Gelsenkirchen. . Die Schockstarre im Ratssaal dauert lang. Etwas Beifall brandet erst auf, als die Vorsitzende Gebhard auf Kampf einstimmt. AfD-Ergebnis erschüttert Genossen

  • Die SPD erlebt den Wahlausgang im Ratssaal des Hans-Sachs-Hauses zunächst in Schockstarre
  • Die Unterbezirksvorsitzende Heike Gebhard räumt ein „deprimierendes und trauriges Ergebnis“ ein
  • Doch sie fordert: „Man kann gewinnen, man kann verlieren. Aber man kann auf keinen Fall aufgeben!“

Es dauert an diesem für die SPD so desaströsen Wahlabend eine halbe Stunde, bis so etwas wie der erste Beifall aufbrandet. Die Prognose um 18 Uhr, die erste Hochrechnung zwölf Minuten später – sie werden von den Sozialdemokraten im Ratssaal mit Kopfschütteln und Totenstille registriert. 20 Prozent im Bund, ein historisch schlechtes Ergebnis, das lässt hier alle verstummen.

„Wir werden für unsere Ideen und Inhalte streiten!“

Doch dann tritt die Unterbezirksvorsitzende Heike Gebhard im knallroten Jackett nach vorne, flankiert von Spitzenkandidat Markus Töns, von Ratsfraktionschef Klaus Haertel, vom Landtagsabgeordneten Sebastian Watermeier. Das Ergebnis sei deprimierend und traurig „für uns als Partei“, räumt die Landtagsabgeordnete ein und stimmt den Saal auf Opposition im Bund ein: „Nach zweimaligem Beweis von Staatsräson müssen wir eine kraftvolle Opposition angehen.“ Kämpferisch gibt Gebhard die Richtung vor: „Man kann gewinnen, man kann verlieren. Aber man kann auf keinen Fall aufgeben. Der Kampf geht weiter. Wir werden für unsere Ideen und Inhalte streiten!“

Ronja (l.) und Pia sind bedient. Die Jusos haben sich in den letzten Wochen massiv im Wahlkampf engagiert.
Ronja (l.) und Pia sind bedient. Die Jusos haben sich in den letzten Wochen massiv im Wahlkampf engagiert. © Thomas Schmidtke

Pia und Ronja, zwei Jusos, sitzen ziemlich bedient in den Ratsbänken. Das hohe AfD-Ergebnis haben sie nach zahlreichen Hausbesuchen und Infoständen befürchtet: „Die Leute haben offener gepöbelt oder waren rassistischer als vor der Landtagswahl“, sagt Ronja. Von ihrer Partei wünschen sich beide, dass sie ihr „linkes Profil schärft. Und wir werden weiter dafür kämpfen, dass die AfD nicht mehr solche Ergebnisse bekommt“, kündigt Pia an.

Klares Zeichen für die Abwahl dieser Regierung

Markus Töns schaut auf die Säulendiagramme mit den ersten Stimmergebnissen aus der Stadt. Klar, er wird sein Direktmandat holen und als Abgeordneter nach Berlin gehen, aber die SPD verliert deutlich. „In Gelsenkirchen habe ich festgestellt, dass gerade die CDU mit einer Fortsetzung der Großen Koalition liebäugelt. Aber die Wähler geben uns einen anderen Auftrag. Das war ein klares Zeichen für die Abwahl dieser Regierung. Die SPD muss sich in der Opposition auch personell erneuern, wobei ich da Martin Schulz ausnehme.“ Insgesamt, stellt Töns fest, sei die Stimmungslage beim Straßenwahlkampf in dieser Form nicht absehbar gewesen. „Die Wähler haben nicht honoriert, welche Themen wir aufgegriffen haben.“

Poß nennt das Wahlergebnis erschütternd

„Das ist eine Konstellation, die wir uns vorher so nicht vorstellen konnten“, meint auch MdL Watermeier. Für ihn steht fest: „Opposition muss sein. Eine weitere Große Koalition können wir uns nicht leisten.“ Joachim Poß, der (von 50+-Wahlergebnissen verwöhnte) scheidende SPD-Bundestagsabgeordnete, nennt den Wahlausgang „erschütternd. Dazu trägt auch das AfD-Ergebnis in Gelsenkirchen bei.“ Seinem Nachfolger Töns gratuliert er und wünscht „viel Freude bei der Oppositionsarbeit. Aber nicht 16 Jahre lang wie ich sie unter Kohl hatte. Ich denke, das war eine Entscheidung für vier Jahre.“