Gelsenkirchen. . Diesel-Fahrer schwanken zwischen Unsicherheit, Wut und Resignation. Tankstellenbetreiber Franz-Josef Lipinski kann seine Kunden verstehen.
- Der Abgasskandal trifft längst auch die Autofahrer. Viele sind verunsichert, enttäuscht, vor allem aber wütend
- Berufliche Vielfahrer sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Den Unmut spürt man auch an den Tankstellen
- Bei der Bogestra setzt man seit Jahren auch auf Alternativen und fährt Hybrid-Busse. 15 sind es bislang
Heinrich Schmidt steht an einer Zapfsäule an der Rotthauser Straße und betankt seinen VW Touran. Mit Diesel. Auf Nachfrage, ob er sich um die Zukunft seines Fahrzeugs sorgt, winkt er nur ab und lächelt müde. „Es ist nicht das erste Mal, dass ich mich mehr als verschaukelt fühle“, sagt der 64-jährige Essener, der seit rund 20 Jahren mit Dieselfahrzeugen unterwegs ist.
„Schon im Jahr 2007“, so erzählt er weiter, mit Einführung der Umweltplakette, „musste ich ein Fahrzeug abgeben, weil ich für den Wagen keine Plakette bekommen habe.“ Der Wagen, so der frustrierte Essener weiter, sei über den Export verkauft worden, da es schon damals in Deutschland keine Möglichkeit mehr gab, das Auto weiter zu veräußern. „Der war ja hier nichts mehr wert – fährt aber wahrscheinlich heute noch fröhlich in Afrika herum“, glaubt Schmidt zu wissen. „Soviel zum Thema Umweltschutz.“
Entscheidungen, die nicht nur Privatpersonen betreffen
Der Tankkunde geht davon aus, dass es auch im aktuellen Diesel-Skandal aufs Gleiche hinaus läuft: „Die Autos werden irgendwohin abgeschoben – der kleine Mann, der sein Fahrzeug für wenig Geld abgibt, ist der Gelackmeierte. Und die Politiker, die gleichzeitig in den Aufsichtsräten der Automobilkonzerne sitzen, kassieren meiner Meinung nach Schmiergeld.“
Ähnlich denkt auch Franz-Josef Lipinski, Kfz-Meister und Inhaber der freien Tankstelle an der Rotthauser Straße. „Hier treffen Politiker, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, Entscheidungen, die nicht nur Privatpersonen betreffen“, so Lipinski. „Gerade Vielfahrer, die berufsbedingt auf einen Diesel angewiesen sind, schauen nun in die Röhre – von Unternehmern, deren Existenz bedroht ist, wenn Dieselfahrzeuge nicht mehr in die Innenstädte dürfen – mal ganz abgesehen.“
Die schlechte Stimmung sei bei den Kunden spürbar, so Lipinski. „Viele Dieselfahrer haben sich vor zwei bis drei Jahren einen neuen Wagen gekauft – teilweise wurden da 60 000 bis 70 000 Euro gezahlt“, berichtet Lipinski. „Dass diese Kunden nun stinksauer sind, weil sie nicht wissen, wie es zukünftig weiter geht, ist doch verständlich.“
Auch mit Firmenfahrzeugen unterwegs
Viele Kunden an der Tankstelle an der Rotthauser Straße sind auch mit Firmenfahrzeugen unterwegs. So auch Wolfgang Osterkamp. Der Gelsenkirchener, der für ein kleines Unternehmen Kurierfahrten übernimmt, ist froh, dass er privat einen Benziner fährt. Dennoch sei die „Geschichte eine große Schweinerei“, sagt Osterkamp. „Die Autofahrer, die einen Diesel besitzen, werden im Trüben gelassen.“ Wie es jetzt genau weiter gehe, wisse doch niemand. Und Unternehmen, die einen etwas größeren Fuhrpark an Dieselfahrzeugen besäßen, würden in Sachen Informationspolitik im Stich gelassen. Außerdem, so Osterkamp, der lange als Lkw-Fahrer gearbeitet hat, „möchte ich gar nicht wissen, wie viele Speditionen betroffen sind, die nun ihre Lkw teuer umrüsten müssen.“
Auch wenn die 228 Busse der Bogestra mit Dieselmotoren unterwegs sind, ist für Pressesprecher Christoph Kollmann klar: „Der ÖPNV ist nicht das Problem, sondern die Lösung.“
Umstieg auf ÖPNV ein guter Schritt
So sei zum einen der Umstieg vom Auto auf den ÖPNV ein wichtiger Schritt, denn, „je mehr Menschen Bus und Bahn nutzen, desto geringer ist der ‘Pro-Kopf-Ausstoß’ an Kohlendioxid und Stickstoff“, so Kollmann. „Außerdem sind wir von der Bogestra schon lange in Sachen Luftreinhaltung unterwegs und sind mit modernen Fahrzeugen, unter anderem mit 15 Hybridbussen, gut aufgestellt.“ Die größte Flotte im Landesgebiet. Die dieselelektrischen Busse benötigen bis zu 20 Prozent weniger Kraftstoff als konventionelle Dieselbusse. Die Technik dahinter kombiniert einen Dieselmotor mit einem zusätzlichen Elektroantrieb. Bremsenergie kann wieder für den Antrieb genutzt werden. Außerdem seien alle Busse der Bogestra mit einem so genannten „Telematik-System“ ausgestattet. Das bedeutet, dass die Busfahrer durch das System auf eine nachhaltige und ressourcensparende Fahrweise hingewiesen werden.
Unabhängige Studien zum Straßenverkehr
Unabhängige Studien würden zudem belegen, dass gerade Busse und auch Lkw mit entsprechender Ausstattung der Anforderung, die es schon seit Jahren gibt, entsprechen würden. Daher sei die Befürchtung, dass Busse der Bogestra aus den Innenstädten vertrieben werden eher gering.
Anders hingegen sieht es bei Unternehmen aus, die sich ebenso der Personenbeförderung verschrieben haben. Taxiunternehmer fürchten teilweise um ihre Existenz. Für Cetin Kalin kommt die ganze Misere besonders ungünstig. So hat er doch gerade das Taxi-Unternehmen „Taxi Hauk“ übernommen – mit zwölf Dieselfahrzeugen und rund 40 Mitarbeitern. „Ich versuche mir dennoch keine großen Sorgen zu machen“, sagt der Jungunternehmer. „Ich warte mal ab und schaue, was passiert.“ Denn, so Kalin, sei es doch auch eine Frage, wie „das alles durchgesetzt werden soll“.