Gelsenkirchen. . Am Weltalzheimertag werden im MiR die Sinne angesprochen – mit Musik und Liedern, aber auch mit gefiederten Therapeuten wie Portos und Woody.
- Zum zweiten Mal wurde das Musiktheater im Revier zum Veranstaltungsort für den Weltalzheimertag
- Theologe und Soziologe Prof. Reimer Gronemeyer stimmt vormittags auf das Thema Demenz ein
- Nachmittags gibt es Lieder zum Mitsingen, Info-Angebote und Raubvögel im Spezialeinsatz
Die milde Herbstsonne heizt Donnerstag das Foyer hinter der Glasfront des Musiktheaters im Revier auf sommerliche Werte. Weit über hundert Besucher sitzen an Kaffetafeln, lauschen der Musik – die stammt aus den kühlen Tiefen Russlands und wärmt dennoch die Herzen: das Vokalensemble „Baikal“ tritt auf, später werden die Bandoneonfreunde Essen spielen, alte Schlager der 40er und 50er Jahre wiederbeleben. Tanz und Musik sind angesagt, eingebettet in Informationen, in einen Markt der Möglichkeiten.
„Demenz im öffentlichen Raum“ ist sein Thema
Zum zweiten Mal wurde das MiR zum Veranstaltungsort für den Weltalzheimertag und eine Kombination aus Fachtagung und Vergnügen. In Teil eins stimmt vormittags der Theologe und Soziologe Prof. Reimer Gronemeyer ein. „Demenz im öffentlichen Raum“ ist sein Thema. Drei Altenpflegeklassen sind unter anderen gekommen, die Veranstalter müssen zusätzliche Stühle aufstellen, um genügend Platz zu bieten.
Prof. Gronemeyer liefert keine Rezepte
Demenz, macht Gronemeyer klar, gehöre zur Gesellschaft – und wir alle müssen lernen, damit umzugehen, Denn es werde kein Medikament geben, das uns „Demenz vom Halse schafft“. Also sei die Frage, wie sich die Stadtgesellschaft auf die Herausforderung einstelle. Gronemeyer liefert keine Rezepte, appelliert stattdessen. innezuhalten, ins Gespräch zu kommen. Für Wilfried Reckert, den Vorsitzenden der Alzheimer Gesellschaft Gelsenkirchen, ist das eine Steilvorlage. Noch 2017 soll es eine größere Runde zum Thema Demenz geben, ergänzend zu den Gesprächen auf vielen Ebenen, die bereits laufen – mit Betroffenen, mit Angehörigen, mit Institutionen wie Rettungsdiensten, mit Pflegeanbietern. „Sobald man ins Gespräch kommt, kommt auch was dabei rum“, ist Reckert überzeugt. „Da bin ich totaler Optimist.“
Tagesangebot für Demenzkranke und Angehörige
Dienstleister und Pflege-Spezialisten haben ihre Stände im Foyer aufgebaut. Die Evangelischen Kliniken präsentieren ihr komplettes Angebot vom Seniorenstift bis zur medizinischen Betreuung, die Grünen Damen helfen Besuchern. Viele von ihnen gehören zu den elf Selbsthilfegruppen, die es in der Stadt gibt. Nebenan ist die Awo präsent, wirbt beispielsweise für ihre „Auszeit im Alltag“, ein Tagesangebot für Demenzkranke und pflegende Angehörige in Buer. „Viele wissen noch nicht, dass es das gibt“, sagt Betreuungsassistentin Sandra Spies.
Musik, hauswirtschaftliche Tätigkeiten, Spiele oder auch Bewegungsübungen werden im Seniorenzentrum geboten – und soziale Bindung. „Aber man kann auch schauen, was die anderen bieten und sehen, wo man sich austauschen kann“, sagt Corinna Brzoska, die Awo Quartiersmanagerin aus Erle-West. Von dort kommt auch Herbert Milinski. Als Nachbarschaftsstifter und Spaziergangspate ist er in Erle unterwegs, zunehmend auch mit dementen Begleitern. Im MiR will er sich umschauen und auch ein paar Kontakte knüpfen. Die wären zu Woody, der Waldohreule, Falkendame Kyra und Waldkauz Portos möglich.
Die Luftjäger haben Michael Kaperski und Claudia Walter mitgebracht. Für die Biologin sind sie „Herzensöffner“ im Therapie-Einsatz, bei Autisten wie bei Dementen. Sie erregen Aufmerksamkeit, lenken die Konzentration und lassen besondere Erfahrungen zu, wenn man ihr Federkleid streichelt.