Gelsenkirchen. . Als Leiter der Zoom-Erlebniswelt ist Frank Ahrens seit elf Jahren für die tierische Bewohner verantwortlich. Seine weiteren Pläne im SommerGEspräch.
- Seit elf Jahren leitet Frank Ahrens als zoologischer Direktor die Zoom Erlebniswelt
- Er gestaltete den Wandel vom alten Ruhr-Zoo hin zur moderne Anlage aktiv mit
- Zu seinen Plänen gehören neue Anlagen für Pinguine und Riesenschildkröten
Als Zoo-Direktor der Zoom-Erlebniswelt ist Frank Ahrens seit elf Jahren für zahlreiche tierische Bewohner verantwortlich. WAZ-Redakteurin Elisabeth Höving sprach mit dem 58-jährigen Dorstener über Lieblingstiere, über tote Tiger und Finanzdefizite.
Viele Kinder träumen davon, Feuerwehrmann, Polizist oder Zoodirektor zu werden. War das bei Ihnen genauso?
Frank Ahrens: Nein, das war nicht mein originärer Wunsch, Zoodirektor zu werden. Als Kind wollte ich schon früh Jockey werden, weil ich Pferde ganz wundervoll fand. Begeistert hab ich mich für Tiere schon immer. Im Laufe der Schulzeit hat sich das dann irgendwann ergeben, dass Tiere immer mehr im Fokus standen, Wildtiere vor allem. Entschieden hat sich das dann schon in der Oberstufe. Biologie war Schwerpunkt und Abiturfach.
Wie wurde aus Begeisterung dann am Ende der Beruf?
Danach habe ich das Studium der Biologie in Göttingen aufgenommen, mit Schwerpunkt Zoologie und Tiergärtnerei. An der Uni hatte ich den Freiraum, experimentieren zu können, konnte ins Ausland gehen, ich war in Holland, in Österreich, hab mit Gorillas gearbeitet. Da habe ich richtig Blut geleckt, das waren Schlüsselerlebnisse. Da wusste ich, was ich wollte: Zoo und nichts anderes. Nach dem Studium hab ich noch für ein Dreivierteljahr einen Abstecher nach Afrika gemacht und in Tansania am College for African Wild Life Management studiert. Ich dachte, ich könnte als Wild Life Offizier in einem Nationalpark arbeiten, das war zu der Zeit damals aber nicht einfach als Weißer. Darum hab ich das Studium dort wieder abgebrochen.
Eine solche Chance bekommt man nur einmal
Und der Weg führte irgendwann nach Gelsenkirchen.
Ja, aber über viele Stationen, darunter welche in Aachen, Magdeburg, Innsbruck.
Was gab dann am Ende den Ausschlag für den Zoom und das Ruhrgebiet?
Das war der anstehende Umbau vom Ruhr-Zoo in die Zoom Erlebniswelt.Das war ja damals ein großartiges Projekt, einen Zoo ganz neu gestalten zu können. Eine solche Chance bekommt man nur einmal im Leben, und manch einer bekommt die gar nicht.
Zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Was ließ sich realisieren, was nicht?
Es lässt sich alles realisieren – mit genügend Geld (schmunzelt). Man ist ja dem Arbeitgeber verpflichtet, hat aber auch einen Bildungs- und Forschungsauftrag, muss dem Artenschutz gerecht werden, da ist ja auch vieles durch EU-Richtlinien vorgegeben. Das alles zu verquicken, ist sehr spannend.
Das ist heute einfach ein tolles Ding
Was haben moderne zoologische Gärten, was die alten nicht hatten?
Die alten Anlagen haben aus heutiger Sicht keinen Vorteil mehr. Es war nicht verkehrt, was damals gemacht wurde, alles hat seine Zeit, man darf nicht stehen bleiben. Der eine oder andere Zoo, der noch seine alten Gebäude hat, der hat auch seinen ganz besonderen Charme, seinen Geruch, eine ganz besondere Atmosphäre. Aber manches ist eben heute nicht mehr zeitgemäß, da muss man reagieren, wie hier in Gelsenkirchen. Gott sei Dank! Das ist heute ein tolles Ding hier. Das macht die Zoom Erlebniswelt bundesweit und über die Landesgrenzen hinaus attraktiv.
Der Zoo muss sich immer wieder neu erfinden, um Besucher anzulocken. Das war am Anfang leicht im Zoom, als immer wieder neue Anlagen eröffnet wurden. Gibt’s noch genug Ideen?
Auf jeden Fall, es verändert sich ja auch das Konsumverhalten der Besucher, das muss man erkennen und reagieren. Wenn der Gewöhnungsfaktor eingetreten ist nach ein paar Jahren, dann fällt die Besucherzahl auch wieder ab. Dann muss man überlegen, was man neu macht. Wir haben ein zoologisches Konzept erstellt, haben Plätze gefunden, die man noch optimieren kann, wo man noch ein I-Tüpfelchen setzen kann. Und wir bauen die Digitale Erlebniswelt, auch das einzigartig und als Unterstützung der realen Tierwelt gedacht. Wir müssen einfach versuchen, interessant und attraktiv zu bleiben.
Wir werden keine neuen Tiger bekommen
Zum Beispiel?
Auch interessant
Nun, wir haben gerade eine Anlage für Zwergmangusten eröffnet und planen eine Pinguin-Anlage und eine für Riesenschildkröten. Und wir werden in diesem Jahr noch die digitale Installation „Green Planet“ eröffnen, dort kann man dann verschiedenen asiatischen Tieren begegnen. Die reale Tierwelt steht aber weiterhin im Mittelpunkt. Aber damit halte ich dann erst mal den Spannungsbogen aufrecht (lacht).
Eine der letzten großen Attraktionen war die Eröffnung des Tigergeheges. Zwei der vier Großkatzen starben kurz hintereinander. Ein Trauma?
Nicht ein Trauma, das nicht, aber das war schon schlimm, tragisch, ein Worst Case, eine bittere Pille. Zwei neue Tiere werden wir nicht bekommen, es ist schwierig, neue Tiger zu den beiden Geschwistern zu setzen und sie aneinander zu gewöhnen, ohne das Verletzungen auftreten. Wir wollen vermeiden, dass die Tiere Schaden nehmen.
Der Zoo fährt auf der einen Seite hohe Defizite ein, die Eintrittspreise sind auf der anderen Seite sehr hoch. Ein nicht machbarer Spagat?
Wir versuchen durchaus, mehr Geld zu generieren und wirtschaftlich zu arbeiten. Wir sind abhängig von den Besuchern und vom Wetter. Stimmt das Wetter nicht, dann sind die Umsätze nicht da. Man muss nach Lösungen suchen, wie man auch wetterunabhängig Geld generieren kann. Wir suchen diese Möglichkeiten – zum Beispiel im Sponsoringbereich – und sind da auf einem sehr guten Weg.
Wie sehen die aktuellen Besucherzahlen aus?
Wir liegen zurzeit gut, wir könnten die Vorjahreszahl von rund 800 000 erreichen. Die erste Million hatten wir übrigens 2007, kurz nach der Eröffnung der Erlebniswelt Afrika.
Bei den Besuchern das Bewusstsein schärfen
Haben Sie ein Lieblingstier auf dieser Anlage?
Ja, aber vorweg: Ich mag alle Tiere und bin für alle Tiere da! Aber meine Lieblingstiere, das sind die Nashörner. Die sind faszinierend, fantastisch. Vor allem, wenn man weiß, was in der Natur mit diesen Tieren wegen irgendeines blödsinnigen Aberglaubens rund um das Horn des Nashorns passiert. Wir können bei unseren Besuchern das Bewusstsein darüber schärfen, was draußen passiert.
Den ganzen Tag lang mit Tieren beschäftigt, haben Sie daheim in Dorsten auch noch ein Haustier?
(lacht) Ja, ich bin auf den Hund gekommen, habe einen Weimaraner.
Gibt es Arten, die Sie gerne noch im Zoom zeigen würden, Elefanten zum Beispiel?
Natürlich, als Zoologe hätte man immer gerne noch die eine oder andere Art. Betriebswirtschaftlich müsste das aber machbar sein. Wir haben ja ein zoologisches Konzept. Die damaligen Entscheider haben sich aus triftigen Gründen nicht für Elefanten entschieden. Der Bau solch einer Anlage ist aufwendig und kostspielig, auch der Unterhalt von Elefanten ist nicht leicht. So, wie es im Moment ist, ist es gut. Wir pflegen viele interessante Tierarten.
Warum sind Zoos auch heute noch wichtig?
Auch interessant
Wir zeigen Tiere, die die Menschen sonst nicht sehen könnten, machen auch Sachverhalte wie Tier- und Naturschutz aufmerksam. Der Zoo ist ein Lernort für vieles, er ist da für den Artenschutz, für Bildung, Wissenschaft, Forschung, für die Erholung. Die Zoom Erlebniswelt beteiligt sich an verschiedenen Zuchtprogrammen, zum Beispiel bei den Giraffen, und an Artenschutzprojekten. Das direkte Erleben eines Tieres mit allen Sinnen – wie es riecht, aussieht, sich anhört, teilweise sogar wie es sich anfühlt – das kann nur ein Zoo bieten.
Von Problemen mit Delfinarien und Vorteilen von TV-Sendungen
Beneiden Sie Duisburg um sein Delfinarium oder sagen Sie: Bloß nicht!
(überlegt lange) Ich glaube, der Duisburger Kollege hat es nicht einfach.
Zoosendungen sind derzeit der Hit im Fernsehen.
Der Trend hat deutlich nachgelassen, oft werden nur Wiederholungen gesendet.Ich gucke die im Moment eher selten, aber die sind schön. Für die Besucher sind solche Sendungen informativ und gut gemacht. Sie wecken sicherlich das Interesse, mal wieder in den Zoo zu gehen.
Einer der prominentesten Zoodirektoren war in Frankfurt Bernhard Grzimek. Profitiert die Zoowelt noch heute von seinem Ruf?
Jeder kennt ihn natürlich. Ich bin als Kind zu einer Zeit groß geworden, als Prof. Grzimek noch im Fernsehen mit einem Schimpansen oder Geparden aufgetreten ist. Er war zu der Zeit ein großer Kollege, in den letzten 30, 40 Jahren hat es aber viele weitere große Zoodirektoren gegeben mit Einfluss und Ideen.