Gelsenkirchen. Das Musiktheater im Revier punktet im NRW-Ranking der „Welt am Sonntag“ und liegt an der Spitze. Lob für die Oper „Die Passagierin“.
- In der jährlichen Kritikerumfrage der „Welt“ belegt das Musiktheater im Revier den ersten Platz
- Das Lob der NRW-Journalisten gilt dem Gesamtkonzept des Hauses für die letzte Spielzeit
- Als beste NRW-Inszenierung eines Werkes nach 1945 wird „Die Passagierin“ gelobt
Gelsenkirchen ist Spitze! Zumindest, was das Musiktheater im Revier betrifft. Das Opernhaus am Kennedyplatz landete bei der diesjährigen NRW-Kritikerumfrage der Zeitung „Welt am Sonntag“ auf Platz eins. Vier von acht Kritikern wählten das MiR zum „Besten Opernhaus“ Nordrhein-Westfalens und setzten es damit an die Tabellenspitze.
Das Musiktheater, ein Stadttheater von mittlerer Größe, steht bei der Umfrage in direkter Konkurrenz zu großen Häusern wie dem Aalto Theater in Essen, der Kölner Oper oder der Oper am Rhein.
Auf dem Weg zum Premiumhaus
Gelsenkirchen punktete auch bei der Frage nach der besten Inszenierung eines Werkes, das nach 1945 entstanden ist: Gleich drei Kritiker vergaben die Bestnote für die Inszenierung der Holocaust-Oper „Die Passagierin“, die im Januar in der Regie von Gabriele Rech einen furiosen Erfolg feierte. Das Musiktheater servierte großes Theater rund um ein schwieriges Thema: Autorin Zofia Posmysz beschreibt in ihrem Werk eindringlich und beklemmend eine fiktive Täter-Opfer Begegnung an Bord eines Luxusdampfers. Alles andere als ein Bilderbuch-Opernstoff. Dem Musiktheater gelang es dennoch, die Oper nicht nur eindrucksvoll auf die Bühne zu bringen, sondern noch ein stattliches Rahmenprogramm drumherum zu stricken.
„Tolles Programm und hohes Niveau“
Im Vorjahr vergaben drei Kritiker die Bestnote für das Musiktheater im Revier. Diesmal legten sie noch zu. In den Begründungen heißt es zum Beispiel: „Gelsenkirchen – viel gewagt, viel gewonnen“ oder „Tolles Programm und hohes Niveau“. Christoph Schulte im Walde von der Neuen Musikzeitung bilanziert gar: „Das Musiktheater im Revier entwickelt sich zum Premiumhaus in NRW und läuft dem Essener Aalto-Theater den Rang ab.“
MiR-Intendant Michael Schulz freut sich über das Ergebnis der Umfrage: „Das ist ein Erfolg für das ganze Team, für alle Abteilungen.“ Man fühle sich angenommen und gesehen: „Das große Engagement aller Mitarbeiter, bedingt auch durch eine höherer Produktionsdichte verpufft nicht einfach. Wir setzen inhaltlich und ästhetisch Marken.“
Lob für den Nachwuchstenor Ibrahim Yesilay
Auch fürs Publikum sei eine solche Auszeichnung wichtig: „Die Menschen wissen, auch wenn ihnen eine Produktion mal nicht gefällt, sie bekommen doch auf jeden Fall eine hohe Qualität.“ Und für die Stadt sei eine solche Bewertung wie jetzt von den Kritikern wichtig, weil sie dokumentiere, wie wichtig es tatsächlich sei, dass man ein solches Haus wie das Musiktheater erhalte und unterstütze.
Gut weg kommen im Ranking noch mit je einer Erwähnung Nachwuchstenor Ibrahim Yesilay, Dirigent Valtteri Rauhalammi und Sänger Joachim Backström.
Übrigens: Bei der Frage nach dem „Reinfall der Saison“ taucht das Musiktheater nicht ein einziges Mal auf!
>> Kommentar: Eine Treue, die sich lohnt
Mut zahlt sich meistens aus. Wie jetzt bei den Programmgestaltern des Musiktheaters. Ein überraschendes Konzept jenseits von populären Blockbustern überzeugte zu Recht auch landesweit die Kritiker. Ihr Urteil stärkt das Image des Hauses.
Das MiR beweist: Wer nur auf den schnellen Erfolg schielt und sich vor allem dem Mainstream widmet, der langweilt schnell. Wer mit Avantgarde nur die Provokation sucht, der spielt rasch vor leeren Rängen. Dem Musiktheater aber gelang gerade in der vergangenen Spielzeit ein mutiger, ein goldener Mittelweg. Zum Beispiel mit einer bewegenden, modernen Oper auf den Spuren der Schrecken von Auschwitz, mit dem schrägen Opernexperiment „Ingolf“, aber auch mit flotten Klamotten wie dem „Florentiner Hut“ oder der „Linie 1“. Die Auszeichnung gilt dem Team, aber auch der Stadt und dem Publikum, die beide in großer Treue an der Seite ihres Opernhauses stehen. Und wissen: Das lohnt sich! Das Ranking mag manchem Zeitgenossen, der lieber an der Kultur sparen möchte, ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen!