Gelsenkirchen. Der Familientreff in Schalke hat drei Jahre lang mit 1,5 Stellen soziale Arbeit für Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien geleistet.
Melde- und Mietangelegenheiten, Schulden, Konflikte, Arbeitsverträge, Kontakte und Anträge, Begleitung zu Ärzten, Orientierungshilfen im Alltag, eine Vertrauensbasis zu den Neuankömmlingen schaffen ... und immer wieder Sprache, Sprache, Sprache: Drei Jahre lang war der multikulturelle Familientreff Lalok Libre in Schalke feste Anlaufstelle für Zugewanderte aus Rumänien und Bulgarien.
Geldhahn ist seit Anfang Januar zu
Und er ist es immer noch, allerdings mit einem maßgeblichen Unterschied: Bis Ende 2016 wurden ein 30-Stunden-Job und eine Halbtagsstelle über ein vom NRW-Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales ausgelobtes und mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziertes Projekt getragen. Dieser Geldhahn ist seit Anfang Januar zu. Ein neuer Förderantrag des Lalok Libre lief ins Leere. Diese Information erhielt die WAZ-Redaktion – und fragte nach.
„Das Mais-Projekt war auf drei Jahre befristet, dann war Schluss“, bestätigte Stadtsprecher Martin Schulmann. Für die neue Projektphase im Bereich Zuwanderung EU-Südost habe das Ministerium die Zahl der geförderten Stellen ohnehin halbiert. Was für den Familientreff an der Dresdener Straße als betroffene Einrichtung ein schwacher Trost sein dürfte.
„Mit Herzblut an sozialer Integration gearbeitet“
Die gute Nachricht: Die 30 Stunden-Kraft ist seit Februar wieder fest im Boot – ausgestattet mit einem Arbeitsvertrag des Vereins zur Förderung der Kinder- und Jungendarbeit in GE-Schalke e.V. Ohne sie ginge es auch gar nicht. Immerhin tummeln sich hier täglich 15 bis 20 Roma-Kinder, schauen mindestens zehn Erwachsene vorbei und bitten um Hilfe.
Und was sagt Venetia Harontzas zu der Entwicklung? Die Frau, die „quasi seit ich denken kann“ für das Lalok Libre und die Menschen darin unterwegs ist? „Wir haben drei Jahre für viel Geld und mit noch mehr Herzblut an der sozialen Integration der Menschen aus Südosteuropa gearbeitet.“ Dass dies in der bisherigen Form nicht mehr möglich ist, bezeichnet sie als „schade für die Menschen und für die Kommune“.
Ganz ohne Finanzierung steht das Lalok indes nicht da. Sachkosten wie Miete und Nebenkosten trägt die Stadt und es gibt Geld über den Jugendförderplan. Aber eben nicht für mehr Personal.
>>> Kommentar: Das Lalok muss weiter leben
Wer mit niederschwelliger Integrationsarbeit nichts anfangen kann und sich fragt, wie die wohl aussehen mag, dem ist ein Besuch im Lalok Libre zu empfehlen. Da hocken Kinder am Tisch, die beim Spielen deutsche Wörter lernen, die sich auf eine warme Mahlzeit am Mittag freuen, die bei den Hausaufgaben Hilfe brauchen, die fröhlich lachen und „Mutter“ Venetia Harontzas herzlich begrüßen. Während am Nebentisch ein Erwachsener in gebrochenem Deutsch seine Probleme mit dem Vermieter oder einer Behörde schildert. Oder aber schlicht und einfach gesteht, dass er mit dem Ausfüllen eines Antrags hoffnungslos überfordert ist.
Im Lalok wurde und wird, wenn auch seit Januar nur mit gebremster Kraft, niemand gefragt, warum er seine Heimat verlassen hat, sondern wo Hilfe benötigt wird. Ohne Termin, jetzt und sofort. Der interkulturelle Treff ist ein Ort, an dem sich die Akteure über die Fortschritte der Gelsenkirchener Neubürger freuen und seien sie auch noch so klein. Sicher, diese Arbeit leisten auch andere Organisationen und Initiativen. Aber dieses Lalok Libre mit seinem alten Kneipencharme ist für viele Zuwanderer eine wichtige Anlaufadresse. Mit einer guten Seele, die den Titel Ehren-Migradonna trägt.
Dieser Treff muss weiterleben!