Altstadt . Die Lebenswege alter Menschen bewegten die Jugendlichen. Generationenprojekt der Hauptschule an der Grillostraße lässt Ängste schmelzen.
„Was können wir froh sein, dass wir in dieser Zeit leben und Krieg nicht erlebt haben“, sagte ein Schüler, der sich im Alten- und Pflegeheim der Caritas, dem Liebfrauenstift, eine wirklich an die Substanz gehende Lebensgeschichte einer alten Dame angehört hat. Der Jugendliche macht bei dem Generationenprojekt 2017 „Miteinander leben, voneinander lernen“ mit. Tief beeindruckt sind sie alle, die zehn Schülerinnen und Schüler des 8. Jahrgangs, die an dem dreitägigen Projekt teilnehmen. Sehr viel wollen Theaterpädagogin Petra Lemke und Krankenpflege-Dozent Mike Becker in den drei Tagen erreichen. Es sollen den jungen Menschen die Hemmungen genommen werden, in Altenheime zu gehen. Es soll Lust auf ein Praktikum in dem Bereich gemacht werden, das vielleicht in einen Pflegeberuf mündet.
Viele wissen gar nicht mehr, wie Oma und Opa leben
„Wir wollen die Jugendlichen aber auch sensibilisieren für die Probleme, die alte Menschen haben. Viele besuchen die Großeltern ja nur noch ganz selten, weil sie häufig weit weg wohnen. Sie wissen gar nicht mehr, wie Oma und Opa leben, wie sie sich fühlen, was sie brauchen, womit sie Schwierigkeiten haben“, sagt Petra Lemke. Es sollen auch die Sinne geschärft werden für Situationen an der Bushaltestelle, wenn man einen Menschen mit Rollator sieht. „Vielleicht kann man ihm ja helfen. Die meisten Jugendlichen wissen wirklich nichts über die Lebenswelt alter Menschen, da wollen wir Brücken bauen.“
Und dieses Brückenbauen und Zusammenbringen klappte hervorragend. Die Distanz zwischen Jung und Alt schmolz. Die Vorgehensweise von Mike Becker und Petra Lemke ist „Auftauen, neugierig machen und nachbereiten“. „Sehr beeindruckt waren die Mädchen und Jungen von den Lebensläufen alter Menschen, die sich so sehr von ihren eigenen unterscheiden. So schwere Zeiten, wie es die Senioren, die vielfach über 90 Jahre alt sind – sie sind für die Jugendlichen heute kaum nachvollziehbar“ erklärt Becker.
Für viele Senioren war es ein wunderschöner Tag
Um deutlich werden zu lassen, was Menschen brauchen, die nicht mehr alles alleine machen können, ließ die Theaterpädagogin die Jungen pantomimisch einige Lebensbereiche darstellen: duschen, rasieren, zuhören, aufmerksam und einfühlsam sein. „Dasselbe Bedürfnis hat man ja auch als junger Mensch, wenn man mal richtig krank ist und nicht mehr aus dem Bett aufstehen kann“, erklärte Petra Lemke. Dann ist man froh, wenn jemand einem hilft, zu dem man Vertrauen hat.“ Das konnten die Seniorinnen nur bestätigen.
Dann wurden Luftballons aufgeblasen, die Namen der Senioren drauf geschrieben und zu besten Mallorca-Schlagern warfen sich Jung und Alt die Ballons zu. Das war der Moment, in dem beide Seiten absolut auftauten und Spaß hatten. So manche Seniorin rockte richtig ab. „Das war seit langem der schönste Tag, den ich hatte“, wiederholte eine alte Dame. Andere konnten das nur bestätigen.