Gelsenkirchen-Buer. . Ein Besuch auf dem Buerschen Markt, auf dem sich Händler im Schatten der leerstehenden Markthalle Sorgen machen. Wie geht’s weiter mit der Halle?
- Seit etlichen Jahren steht die Markthalle in Gelsenkirchen-Buer leer
- Dreimal in der Woche findet vor der leeren Halle der Buersche Markt statt
- Die WAZ hat sich umgehört - bei Händlern und bei Kunden
„Ja, das ist eine unendliche Geschichte!“ Von seinem Obst- und Gemüsestand auf dem Buerschen Markt kann Andreas Wojda direkt auf das Gebäude blicken, das derzeit wie kaum ein zweites in Gelsenkirchen die Gemüter erhitzt. Die Markthalle ist in aller Munde. Und immer mehr Bueraner schütteln angesichts des doch eher unattraktiven Erscheinungsbildes samt Bauzaun und wucherndem Unkraut ihren Kopf. „Ein Schandfleck ist das“, schimpft ein Passant. „Schreiben Sie das: ein Schandfleck!“
Es ist Dienstag. Der erste Markttag der Woche. So viel wie an einem Samstag ist nicht los: weniger Stände, weniger Menschen. Aber es herrscht durchaus reges Treiben. Von kurzen Verschnaufpausen abgesehen haben die Händler gut zu tun. Andreas Wojda ist auch da, so wie jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Er verkauft schon in der dritten Generation Obst und Gemüse: „Seit 1946 sind wir hier auf dem Markt.“ Zudem ist er einer von zwei Marktsprechern.
Das Bueraner Klientel legt Wert auf Qualität
Man kann sich also vorstellen, dass Wojdas Herz an diesem Markt hängt. Und dass er sich Sorgen macht. „Dieser Markt ist ein Magnet. Er ist der einzige im Umkreis, der wirklich funktioniert. Und dieser Markt gerät zurzeit in Verruf, so wie der Investor der Markthalle ihn darstellt.“ Für Wojda ist die Sache klar: Der 54-Jährige denkt, dass Tedi das letzte Ass im Ärmel des Investors Thomas Bernau ist. „Aber dieser Markt ist kein Trödelmarkt.“ Wojda glaubt, Bernau wolle den Markt bewusst schlecht machen, damit Tedi besser dazu passt.
Ja, es gibt sie, diese unschönen Ecken auf dem Markt. Ecken, auf die Bernau zurzeit immer wieder hinweist: usselige Stromkästen etwa und eine blaue, wuchtige Altpapierpresse am Rande des Platzes. Hier und da steht und liegt auch Müll herum. Und die Unterwäsche, die auf Bügeln drapiert schon aus der Ferne sichtbar ist, hält dem Schönheitswettbewerb mit knallig farbenfrohem Obst wohl auch nicht Stand. „Aber wir haben hier eine gute Mischung“, sagt Wojda. „Dazu gehört auch der Miederwarenstand.“
Wichtig sei vor allem, dass die Qualität stimme – und auf dem Buerschen Markt gebe es ein Klientel, das darauf wert legt. „Gucken Sie mal da: der Blumenstand. Die haben morgens so viel auszupacken und mittags kaum was einzupacken. Weil sie immer gut verkaufen. Weil die Qualität stimmt.“ 80 Prozent seiner Kunden seien Stammkunden, sagt Andreas Wojda. Das gelte für viele andere Stände auch. Wenn man da minderwertige Ware anbiete, hätte man ganz schnell verloren.
Grundsätzliches Verständnis für den Investor
Einen Stand weiter, ebenfalls mit Blickrichtung auf die Markthalle, verkauft der andere Marktsprecher frisches Geflügel. Auch Hans Wilhelm Wienen ärgert sich, dass der Markt in Misskredit gerät. „Es ist nicht in Ordnung, dass Herr Bernau uns in seinen Disput mit der Stadt hineinzieht“, sagt der 55-Jährige. Wobei er grundsätzlich Verständnis für die Situation des Investors zeigt. „Ich kann ihn zum Teil verstehen. Er sagt, er bekommt keinen anderen Mieter als Tedi.“
Wie sehr das Thema Markthalle bewegt, zeigt sich auch an der Reaktion der Kunden. Eine Frau mischt sich ein: „Diese Markthalle war von Anfang an zum Scheitern verurteilt“, sagt sie. „Ich war in diesem Kasten einmal drin. Da sieht es aus wie in einem Knast.“ Sie verrät auch ihre Meinung zur Situation der Buerschen Innenstadt ganz allgemein: „Buer ist nicht mehr das, was es mal war.“
Ein Opfer der Kosten wurde auch Andreas Wojda
Dass Dinge sich ändern, weiß auch Hans Wilhelm Wienen. Er feiert nächstes Jahr sein 30-Jähriges auf dem Markt. Er war also auch schon da, als die Halle 1999 eröffnete. „Damals hat das ja funktioniert mit der marktaffinen Nutzung“, sagt er. „Aber wenn dann irgendwann die Kosten aus dem Ruder laufen. . .“
Ein Opfer dieser Kosten wurde auch Andreas Wojda, der eine Zeit lang sein Obst und Gemüse auch in der Markthalle verkaufte. „Aber die Miete und die Nebenkosten waren zu hoch.“ Er musste die Notbremse ziehen. Viele andere Händler sollten folgen – bis zum vollständigen Leerstand. „Man hätte die Halle nicht komplett leerziehen dürfen“, urteilt Wojda. „So wird es jetzt sehr schwer für einen Neuanfang.“
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