Gelsenkirchen. . Beratung nur gegen Gebühr: Das lehnen viele Einzelhändler im Stadtnorden als Maßnahme im Kampf gegen den Onlinehandel ab – aber nicht alle.

  • Eine Gebühr für Beratungen lehnen viele Einzelhändler im Stadtnorden Gelsenkirchens ab
  • Saturn, Zweiradcenter Tertel und Gartenfachmarkt Düsing halten sie für abschreckend
  • Radio Marten in Buer ist einer Gebühr im Kampf gegen den Onlinehandel aber nicht abgeneigt

Shopping mit allen Sinnen: Damit punktet der Einzelhandel auch in Zeiten des Onlinehandels. Dumm (für ihn) nur, dass sich Kunden immer wieder im Fachgeschäft vor Ort beraten lassen – die Waren aber dann doch im Internet bestellen, weil diese dort womöglich günstiger sind. Ist die richtige Antwort darauf eine Beratungsgebühr, die dann bei einem Kauf verrechnet wird? Die WAZ hakte bei einigen Händlern im Stadtnorden nach. Und erhielt ein uneinheitliches Bild.

Für Branchen-Platzhirsch Saturn am Standort Buer ist die Sache klar: „Solch eine Gebühr ist eine Unart! So etwas würde ich weder als Kunde noch als Händler akzeptieren. Ich empfinde das als abschreckend“, betont Gesamt-Verkaufsleiter Lars Grammes. Die Beratung sei schließlich ein entscheidender Faktor der Kundenbindung nicht nur vor, sondern auch nach dem Kauf, „etwa wenn etwas nicht richtig funktioniert“. Deshalb entschieden sich viele Kunden ganz bewusst für den stationären Einzelhandel.

„Allein preschen wir sicher nicht vor“

Radio-Marten-Geschäftsführer Hartmut Fuchs kann das so nicht bestätigen. „Es ist leider immer wieder so, dass wir als Entscheidungshilfe für einen Kauf im Internet oder beim Mitbewerber vor Ort hinzugezogen werden“, ärgert er sich – und ist deshalb einer Beratungsgebühr nicht abgeneigt. „Allein preschen wir in dieser Sache sicher nicht vor, aber wir beobachten den Markt.“

Grundsätzlich hält er die Gebühr für eine Möglichkeit, Umsatzrückgängen durch den Internethandel entgegenzutreten. „Es kann doch nicht sein, dass Kunden im Netz Schnäppchen machen bei Anbietern, die keine Ladenmiete oder Personalkosten zahlen müssen. Aber bei Problemen damit kommen sie dann zu uns und erwarten eine Gratis-Beratung.“

„Eine Beratungsgebühr wäre abschreckend“

Dora Tertel vom Erler Zweiradcenter Tertel wertet die Situation hingegen anders: „Beratung ist ein Teil des Services und hat einen entscheidenden Anteil am Umsatz, auch wenn sie nicht sofort zum Kauf führt. Viele sondieren erst die Lage, studieren mitgegebene Prospekte, bevor sie nach einer Weile wiederkommen. Eine Gebühr wäre da abschreckend“, glaubt sie nicht, dass diese die Zukunft des stationären Einzelhandels zu sichern hilft.

In ihrer Branche würden zwar besonders Kinderräder online bestellt, nachdem die richtige Größe in ihrem Geschäft ermittelt wurde. Pedelecs mit Elektroantrieb aber seien ein Wachstumsmarkt, der differenzierter Beratung bedürfe und aufwändige Wartungen nach sich ziehe. „Das wissen die Leute, weshalb sie in der Regel sofort im Fachhandel vor Ort kaufen.“

Mit Beratung punkten und dem Wettbewerb stellen

Auch Siegfried Joachim, Inhaber und Geschäftsführer des Gartenfachmarkts Düsing in Beckhausen, hält eine Gebühr für „kontraproduktiv bis tödlich“. „Wir sind stark gerade aufgrund unserer Beratung. Viele unserer Artikel sind erklärungsintensiv. Roboterrasenmäher müssen etwa betriebsfertig gemacht werden; das erledigen wir in unserer Werkstatt. Und ansonsten müssen wir uns eben dem Wettbewerb stellen und darauf setzen, unsere Beratungskompetenz als Standortvorteil ins rechte Licht zu setzen.“