Gelsenkirchen. . Citymanagerin Angela Bartelt ist Kümmerin, Netzwerkerin und Fest-Planerin in Personalunion. Ein Interview über Kaufkraft, Kontakte, große Ketten.
- Angela bartelt ist seit fünf jahren City-Managerin und kümmert sich um den Bereich Bahnhofstraße
- Die Innenstadt, findet sie, sei besser als ihr Ruf. Doch das müsse noch bekannter werden
- Zu Weihnachts- und Wochenmarkt meint sie: Neuerungen und Veränderungen müssen ausprobiert werden
Mitten in der City, an der Arminstraße wohnt Angela Bartelt, nur einen Steinwurf von ihrem Büro im Modehaus Schmitz ander Bahnhofstraße entfernt. Die 30-Jährige ist City-Managerin. Vor fünf Jahren kam sie als Berufsanfängerin nach Gelsenkirchen, hatte Stadt- und Regionalentwicklung studiert und gerade ihre Masterarbeit über Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISG) geschrieben. In der Theorie wusste sie, was auf sie zukam. Über die Alltags-Praxis redete sie mit WAZ-Redakteur Jörn Stender im SommerGEspräch.
So eine Innenstadt ist ja kein Einkaufszentrum, sondern sehr heterogen. Wen managen Sie eigentlich?
Ich manage nicht eine Kette, einen Mieter, ein Geschäft. Ich sehen meine Aufgabe darin die Innenstadt, speziell die Bahnhofstraße, die Seitenarme, den Neumarkt und den Heinrich-König-Platz gemeinsam zu vermarkten und zu beleben, mit den Immobilieneigentümern und Einzelhändlern Kontakte zu halten, darüber zu informierten, was passiert, sich auszutauschen. Und zwar über alle Kanäle: vom direkten Gespräch, über Facebook und einen Newsletter oder auch über eine spezielle Whatsapp-Gruppe. Unser stärkstes Medium ist dabei übrigens Facebook mit über 9600 Fans. Im Prinzip geht es darum, eine Marke für diesen Bereich zu schaffen, zu bewerben und attraktiv zu gestalten. Zudem sehe ich mich auch in der Funktion als Bindeglied zwischen privater und städtischer Seite, eben als Schnittstelle zur Wirtschaftsförderung, zum Stadtumbaubüro oder zum Planungsdezernat.
2012 war das ihre erste Stelle. Wie haben Sie das erlebt?
Das war natürlich der Wurf ins kalte Wasser. Mein Studium hat mir gezeigt, in welche Richtung es gehen könnte. Aber die praktische Erfahrung fing hier an. Aber der Start war sehr einfach, es gab einen vertrauenswürdigen Umgang von Anfang an. Ich bin mit offenen Armen empfangen worden. Sicher auch weil Einigkeit bestand, dass so eine Stelle für Gelsenkirchen nötig ist.Das hat sich bis heute durchgezogen und gefestigt. Dabei war ich immer jemand, der gerne organisiert. Aber von Veranstaltungsmanagement hatte ich nicht so viel Ahnung.
Das hat sich geändert?
Seit 2013 sind wir als City-Initiative auch stärker Veranstalter. Beispielsweise die 1000 Lichter zur Winterlichteröffnung ist unsere Veranstaltung. Den Blumenmarkt gab es natürlich schon, aber mittlerweile ist es so, dass ich diesen Markt selber organisiere. Das läuft komplett in Eigenregie.Wir haben die Kontakte. Und es fällt uns leichter als einer Agentur, sich auf einen Standort zu konzentrieren.Wenn wir einen Blumenmarkt bewerben, will ich, dass wir auch wirklich eine große Zahl an Blumenhändlern haben.
Was ist noch dazu gekommen?
Die Autoschau, jetzt schon zum vierten Mal. Auch für GEspaña haben wir seit 2013 die Organisation übernommen. Den Bauernmarkt werden wir zum zweiten Mal selbst organisieren. Mit rund 120 Ständen ist er wirklich groß geworden. Aber es ist ja nicht nur so, dass die Stände da stehen, sie laufen auch gut. Die Leute haben Lust auf solche Events. Was wir unterstützen, ist der Streetfood-Markt. Auch weil es einfach wichtig ist, den Heinrich-König-Platz zu bespielen. Sehr gut angelaufen ist der Feierabendmark. Da bin ich froh und erleichtert, dass er jetzt so angenommen wird. Doch der Platz muss mehr als einmal in der Woche bespielt werden. Da muss dauerhaft viel passieren, vor allem durch die Gastronomie. Ich führe entsprechende Gespräche mit den Immobilieneigentümern. Da sind auch flexible Ideen von dieser Seite gefragt. Auch ein bisschen mehr Gastronomie Richtung Hans-Sachs-Haus wäre schön. Mal sehen, was da kommt.
Ist noch mehr drin?
Wir sind schon gut ausgelastet mit der Summe von Veranstaltungen für die Größe unseres Vereins. Denkbar wäre, noch für den Monat Juli eine Veranstaltung zu etablieren. Ich bin offen dafür, zum Beispiel in Kooperation mit einem anderen Veranstalter beispielsweise ein Weinfest zu machen. Aber wird sind ja auch nicht die einzigen Akteure. Die City wird ja auch durch Kulturreferat oder Stadtmarketing bespielt. Das Stadtlesen war in diesem Jahr zum Beispiel eine besondere Veranstaltung. Oder der Sommersound. Der lief ja praktisch in der Nachbarschaft.
Wie werten Sie den Handelsbesatz an der Bahnhofstraße?
Glücklicherweise haben wir mit dem Jumex-Laden am Preuteplatz nur einen größeren Leerstand. Der Modebestand hier ist gut. Im qualitativen Bereich können wir uns nicht beschweren. Was vielen fehlt, ist Männermode. Das höre ich fast täglich.
Als Immobilien- und Standortgemeinschaft haben Sie einen Verein als Arbeitgeber. Über eine Kooperationsvereinbarung aktuell mit der städtschen Wirtschaftsförderung wird Ihre Stelle zu 50 Prozent kommunal finanziert, aktuell von 2016 bis 2019. Erzeugt diese Befristung Erwartungsdruck?
Ich mache die Arbeit so wie ich denke, dass es passt und gefällt. Wir tauschen uns natürlich regelmäßig aus. Aber dabei ist die Finanzierung nie so präsent. Entscheidend ist, dass wir was für den Standort gemeinsam machen, dass wir stark bleiben und dieser Einsatz auch Früchte trägt.
Wie stark ist die ISG?
Wir haben derzeit 21 Mitglieder, die sich jeweils auf fünf Jahre verpflichtet haben, sich zu engagieren. Die Zahl ist konstant, die Rückmeldungen sind positiv. Natürlich hätte ich gerne ein paar mehr Freiwillige, die unseren Verein unterstützen möchten. Aber unser Ansatz ist schon, dass sich Hauseigentümer auf freiwilliger Basis beteiligen. denen müssen wir natürlich auch die Argumente liefern, die sie bewegen mitzumachen. Generell gilt: je stärker wir sind, desto handlungsfähiger werden wir.
Heißt mehr Mitglieder auch automatisch besser?
Nicht unbedingt. Auf der Bahnhofstraße und in den Nachbarstraßen haben wir um die 100 Eigentümer. Die haben natürlich alle eigene, unterschiedliche Interessen.
Die großen Ketten – von Primark über C&A bis H&M bestimmen das Bild an der Bahnhofstraße. Gesteuert wird deren Geschäft nur bedingt vor Ort. Welche Chance haben sie da überhaupt, als Citymanagerin vorzudringen?
Auch die Großen wollen natürlich wissen: Wie ist der Stand in der City, was ist mit den offenen Sonntagen? Man merkt; Die wollen auch was für ihren Standort bewegen. Die Identifizierung der Geschäfte und der Geschäftsführer mit Gelsenkirchen ist durchaus gegeben. Entsprechend ist der Kontakt sehr gut. Schwieriger wird es häufiger bei kleineren Filialisten, auch weil dort die Ansprechpartner häufiger wechseln.
Persönliche Ansprache – ist das eine Ihrer Kernkompetenzen?
Ich bin sehr kommunikativ. Es ist einfach wichtig, dass ich mit den Menschen rede. Außerdem bin ich gut organisiert und interessiert an Problemen, Meinungen und Gegebenheiten, an Plätzen, Läden und Veränderungen. Ich identifiziere mich mit der Stadt. Für mich ist wichtig, dass ich in der Innenstadt wohne. In Bochum zu leben, würde für mich nicht passen.
Zieht es Sie nicht zumindest zum Ausgehen in die Nachbarschaft?
Wenn ich weggehe, dann gehe ich in der Innenstadt aus. Die ist viel besser als ihr Ruf. Die Vielfalt ist da. Sie muss aber bekannt gemacht werden. Auch das ist unsere Aufgabe.
Über Stärken haben wir geredet. Welche Schwächen sehen Sie?
Eine Herausforderung ist und bleibt die schwache Kaufkraft. Der Versuch, stärkere Käuferschichten in die Stadt zu bekommen ist ein Punkt, der uns beschäftigt. Ausbaufähig bleibt die Gastronomie. Es ist sehr wichtig, dass sich da was tut. Die Situation mit der Bettelei ist auch ein Thema, an dem wir mit Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst arbeiten. Ich finde, da hat sich schon etwas getan. Die organisierten Gruppen sehe ich auf jeden Fall derzeit etwas seltener.
Bleiben die beiden großen „W“, Wochen- und Weihnachtsmarkt. Was muss da passieren?
Da bin ich die falsche Ansprechpartnerin, da haben Gelsendienste und Stadtmarketing die Regie.
Aber Sie haben eine Meinung:
Über den Markt auf dem Margarethe-Zingler-Platz sollte man nachdenken. Es ist jedenfalls die Überlegung wert, den auf den Heinrich-König-Platz zu ziehen. Wir würden es begrüßen, wenn zweimal die Woche – alternativ oder ergänzend – ein Frischemarkt dort oder auf dem Neumarkt stattfinden würde. Beim Weihnachtsmarkt will ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Die Plätze ziehen natürlich. Aber man sollte nicht außer Acht lassen, dass es noch Bahnhofstraße und Bahnhofsvorplatz gibt. Die Leute wären irritiert, wenn sie aus dem Bahnhof träten und dort stünden keine Weihnachts-Hütten. Von daher begrüße ich es, wenn weiterhin Stände auf der Bahnhofstraße vertreten sind. Wünschenswert wäre ebenfalls, auf dem Neumarkt und oder dem Heinrich-König-Platz einen weihnachtlichen Markt zu bekommen. Vielleicht kann ein solcher Weihnachtsmarkt auf den Plätzen erstmal für einen kürzeren Zeitpunkt laufen, ein verlängertes Wochenende oder so und darauf kann dann aufgebaut werden.