Gelsenkirchen. . Der finnische Kapellmeister Valtteri Rauhalammi verlässt das Gelsenkirchener Musiktheater. Neuer Start an der Staatsoper Hannover.
- Kapellmeister Valtteri Rauhalammi verlässt nach fünf Jahren das Musiktheater im Revier
- Der finnische Dirigent übernimmt eine neue Aufgabe an der Staatsoper in Hannover
- Im Gespräch mit der WAZ blickt er sehr positiv und zufrieden auf die Zeit im Revier zurück
Ein halbes Jahrzehnt lang stand der finnische Dirigent Valtteri Rauhalammi als Erster Kapellmeister überaus erfolgreich am Pult des Musiktheaters im Revier. Nach dem Studium an der Sibelius-Akademie in Helsinki und der Universität für Musik in Wien führte ihn die Karriere über Pforzheim, Aachen, Trier nach Gelsenkirchen. WAZ-Redakteurin Elisabeth Höving sprach mit dem scheidenden Dirigenten, der ein Engagement an der Staatsoper Hannover übernimmt, über Erfolge, über hinterlassene Spuren und Heimweh.
Fünf Jahre lang standen Sie als Erster Kapellmeister am Pult der Neuen Philharmonie Westfalen. Jetzt packen Sie Ihre Koffer. Was nehmen Sie mit aus Ihrer Gelsenkirchener Zeit? Was prägte Sie ganz besonders?
Rauhalammi: Ja, die Koffer sind gepackt und eigentlich schon wieder in Hannover ausgepackt. In den fünf Jahren habe ich vor allem gelernt, wie ein Theater als Ganzes funktioniert, wie unglaublich viele Komponenten und gründliche Vorbereitung zum Gelingen einer Produktion gehören. Das lernt man gut in einem Theater mittlerer Größe, in dem man mehrere Aufgaben übernehmen darf und muss.
Meine Wünsche haben sich erfüllt
Mit welche Erwartungen kamen Sie ans Musiktheater nach Gelsenkirchen? Welche Wünsche haben sich erfüllt, was blieb am Ende offen?
Als ich kam, wollte ich auf einem höheren Niveau musizieren und gute Produktionen leiten. Beide Wünsche haben sich erfüllt, der erste dank der Leistungsfähigkeit und des Ehrgeizes des Orchesters, und der zweite dank der guten Teams und Sänger, mit denen ich am MiR arbeiten konnte. Und die offen gebliebenen Wünsche...? Nein, ich gehe wunschlos glücklich weiter.
Wie schwer fällt Ihnen der Abschied von Musiktheater und Orchester?
Schon schwer, aber zum Glück gibt es Pläne, dass ich für kurze Perioden zurückkehren werde, auch zur Neuen Philharmonie Westfalen. Außerdem ist es klug, dann zu gehen, wenn die Zusammenarbeit richtig gut funktioniert und noch keine gegenseitigen Müdigkeitserscheinungen da sind.
Gelsenkirchen hat Sie geprägt, aber auch Sie haben sicherlich das Orchester geprägt. Wo hinterlassen Sie Spuren?
Das ist schwer zu sagen. Jeder Dirigent hat seine Arbeitsweisen, ich achte in den Proben auf die Intonation, verlange gutes gegenseitiges Zuhören, Flexibilität, suche natürliches Atmen im Musizieren. Falls das Spuren gelassen hat, bin ich froh.
Lieber Graben oder Bühne ? Wo fühlen Sie sich wohler?
Im Graben stand ich viel öfter und daher ist der Gesang und die Oper irgendwo die natürliche musikalische Heimat für mich. In den letzten Jahren durfte ich zum Glück immer mehr Konzerte dirigieren und ich fühlte mich wohl dabei. Aber in beiden Bereichen habe ich noch unendlich viel zu lernen, also zu wohl fühle mich nirgends.
Ein größeres Opernhaus ist reizvoll für mich
Was reizt an der neuen Aufgabe in Hannover, was gab den Ausschlag für den Wechsel?
Reizvoll ist es, das noch größere Opernhaus kennen zu lernen und noch breiteres Repertoire und das noch höhere Niveau. Nach fünf Jahren kam ein guter Zeitpunkt, weiterzugehen, und ich bin glücklich, dass mir dieser Schritt nun gelungen ist.
Welche Repertoire-Wünsche treiben Sie um?
Im nächsten Jahr darf ich wieder eine Mozart-Oper einstudieren, die „Zauberflöte“, und das war schon lange mein großer Wunsch. Mehr Standardrepertoire wie Puccini zu dirigieren wünschte ich mir immer, in Hannover wird das möglich sein, und hoffentlich darf ich eines Tages am Pult stehen, wenn Wagner aufgeführt wird.
Vor Hannover steht noch Bayreuth. Was macht die Arbeit dort so ganz besonders?
Die besten Sänger des Wagnerfachs, die hohe Motivation auf der ganzen Linie, alle sind top vorbereitet und es wird Musik und Musiktheater mit so einer positiven Energie und Leidenschaft gemacht.
Ich werde die Begeisterungsfähigkeit der Kollegen vermissen
Hand aufs Herz: Was wird Ihnen so richtig fehlen an Gelsenkirchen?
Die Begeisterungsfähigkeit und die Freude am Musizieren bei vielen Kollegen, besonders im Orchester. Hoffentlich finde ich ähnliche, gegenseitig inspirierende Energie woanders.
Gibt es bereits Überlegungen für Gastdirigate am Musiktheater oder mit der Neuen Philharmonie?
Es gibt ein Ballettgastspiel in Bonn, das ich leiten werde. Für eine weitere Produktion gibt es auch Überlegungen, aber noch sind sie nicht sehr konkret.
Wechsel und Umzüge mit der Familie gehören zum Berufsalltag. Wie sehr vermissen Sie Ihre Heimat Finnland?
Als Ort, wo meine Eltern und Geschwister wohnen und wo es schön ist, Urlaub zu machen, vermisse ich Finnland sehr! Aber meine Arbeit und mein Leben sind in Deutschland. Nach einer Woche in Finnland vermisse ich meine neue Heimat vermutlich stärker als Finnland über das ganze Jahr!