Gelsenkirchen. . Mit einem Querschnitt durch verschiedene jiddische Musikstile eröffnete das Duo Cesar Lerner und Marcelo Moguilevsky die „Klezmerwelten 2017“

  • Das argentinische Musikduo Cesar Lerner und Marcelo Moguilevsky gestaltete kunstvoll den Festivalauftakt
  • Zu Beginn erklang im Schloss Horst eine illustre Mischung mit Tangoelementen und Flötenmelodien
  • Das bunte Festivalprogramm will auch die Zuhörer zum Mitmachen animieren. Klezmer-Workshop startete am Sonntag

„Wir haben noch einige Plätze frei. Wenn Sie junge Musiker kennen, die Lust zum Mitmachen haben, dann schicken Sie sie Morgen einfach in die Synagoge.“ Andreas Schmitges begrüßte die rund 200 Gäste am Samstagabend im Schloss Horst gleich einmal mit einer Einladung zum beginnenden Workshop.

Ausblick auf die nächsten Wochen

Andreas Schmitges ist auch in diesem Jahr der Künstlerische Leiter des Festivals „Klezmerwelten“.
Andreas Schmitges ist auch in diesem Jahr der Künstlerische Leiter des Festivals „Klezmerwelten“. © Martin Möller

Der künstlerische Leiter des Festivals „Klezmerwelten“ gab einen kleinen Ausblick auf das Programm der nächsten fünf Wochen. „Es gibt viele Konzerte, aber auch viele Möglichkeiten, aktiv daran teilzunehmen.“

Der musikalische Auftakt der sechsten Ausgabe der stets international und hochkarätig besetzten Veranstaltungsreihe gehörte in diesem Jahr Argentinien. Die Großeltern von Marcelo Moguilevsky (Klarinette, Blockflöte, Mundharmonika) und Cesar Lerner (Akkordeon, Klavier) kamen einst als jüdische Einwanderer aus Russland und Polen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in das südamerikanische Land. „Wir haben die Musik unserer Vorfahren mit unseren argentinischen Wurzeln verwoben.“

Der leise Teppich von Akkordeontönen erinnerte so auch erst einmal an Tango und Piazzolla. In Moquilevskys Klarinette mit ihren tastenden, suchenden Tönen auf der Spur einer träumerischen Stimmung, blinzelten gewohnte „Klezmerklänge“ anfangs nur als Streiflichter auf.

Viele Instrumente spielten mit

Die Kompositionen sind modern, voller Brüche und Wendungen. Große Schwünge ausladender Tanzsequenzen wechselten mit einsamen Flötenmelodien. „Wir erfinden uns bei jedem Konzert neu, das ist unser Muster“, erzählte Moguilevsky dem staunenden Publikum. Zwei Vollblutmusiker auf ihrer eigenen Reise - Lerner griff zur afrikanischen Trommel, verzauberte mit perlendem Klavierspiel oder leidenschaftlichen Akkordeon seine Zuhörer.

Moguilevsky wechselte die verschiedenen Blasinstrumente, virtuose Fingertechnik, rasante Zyklen origineller Motive. Mit „La Serena“ und „Los bilbilicos“ zwei Gesangseinlagen in „ladino“, dem Dialekt der sephardischen Juden von der iberischen Halbinsel.

Inspirationen von Reisen fließen in die Musik ein

„Das ist unser neuestes Projekt, die Idee reifte im letzten Jahr bei einem Festival in Spanien“ – bereits seit 36 Jahren machen Moguilevsky und Lerner gemeinsam Musik und sind doch experimentierfreudig und sprühen vor Energie und Innovation. Wiegende Köpfe und wippende Füße der Gäste bei den klassischen Klezmer-Sequenzen nach der Pause, die Gäste wurden zum Mitsingen und zum Fingerschnippen animiert.

Stehende Ovationen zum Schluss

Ob vierhändig am Klavier und mit melancholischem Pfeifen oder in wechselnder Kombination ihrer vielen Instrumente, die Künstler beeindruckten bei jeder Darbietung mit ihrer Vielseitigkeit und Intensität. Applaus, stehende Ovationen und drei Zugaben.

„Wir lieben es, in Deutschland zu spielen. Sie verstehen es zuzuhören“, gab Lerner das Kompliment ans Publikum zurück.

Hautnah dabei mit dem Klezmerwelten-Blog

>> Der Blog: WAZ-Mitarbeiterin Barbara Seppi bloggt ab sofort für die Funke-Mediengruppe täglich über den Klezmer-Workshop in der Gelsenkirchener Synagoge. Hier lesen Sie den ersten Teil der Reihe:

Gefreut habe ich mich schon seit Wochen auf diesen Workshop, als langjährige Chorsängerin sind mir viele Musikstile begegnet, jiddische Lieder nie. Darum auch meine Neugier, die jüdische Kultur in ihrer Viefalt interessiert mich schon lange. Trotzdem ist der Sonntagmorgen von Unsicherheit begleitet. So viele neue Menschen, wer sich wohl hinter den Gesichtern verbirgt? Wird es einfach sein, warm zu werden, sich wohl zu fühlen?

Achtzehn an der Zahl sind wir, die im Saal der Neuen Synagoge an der Georgstraße im Kreis sitzen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, eine schöne heterogene Gruppe. Die Dozenten stellen sich vor, nicht einfach nur mit Namen, nein, ein jeder präsentiert sofort auch sein musikalisches Thema. Dann geht es in den Einzelunterricht, bei „Gesang“ sind wir nur zu zweit. Mit Sveta und Jeff tauchen Ursula und ich in das Warschau der 1920er Jahre ab, vertonte Gedichte von Kadya Molodowosky. „Efnt dem toyer“ - Öffnet das Tor - die Workshop-Woche hat begonnen.