Gelsenkirchen. . Die Stadt will den Verkehr der Zukunft neu denken und auf Staus und drohende Fahrverbote reagieren. Konzept wird auf breiter Basis erarbeitet.
- Mit einer gewissen Ernüchterung kehrte OB Frank Baranowski vom Diesel-Gipfel im Berliner Bundeskanzleramt zurück
- Abwarten will man in Gelsenkirchen aber nicht weiter und erarbeitet nun breit aufgestellt ein Konzept für die Mobilitätszukunft
- Die Vorarbeit ist auch nötig, um Fördermittel zu bekommen. Nach welchen Kriterien die verteilt werden, steht noch nicht fest
Mit einer gewissen Ernüchterung ist Oberbürgermeister Frank Baranowski kürzlich vom Diesel-Gipfel im Berliner Bundeskanzleramt zurückgekehrt. Über 60 Städte, die Stickstoffdioxid-Grenzwerte überschreiten oder (22 insgesamt) denen wie Gelsenkirchen Diesel-Fahrverbote drohen, haben hohen Handlungsbedarf. Kommunen, Pendler, Handwerker oder Mobilitätsunternehmen stehen vor logistischen Herausforderungen.
Es wird mit „allen relevanten Beteiligten“ gesprochen
Einen Bundes-Fördertopf für die Mobilität der Zukunft soll es geben. Gefüllt wird er mit einer Milliarde Euro (25 Prozent steuert die Autoindustrie bei). Ob Gelsenkirchen die Förderkriterien erfüllen kann und antragsberechtigt sein wird, wie, wann und nach welchen Kriterien Geld verteilt werden soll, damit Städte ihre Straßen und die Bewohner von Schadstoffen entlasten können, ist noch völlig offen. Abwarten will man in Gelsenkirchen aber nicht. Der OB und seine Fachverwaltung von Umwelt- und Verkehrsreferat treten an, gemeinsam Mobilität neu zu definieren und auf eine zukunftssichere Basis zu stellen. Noch in diesem Jahr soll „mit allen relevanten Beteiligten“ gesprochen werden.
Am 21. September berät der Verkehrsausschuss
Am 12. Oktober ist ein erster Runder Tisch mit „privaten Akteuren wie Logistikern oder Taxiunternehmen“ geplant, kündigt Baranowski an. Bereits am 21. September soll der Verkehrsausschuss über eine Verwaltungsvorlage beraten, nach der ein Mobilitätskonzept entwickelt werden soll – mit eingekaufter Fachkompetenz als Ergänzung zu städtischer Expertise, mit breiter Bürgerbeteiligung, mit gebündelten Kompetenzen.
„Wir brauchen dafür grünes Licht“, betont die Fachverwaltung. Und auch das ist im Rathaus klar: Der Prozess werde nicht in wenigen Monaten zu einem Ergebnis führen. Ausdauer sei gefordert. „Das ist nichts, was man mal eben so erledigen kann. Da darf nicht Aktionismus entstehen, das muss zielgerichtet sein“, meint der OB. Und: Die Wende werde nur machbar sein, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die Akzeptanz der Bürger gegeben ist. Sie müssen letztlich ihr Verkehrsverhalten ändern – grundlegend.
Der Schlüssel liegt bei der Automobilindustrie
Die Städte haben die Verkehrs- und Schadstoffprobleme, aber wenig Möglichkeiten, selbst Schadstoffe deutlich zu senken. Selbst wenn sie beispielsweise Busflotten oder eigenen Fuhrpark (trotz der derzeit damit noch verbundenen deutlichen Mobilitätsbeschränkungen) komplett auf E-Mobilität umstellen könnten, läge die Schadstoffersparnis in der Gesamtbetrachtung im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Der Schlüssel liege bei der Automobilindustrie, sagt Baranowski. Hauptverursacher ist der Individualverkehr.
Zwei Luftreinhaltepläne für das Ruhrgebiet Nord der Bezirksregierung Münster und Maßnahmen der Stadt haben beispielsweise an der Kurt-Schumacher-Straße für eine Feinstaub-Reduzierung geführt. Doch die Stickstoffdioxid-Belastung hat die Stadt so nicht in den Griff gekriegt. An Lösungsbeiträgen will sie jetzt arbeiten. Das Diesel-Dilemma und die Gipfel-Treffen haben für Baranowski zumindest ein Ergebnis gebracht: „Durch den Handlungsdruck kommt jetzt auch im positiven Sinne Dynamik in das Thema.“