Gelsenkirchen. Ein heftiger Brand im Untergeschoss einer Wohneinrichtung für Gehörlose in Gelsenkirchen beschäftigte die Feuerwehr - und ein Gaffer die Polizei.

Mitten in der Nacht zu Samstag schlugen der akustische und der optische Rauchmelder in einer Wohneinrichtung für Gehörlose an der Florastraße Alarm. Höchstwahrscheinlich haben die Geräte Leben gerettet. Denn das Feuer, das gegen 3 Uhr im Waschkeller bzw. im Saunabereich des Kellers wütete, hatte eine solche Intensität, dass die Einsatzkräfte zunächst überhaupt nicht zum eigentlichen Brandherd vordringen konnten. "Erst nachdem von außen über die Kellerfenster Löschschaum in den Keller gepumpt wurde, ließ die Brandintensität nach und der Brandherd konnte mit drei C-Rohren gelöscht werden", so die Feuerwehr.

Als die ersten Einsatzkräfte von der nahegelegenen Hauptfeuerwache nur wenige Minuten nach dem Eingang des Alarms an der Florastraße eintrafen, war das Gebäude bereits evakuiert. Ein Augenzeuge berichtet, dass eine Betreuerin zusammen mit sechs gehörlosen Kindern das Gebäude rechtzeitig verlassen konnte. Weitere Personen befanden sich nicht in dem Gebäude.

Gaffer fahren in Einsatzstelle

Während die Feuerwehr gegen den Brand im Keller vorging und die Wohnungen kontrollierte, in die inzwischen dichter Rauch eingedrungen war, sperrten Einsatzkräfte der Polizei die Florastraße für den Verkehr, um einen störungsfreien Rettungseinsatz gewährleisten zu können. Dennoch, so berichtet ein Augenzeuge, fuhren ein Mann und sein Beifahrer in den Einsatzbereich um Fotos und Videos zu machen, bis die Gaffer von der Polizei daran gehindert wurden.

Ob gegen die Männer eine Anzeige gefertigt wurde, wie der Augenzeige berichtet, konnte ein Sprecher der Polizei am Samstagmorgen auf Nachfrage noch nicht bestätigen. Es sei aber gut möglich, dass eine entsprechende Anzeige nur noch nicht dem Einsatzbericht beigelegt wurde, was wegen des Schichtwechsels nicht unüblich sei.

Sachschaden auf 100.000 Euro geschätzt

Der Kellerbereich der Gehörlosen-Wohneinrichtung, die in der Trägerschaft des gemeinnützigen Vereins "Ohrwerk" steht, ist komplett ausgebrannt. Der Brandrauch hat im gesamten Gebäude einen erheblichen Schaden verursacht, den die Feuerwehr auf insgesamt 100.000 Euro schätzt. Die Ursache für den Brand ist noch völlig unklar. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

NRW-Justizminister will härtere Strafen für Gaffer

Indes fordern immer mehr Menschen härtere Strafen für Personen, die ihre Handys zücken, um rücksichtslos Rettungseinsätze, Unfälle und Katastrophen zu filmen. Bisher müssen Gaffer mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 1000 Euro oder sogar mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren rechnen. Für NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) ist der Katalog aber noch nicht ausreichend: „Gaffen ist nicht nur gefährlich. Es ist geradezu pervers, sich am Unglück anderer festzuhalten. Daher spreche ich mich dafür aus, das Thema ,Gaffen’ wieder auf die Tagesordnung zu holen und weitere Strafverschärfungen zu beraten“, sagte er auf Anfrage unserer Redaktion.

„Was ist mit einer Gesellschaft los, in der sich so viele Menschen am Leid anderer aufgeilen und das sogar in sozialen Medien teilen?“, fragt sich auch der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert. (mit jes)