Gelsenkirchen. Modellbauer Emil Richmann baute das Herzstück des „Rotthauser Wohnzimmers“ in seiner Freizeit neu zusammen.

Im rechten Flügel der evangelischen Kirche Rotthausen duftete es nach frischem Kaffee, im Hof roch es nach Holz. Zwei Menschen arbeiteten hier ab dem frühen Samstagmorgen emsig daran, das Projekt „Rotthauser Wohnzimmer“ voranzubringen.

Aus der Kirche erklang Orgelmusik, draußen machte die von Emil Riechmann bediente elektrische Säge ihren eigenen Sound. Aus zwei ausrangierten, alten Kirchenbänken baut er eine lange Tafel, Herzstück des „Wohnzimmers“

Menschen profitieren von dem Freundschaftsdienst

Emil Richmann, selbstständiger Modellbauer und Raumausstatter (Bochum Lofts), leistete Barbara Bienert, die das Projekt „Rotthauser Wohnzimmer“ in der evangelischen Kirche koordiniert, mit handwerklichem Geschick und Ideen einen Freundschaftsdienst, von dem bald viele Menschen in der Gemeinde profitieren können: Hier entsteht im ehemaligen Konfirmandenraum ein Café, das ein Treffpunkt werden soll für Männer und Frauen, die nicht viel Geld haben. An diesem 3,70 Meter langen Tisch sollen Menschen über 45 Jahre Platz nehmen, miteinander plaudern und sich kennenlernen, Kaffee und Kuchen genießen. Wer mag, kann eigene Bilder ausstellen.

Projektkoordinatorin muss auf jeden Cent achten

Barbara Bienert, die schon beim Projekt „Nachbarn helfen Nachbarn“ aktiv war, muss praktisch aus dem Nichts heraus das „Rotthauser Wohnzimmer“ auf die Beine stellen. So heißt das zweijährige Projekt des Evangelischen Kirchenkreises GE-Wattenscheid. Es wird von der „Glücksspirale“ unterstützt, aber: Üppig ist das Budget nicht. Barbara Bienert muss auf jeden Cent achten und ist für jede Hilfe, wie sie beispielsweise Emil Riechmann leistet, dankbar.

Emil Richmann, Barbara Bienert und Pfarrer Rolf Neuhaus mit einer der beiden Bänke, aus denen eine Tafel wurde.
Emil Richmann, Barbara Bienert und Pfarrer Rolf Neuhaus mit einer der beiden Bänke, aus denen eine Tafel wurde. © Thomas Schmidtke

Darum freute sich die Fachjournalistin und Sozialpädagogin aus schon über ihren ersten Fitsch und zeigt auf eine gelbe Couch mit blauem Muster: „Dieses tolle Sofa uns ein Mann gespendet, der Haushalte auflöst. Er hat das Sofa bei Ebay eingestellt, kostenlos für Selbstabholer.“ Eine gemütliche Sitzecke mit insgesamt drei Sofas plant Barbara Bienert. Stolz ist sie auch auf die Galerieleisten, die sie für „kleines Geld“ erstanden hat.

Anregungen aus der Gastro-Szene geholt

Die Tafel aus den ollen Kirchenbänken würde jedes „Schöner Wohnen“-Titelblatt zu einem Hingucker machen.

Die Tafel nimmt Form an. Projektkoordinatorin Barbara Bienert und Emil Richmann packen an.
Die Tafel nimmt Form an. Projektkoordinatorin Barbara Bienert und Emil Richmann packen an. © Thomas Schmidtke

„Emil mag nicht, wenn man einfach Sachen wegwirft“, sagte die Projektkoordinatorin. Pfarrer Rolf Neuhaus hatte sie zusammen mit Riechmann in den Hof geschleppt, damit der Modellbauer dort in Ruhe zaubern kann. Dass der ehemalige Konfirmandenraum zum Café mutiert, ist schon jetzt vorstellbar: Er ist hell und gut geschnitten. Küche und Sanitärräume sind vorhanden. Hinten gibt es einen barrierefreien Zugang. Bienert: „Schön ist auch, dass wir die Möglichkeit haben, nach draußen zu gehen.“ Dann können die Gäste bei gutem Wetter unter hohen Bäumen sitzen.

Im „Rotthauser Wohnzimmer“ sollen sich die Besucher wohlfühlen. „Ich finde des schlimm, wenn sich arme Menschen schämen, arm zu sein. Arm zu sein heißt einfach, kein Geld zu haben“, erklärte Barbara Bienert. Nicht nur ihr Kumpel Emil hilft tatkräftig und mit Tipps, sie holt sich auch von Bekannten aus der Bochumer Gastro-Szene Anregungen, was in dem besonderen Café in Rotthausen machbar ist.

Jetzt fehlen noch Ehrenamtliche für das Café

Auch aus ihrem früheren Projekt-Arbeitsfeld Bulmke kam schon sehr willkommene Unterstützung. „Uns wurde Kaffee gespendet!“ freute sich Barbara Bienert am Samstag. Nun sucht die Projektkoordinatorin noch Menschen, die ehrenamtlich im Café „Rotthauser Wohnzimmer“ mitarbeiten möchten.