Schalke. 16 Mädchen und Jungen der Kinder- und Jugendeinrichtung Lalok Libre besuchten die Stadt Krakau und das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.

„Das Gefühl kann man fast nicht beschreiben, es war so bedrückend. Wir sind auf dem selben Boden gelaufen, wo damals alles passiert ist“, sagt Jale Zencin. Die 17-Jährige ist eine von 16 jungen Erwachsenen, die mit der Jugendgruppe des Lalok Libre zum Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau gereist war, dem größten deutschen Vernichtungslager zur Zeit des Nationalsozialismus.

Man merkt, sie und auch die anderen Mädchen und Jungen sind noch immer aufgewühlt von ihren Erlebnissen. Eine Nacht verbrachten die Jugendlichen in Krakau. Von dort ging es weiter nach Auschwitz. Viel erfuhren sie bei ihrer Reise über die Geschichte des Landes, die Menschen, die dort leben, und auch jede Menge Erschreckendes über das Konzentrationslager.

Zeitzeugenbericht von Zofia Posmysz

„Großes Glück hatten wir, dass wir Zofia Posmysz, eine von sechs Überlebenden des KZs, und die Autorin des Buches ,Die Passagierin’ treffen durften“, erzählt Jasmin Barbig. „Eine Zeitzeugin zu treffen, ist noch einmal etwas anderes, als in einem Geschichtsbuch zu lesen“, schildert die 21-Jährige.

Drei Stunden berichtete die 94-Jährige, die derzeit in Warschau lebt, den Jugendlichen von ihrem Leben. Zweimal im Jahr würde sie an den Ort zurückreisen, wo sie einst zweieinhalb Jahre, eine prägende Zeit ihres Lebens, verbracht hatte. Die Jugendgruppe berichtet, die Frau habe auf Polnisch gesprochen, ihre Worte wurden ins Deutsche übersetzt. „Trotzdem: Allein durch ihre Reden mit Mimik und Gestik wurden viele Emotionen übermittelt. Das war sehr berührend“, erinnert sich Salah Majdoubi Benazii. Die Autorin Zofia Posmysz habe sich sehr gefreut, als sie erfuhr, dass die Jugendlichen aus Gelsenkirchen angereist waren, da sie Anfang des Jahres selbst die Stadt für die Premiere ihres Theaterstückes besucht hatte.

Eine emotionales Erlebnis

Ein Erlebnis während der Reise blieb Rosalia Harontzas besonders im Gedächtnis: „Zofia erzählte davon, dass sie aus ihrer Holzhütte immer einen ungefähr drei Meter hohen Stacheldrahtzaun sehen konnte. Eines Tages sei dieser, durch die Leichen, die sich davor stapelten, nicht mehr sichtbar gewesen.“ Genau diesen Ort besuchten auch die Jugendlichen einen Tag später. Die 22-Jährige weiter: „Selbst dort zu stehen war sehr schlimm. Ich habe mir die damalige Zeit vorgestellt. Dabei wurde mir das Ausmaß und die Dimensionen erst einmal richtig bewusst.“ Jasmin Barbig stimmt ihr zu: „Teilweise hatte man das Gefühl, als wäre man selbst dabei gewesen. Im Bus auf der Rückfahrt ging bei allen die Laune in den Keller. Wir haben fast alle geweint.“

Nach der Reise zu dem KZ

Nach der außergewöhnlichen Reise, bei der auch Venetia Harontzas, Leiterin des Lalok Libre, und zwei weitere Betreuer mitgereist waren, wurde noch viel diskutiert. Witze hätten bei den Jugendlichen teilweise einen anderen Stellenwert eingenommen und auch Ausdrucksformen hätten sich zum Teil verändert. Außerdem sind sich die Jugendlichen, die aus verschiedenen Nationen stammen, einig: Ihr Erlebtes wollen sie auf jeden Fall an andere Menschen weitergeben. „Einfach, damit so etwas nie wieder passieren kann“, betont Rosalia Harontzas.

Über das Lalok Libre

Das Lalok Libre ist eine Kinder- und Jugendeinrichtung in Gelsenkirchen-Schalke und bietet Kultur und Politik live für alle Generationen – von Ausstellungen über Musik und Tanzpartys bis hin zu Diskussionsveranstaltungen. Im Lalok Libre hat der Ortsverband Schalke der Falken ein Zuhause gefunden.