Ückendorf. Das Duo „The Cello Experience“ gastierte am Sonntag vor kleinem Publikum in der Ückendorfer Kutschenwerkstatt – ein Erlebnis.

Die Turnschuhe hat er ausgezogen, breitbeinig sitzt Daniel Brandl an seinem Cello, zupft die Saiten, streicht sie, bedient den Computer, aus dem unterschiedliche Geräusche in die Kutschenwerkstatt wabern. Giuseppe Mautone am Schlagzeug streichelt die Becken, erzeugt Sounds aus Allerweltsgeräten. Was die „Cello Experience“ hier zu Gehör bringt, ist erstaunlich, eine ganz und gar außergewöhnliche Erfahrung.

Etwa 20 Gäste haben am Sonntag den Weg in die Ückendorfer Straße 130 gefunden. Hier, im Hinterhof, in der ersten Etage über eine schmale Treppe erreichbar, ist die Kutschenwerkstatt. Der zeitgleich stattfindende „Sommersound“ im Stadtgarten kann als Konkurrenz kaum als Grund für die geringe Besucherzahl herhalten, beide Konzertabende trennen Welten.

Ein Gratisabend, Musiker freuen sich über Spenden

Werkstattmeister Helmut Warnke hat ein paar Flaschen mit Softdrinks und Wein auf einen kleinen Tisch gestellt. Plastikbecher. Daneben ein Henkelmann als Entgeltbehälter für die guten Tropfen. Jeder gibt, was er will. Am Eingang ein umgestülpter Hut auf einem Sockel. Das ist ein „Hutkonzert“, also ein Gratis-Abend; die Musiker freuen sich über Spenden.

Die Kutschenwerkstatt ist neben den vielen Galerien vielleicht ein Zeichen: Im Süden tut sich ‘was. Hier genießt der Begriff „Alternative Szene“ seine ursprüngliche Bedeutung. In Ückendorf wächst etwas – und das ist organisch. Es wächst aus sich selbst heraus.

Warnke hatte das Duo aus Duisburg und Bochum spontan eingeladen, spontan haben Brandl und Mautone auch zugesagt. Der Auftritt gilt als Vorpremiere für ihre kleine Tour, die sie am 29. September auch ins Schloss Horst führt.

Die beiden Musiker improvisieren, es gibt kein Gerüst, es wird gespielt, wo die Lust sie hinführt. Und stets ahnt der eine, wonach dem anderen ist. „Wir spielen seit 13 Jahren miteinander“, hatte Brandl im Vorfeld des Auftritts zur WAZ gesagt. Das merkt man.

Manchmal wie ein Mix aus Mogwai und Aerial M

Manchmal klingt es wie Thelonious Monk, dann wieder wie eine Mischung aus den Instrumental-Indies Mogwai und Aerial M. Und dann hört man ein Inferno, das an Igor Strawinskys Skandalwerk „Le Sacre du Printemps“ erinnert. Mitunter ertönt die Stimme des schwarzen US-Dichters Langston Hughes (1902-1967) aus dem Notebook. An einer Stelle rezitiert er eines seiner schönsten Gedichte: „The Negro speaks of Rivers.“ Die Stimme ist metallisch, scharf.

Dann sagt Daniel Brandl gut gelaunt: „Lass‘ uns ein Jazz-Stück spielen – endlich ‘was, das ich kenne.“ Schmunzeln, Gekicher. Es scheint eigentlich egal, ob Jazz, Rock oder Klassik – der fantastischen, mitunter sphärischen Musik der „Cello Experience“ kann sich der neugierige und geschmackssichere Musikfan bedenkenlos anvertrauen.