelischer Impulse im ganzen Land.
Eine neue Umgangsweise mit Langzeitarbeitslosen
Der „Gelsenkirchener Appell“ nämlich fordert eine neue Umgangsweise mit Langzeitarbeitslosen, will für sie eine auskömmliche Beschäftigung welche der Gesellschaft zugute kommt. Auch das ist ein Thema in dem Buch, das ausdrücklich für alle Menschen geschrieben ist, betonten am Mittwoch alle. So auch Uta Schmidt: „Es ist kein evangelisches Buch, es ist nur eines aus der Perspektive der evangelischen Kirche. Immer wenn es geht, taucht auch die katholische Kirche auf.“
>> Info: Das Buch erschien im Arachne Verlag
Das Buch „Kirche in der Stadt – Wattenscheider Barock, Gelsenkirchener Appell“ ist im Arachne Verlag erschienen. Es bietet 300 Abbildungen auf 224 Seiten und kostet 22,80 Euro.
An dem Kooperationsprojekt des Kirchenkreises und des Verlags wirkte maßgeblich Uta C. Schmidt mit.
Dazu gibt es Gastbeiträge von Kordula Schlösser-Kost, Historikerin und Theologin, Angelika Müller, die das Ruhrgebiet zwischen Migration und Religion erforscht, Prof. Stefan Goch, Leiter des Instituts für Stadtgeschichte, Patrick Buber, Journalist, und Ulrich Altenhöfer, Kunsthistoriker im Baureferat der Evangelischen Kirche von Westfalen.