Gelsenkirchen. . Mädchen aus Kolkata besuchen ihre Partnerschule in Gelsenkirchen. Sie staunen über die saubere Stadt und freuen sich über den Mix der Kulturen.

Über ein Jahr lang ist ihre Freundschaft gewachsen, dank des Internets. Denn die Mädchen leben gut 7500 Kilometer auseinander. Jetzt treffen sie sich zum ersten Mal in Gelsenkirchen. Für die Gesamtschule Ückendorf ist es ebenfalls eine Premiere: Es ist der erste Schüleraustausch mit der neuen indischen Partnerschule in Kolkata, der Modern High School for Girls.

Die Freundschaften zwischen den Schülerinnen
Die Freundschaften zwischen den Schülerinnen © Martin Möller

Am Freitagmorgen sitzen die 14 Inderinnen mit ihren Gastgeberinnen nun bei einem gemeinsamen Frühstück in der Aula, lernen sich besser kennen und zudem noch etwas über gesunde Ernährung. Das Austauschprojekt steht unter dem Motto „Denk global, leb lokal“ und soll den deutschen wie indischen Schülerinnen vermitteln, was nachhaltige Ernährung ist. Das Frühstück ist der Auftakt eines langen Seminartags.

„Ich finde Deutschland so schön“

„Ich finde Deutschland so schön“, schwärmt die 14-jährige Majukhi Ghosh. „Es ist hier so sauber, die Straßen sind leer, so viele Menschen befolgen die Regeln und sind immer pünktlich.“ Ihre Gastgeberin Elif Varo (15) steckt diese Begeisterung an, doch sie ist natürlich mehr an Anekdoten über Indiens Großstädte interessiert.

„Ich möchte viel über die deutsche Kultur erfahren“, sagt Majukhi, aber sie empfindet die vielen Kulturen in Ückendorf als eine umso größere Bereicherung für ihre zweiwöchige Deutschlandreise. So hat etwa ihre Gastfamilie türkische Wurzeln, weshalb sie am Wochenende bei einem Henna-Abend dabei war und danach bei einer türkischen Hochzeit. Dass dort viel getanzt und gelacht wurde, hat der 14-Jährigen besonders gut gefallen.

Höhepunkt wird ein Tagesausflug

Sie möchte möglichst viel sehen, erleben und ausprobieren, aber eine Entscheidung bereut sie bereits: dass sie vorm Schlafengehen einen Mokka getrunken hat. „Der war so unglaublich stark, ich habe deswegen bis zwei Uhr nachts wach gelegen“, sagt Majukhi und lacht. Sie freut sich nämlich auf das nächste kleine Abenteuer, das sie mit Elif unternimmt, und es wartet nach der Schule sogar schon in Ückendorf, an der Bochumer Straße. „Ich will unbedingt mal mit der Bahn fahren. Das wird ganz toll.“

Wie die übrigen Inderinnen, die mit nach Gelsenkirchen gereist sind, kommt Majukhi aus einer wohlhabenden Familie mit Dienstmädchen und Chauffeur. Daher fährt sie zuhause niemals mit dem öffentlichem Nahverkehr.

Elif, Majukhi sowie die übrigen 26 Schülerinnen, die am Projekt teilnehmen, fiebern bereits dem Höhepunkt entgegen – und der liegt ausgerechnet nicht in Gelsenkirchen, nicht einmal in Deutschland: die Gruppe fährt nach Amsterdam.

Besuch in Gelsenkirchen hilft, Vorurteile abzubauen

„Die Fahrt dient auch der Recherche“, sagt Lehrerin Mareike Raabe, „sie sollen herauskriegen, wo verschiedene Lebensmittel herkommen“ und die Ergebnisse mit Gelsenkirchen vergleichen. Raabe hatte die Idee zur Partnerschaft mit einer asiatischen Schule und hat über das Partnerschulnetz Pasch die indische Privatschule für Mädchen gefunden. „Ich möchte, dass unsere Schülerinnen sehen, wie gut es ihnen geht und natürlich, dass sie eine andere Kultur und einen anderen Kontinent kennenlernen.“ Im November steht der Gegenbesuch in Kolkata (ehemals übrigens Kalkutta) an. Dann erleben die Ückendorferinnen aus erster Hand eine indische Millionenstadt. Die Mädchen von dort, sagt ihre Lehrerin Asmita Chatterjee, „wollen jetzt hier natürlich Spaß, aber sie verbessern dabei auch ihr Deutsch“.

Zudem bauen sie Vorurteile ab: „Ich dachte immer, dass Deutsche mürrisch sind, streng und nicht viel reden“, sagt Majukhi Ghosh, „aber das stimmt ja alles gar nicht.“