Schalke. Die Lieder der Kurve sind Treibstoff für königsblaue Emotionen. Was Fans singen, geben oft die Ultras vor. Der Rest läuft nach Schalker Regie.
- „Blau und Weiß“ darf nicht fehlen. Und auch der „Steiger“gehört in der Veltins Arena fest zum Liedgut
- Doch was macht ein gutes Fan-Lied aus? Der Fanbeauftragte des Clubs hat da eine Erklärung
- Der Sound für die Fans soll in der neuen Bundesligasaison besser werden. Die Beschallung wurde erneuert
Klar, „Blau und Weiß“ darf nicht fehlen. Und auch der „Steiger“ kommt in der Veltins Arena immer und immer wieder und gehört fest zum Glück auf eines Spieltags wie Tribünen-Bier und Pausen-Bratwurst. Die ständige Heimspiel-Zugabe: Lieder aus der Kurve, für die Herzen der Fans. Emotion pur, die sich auch auf die Profis auf dem Rasen übertragen soll.
„Königsblauer S 04“, „Mythos vom Schalker Markt“, „Zeig mir den Platz in der Kurve“ und – seltener auch – der immerjunge „Opa Pritschikowski“ gehören zum Liederkanon, den Zigtausende mitschmettern Die Ultras sorgen für die nötige Textsicherheit und haben in der Vergangenheit die gängigsten Liedtexte aufgelistet und verteilt. Liederblätter für den größten Chor der Stadt.
Schalke 04 hat in die Arena-Anlage investiert
Was sich auf den Tribünen gesanglich entwickelt, liegt in der Hand der königblauen Fans. Wie sie eingestimmt werden, ist Sache des Bundesligisten. Klar, Vereinslied und Kumpel-Hymne sind gesetzt. Da gibt es nichts zu rütteln. Ansonsten wird sich in dieser Saison hörbar einiges ändern. Schalke 04 hat in die Arena-Anlage investiert. Das neue Soundsystem unter der Kuppel bringt es auf 473 600 Watt Gesamtmusikleistung, weit über 200 Lautsprecher lassen sich gezielt ansteuern.
Wenn die Mannschaften in die Arena einlaufen, dann ist gute Stimmung garantiert. Videowürfel mit 76 Quadratmeter Bildfläche pro Seite
„Das ist das Beste, was im Moment auf dem Markt ist“, betonte jüngst Bernd Funke stolz, als der 54 Jahre alte Elektro-Ingenieur das System in der Arena präsentierte. Im Zusammenspiel mit dem im Vorjahr installierten neuen Videowürfel mit 76 Quadratmeter Bildfläche pro Seite werden von Schalke 04 nun optisch und akustisch neue Stadien-Standards gesetzt. Das hat Auswirkungen, auch auf gewohntes Liedgut. Manche stark komprimierte MP3-Datei, die bislang als Datenträger noch den Sound für Einspieler lieferte, klang bei ersten Testläufen wirklich schlecht.
„Man merkt mit der neuen Anlage, wenn Höhen und Tiefen wegfallen. Was sie wirklich an Power hat, werden wir vielleicht erst nach einigen Spieltagen sehen. Bis dahin werden wir noch etwas an den Einstellschrauben drehen“, sagt Thorsten Kramer. Aktuell werde „der Musikpool durchforstet“, um zu testen, „welche Sachen hörenswert sind“ und dem neuen „Top-Sound“ wirklich gerecht werden. Was bedeutet: „Es wird neue Lieder geben.“
Für Kramer, 37, Prokurist der FC Schalke 04 Arena Management GmbH und bislang als Eventspezialist dort – von Helene Fischer bis Biathlon – mit allem befasst, was außer Fußball die Arena füllt, wird der Saisonstart am Samstag eine Premiere. Seit drei Wochen läuft die Stadion-Regie unter seiner Leitung. Der erste Härtetest für ihn steht vor dem Anpfiff am Samstag an.
Das Rahmenprogramm steht natürlich. Sponsoren wollen präsentiert, Werbeblöcke eingespielt, DFL-Vorgaben erfüllt, Schiedsrichter vorgestellt sein. Das Warm-up der Torhüter liefert das Vorspiel für einen ersten Spieltag-Höhepunkt: Die Mannschaftsvorstellung, ein innig zelebriertes Ritual für Abertausende auf den Rängen und Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckman.
Mit kleiner Unterbrechung ist er seit der Saison 1993/-94 der „Quatscher“ auf Schalke, moderiert und führt Interviews. Mit Kramer hat er ab Samstag einen neuen „Mann im Ohr“. Der „Quatscher“ unten auf dem Rasen, Kramer oben in der Bildregie, verbunden via Funk – das soll ein eingespieltes Team im Dienste bester Fußball-Unterhaltung werden.
Spagat zwischen Tradition und Moderne
Der „Spagat zwischen Tradition und Moderne“ wird laut Kramer auf Schalke weiterhin Pflichtübung sein. „Wir sind ein Traditionsverein und wollen unsere Wurzeln nicht missen, dennoch sind wir auch der innovativste Verein der Liga“, umreißt der 37-Jährige den Anspruch. Das lässt Spielraum für ein breites Show-Repertoire – mit einer klaren Grenze: „Wir wollen keine amerikanischen Verhältnisse, wo es in jeder Ecke kracht und blinkt. Das wäre nicht Schalke 04. Wir versuchen, den Querschnitt zu treffen und viele zu begeistern.“
Was ein gutes Fanlied ausmacht? Da muss Thomas Kirschner, Fanbeauftragter der Schalker, nicht lange nachdenken: „Wichtig finde ich, dass es nicht irgendwo anders auch schon gesungen wird, dass eine gewisse Einzigartigkeit vorherrscht. Und dann sollte es so leicht verständlich sein, dass es jeder nach ein-, zweimal drauf hat. Aber da sind unsere Fans sehr kreativ. In den letzten Jahren sind einige schöne Sachen entstanden.“ Für Kirschner ist „Wir sind die Fans, die auch zu dir steh’n, wenn du verlierst“ ein gutes Beispiel dafür.
Ultras sind Antreiber fürs Stimmungsbarometer
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Neues ist auch für die angehende Bundesliga-Saison zu erwarten. Die Ultras sind dabei stets die Antreiber fürs Stimmungsbarometer – Richtung Hoch natürlich. „Letzte Woche haben sie das Spiel der U23 in Hassel dafür genutzt, um neue Lieder zu testen“, sagt Kirschner. In so einem überschaubareren Kreis sei das leichter, als die Gesänge mit „15 000 in der Nordkurve zu proben“. Dort sind sie zu hören: ab Samstag.